fit und munter - Bequem geht vor - Wie Schuhe die Bildung von Hallux Valgus beeinflussen (FOTO)

fit und munter

Bequem geht vor - Wie Schuhe die Bildung von Hallux Valgus beeinflussen (FOTO)



Dr. med. Armin Schupp ist Spezialist für Hallux Valgus. Am Centrum
für Orthopädie und Chirurgie in Memmingen operiert er pro Jahr
zwischen 150 und 200 Patienten am Fuß. Im Interview informiert der
zertifizierte Fußchirurg zum Thema Hallux Valgus.

Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Hallux Valgus?

"Beim Hallux Valgus handelt es sich um eine Deformität des
vorderen Fußanteils. Dabei weicht die Großzehe üblicherweise in
Richtung der Kleinzehen ab. Je nach Ausprägungsgrad des Hallux Valgus
führt dies zu einer entsprechenden Bedrängnis der seitlichen
Kleinzehen. Eine klassische Ursache ist zum Beispiel der Spreizfuß.
Hierbei weicht der erste Mittelfußknochen nach innen ab, wodurch die
Großzehe durch die Fußsehnen und Fußmuskeln aus der Achse gelenkt
wird. Durch diese Konstellation schreitet die Erkrankung schnell
voran."

Welche Maßnahmen sind dann sinnvoll?

"Der Spreizfuß ist leider eine Insuffizienz, das heißt eine
kontinuierliche Schwächung der Muskulatur, die den Mittelfuß in der
Breite korrigiert. Und diese Schwächung lässt sich derzeit durch
keine Maßnahme gravierend verbessern."

Gibt es die Möglichkeit, entsprechend vorzubeugen?

"Bequeme Schuhe sind eine Möglichkeit. Da aber zu 90 Prozent
Frauen betroffen sind, von denen viele Schuhe mit hohen Absätzen
tragen, führt dies maßgeblich zu einer Verstärkung des Spreizfußes.
Grund ist die entsprechende Mehrbelastung im Bereich des
Mittelfußköpfchens. Würden Frauen keine Schuhe mit hohen Absätzen
tragen, oder zumindest seltener, wäre dies in jedem Fall eine
vorbeugende Maßnahme."

Gibt es noch weitere Faktoren wie Alter oder Lebensweise, die
Hallux Valgus fördern?

"Ein weiterer negativer Faktor ist sicherlich starkes Übergewicht.
Aber auch die Genetik hat ihren Einfluss. Es konnten in der
Vergangenheit ganz klare Linien mit Hallux Valgus erkrankten Menschen
innerhalb einer Familie nachgewiesen werden. Sie zogen sich über
mehrere Generationen hindurch. Zudem gibt es noch primäre
Fehlanlagen. Das sind Kinder, die bereits mit zwölf oder dreizehn
Jahren an schweren Hallux Valgus-Fehlstellungen leiden. Sie sind
genetisch bedingt, die Patienten sind auch hier meist weiblich und
weisen zusätzlich eine Rückfußfehlstellung auf. Diese Faktoren
begünstigen einen schweren Hallux Valgus schon im Kindesalter."

Wie viele Menschen sind in Deutschland von einem Hallux Valgus
betroffen?

"Eine exakte Zahl zu nennen, ist schwierig. In Fachkreisen geht
man davon aus, dass es acht bis neun Millionen Betroffene in
Deutschland gibt. Jeder Zehnte leidet somit an einer mehr oder
weniger ausgeprägten Vorfußdeformität."

Beobachten Sie eine Entwicklung hinsichtlich der Häufigkeit von
Hallux Valgus-Erkrankungen?

"In Deutschland ist das schwer zu sagen. Es gibt allerdings
interessante Zahlen aus dem asiatischen Bereich: Als Japan sich der
westlichen Welt öffnete, kam es zu einem rasanten Anstieg von Hallux
Valgus-Deformitäten aufgrund der importierten Schuhmode. Hier lässt
sich ein Einfluss der Schuhe, die die westliche Welt in den letzten
30, 40 Jahren nach Asien exportiert hat, nachweisen."

Welche Beschwerden treten bei Hallux Valgus-Patienten auf?

"Das kommt auf das Stadium an, in dem sich die Erkrankung des
Fußes befindet. Zu Beginn berichten viele Patienten über Beschwerden
im Bereich des Großzehengrundgelenks (innenseitig). Da viele
geschlossene Schuhe aus Leder sind und einen gewissen Widerstand
bieten, kann es an der Stelle zu einer Rötung der Haut kommen.
Entwickelt sich die Erkrankung weiter, entsteht eine Instabilität des
sogenannten ersten Strahles. Der Patient kann über diesen Bereich
keine Last mehr aufnehmen. Beim Vorwärtsgehen ist dann ein normaler
Abdruck nicht mehr möglich, sodass die Last auf den mittleren und
seitlichen Mittelfußanteil verlagert wird. Durch das Verlagern kommt
es zu einem ausgeprägten Mittelfußschmerz. Das ist dann bereits eine
fortgeschrittene Hallux Valgus-Deformität. Durch die Bedrängnis der
zweiten und dritten Zehe kann es in der Folge oft zur Ausbildung
eines Hammerzehs kommen. Dabei werden die zweite und dritte Zehe in
das Vorfußfehlstörungsbild einbezogen. Steht das Gelenk lange Zeit in
der Fehlstellung, kann schließlich eine Arthrose mit einer
zunehmenden Bewegungsstörung mit Belastungs- und Ruheschmerzen
entstehen."

Welche Behandlungsmethoden gibt es beim Hallux Valgus?

"Das hängt vom Stadium, der Beschwerdeintensität der Patienten und
natürlich vom Alter ab. Bei Kindern mit mittleren bis deutlichen
Hallux Valgus-Fehlstellungen, die begleitend eine Rückfußfehlstellung
haben, ist je nach Alter der Kinder eine Einlagenversorgung möglich.
Dadurch kann eine Rückfußstabilisierung erreicht werden. Mit Hilfe
der Stabilisierung kann es zu einer milden bis deutlichen Rückbildung
der Hallux Valgus-Deformität im Vorfußbereich kommen. Ist diese
Maßnahme nicht ausreichend, ist die Rückfußkorrektur eine weitere
Option. Dabei wird das vermehrte Abkippen des inneren Fußrandes durch
das Einbringen einer Schraube im Bereich des unteren Sprunggelenks
begrenzt. Der Fuß wird so mechanisch geblockt. Das kann die Hallux
Valgus-Deformität bei Kindern und Jugendlichen deutlich reduzieren.
Eine Operation ist nicht notwendig. Bei älteren Menschen, die einen
milden Hallux Valgus haben, ist eine Versorgung des ursächlichen
Spreizfußes mit Einlagen sinnvoll. Der zweite und dritte
Mittelfußstrahl werden angehoben, der Mittelfußanteil wird schmaler
und der Druck im geschlossenen Schuh reduziert sich. Schreitet die
Fußerkrankung trotz konservativer Versorgung voran, gibt es die
Möglichkeit der operativen Therapie zur Stabilisierung und
Begradigung des ersten Strahles."

Haben Sie abschließend eine Empfehlung für Frauen, die gerne
Schuhe mit hohen Absätzen tragen?

"Frauen sollten High Heels nur für kurze Zeit tragen. Kurzfristig,
etwa zu einem festlichen Anlass, spricht nichts dagegen. Sollte es
dann aber dennoch zu einer Hallux Valgus-Fehlstellung kommen, dann
liegt das sicherlich nicht nur an den Schuhen."

Herr Dr. Schupp, vielen Dank für das Gespräch.

Surftipps mit weiteren Informationen zu Hallux Valgus,
orthopädischen Schuheinlagen, Haut- und Fußpflege:
www.coc-allgaeu.de, www.medi.de

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