fit und munter - Die alten Männer und das Meer - Im Cilento lebt eine antike Tradition des Sardel

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Die alten Männer und das Meer - Im Cilento lebt eine antike Tradition des Sardel

Regensburg, 23.11.2009. „Alici di menaica“ sind Kulturerbe, Wirtschaftsgut und Slow Food-Delikatesse zugleich. Eine Handvoll Fischer beherrscht sie noch, die Kunst, Sardellen (alici) nach Art der alten Griechen zu fangen. Sie leben in Pisciotta, im Herzen des süditalienischen Nationalparks Cilento. Die Kunst des „alici di menaica“-Fangs ist tief verwurzelt in der Kultur der Region und sichert den Lebensunterhalt der Fischerfamilien. Nebenbei bereichert sie als Slow Food-Spezialität die Feinschmeckerküche um ein einzigartiges Erzeugnis - und ist im Frühling eine Touristenattraktion.
Nur zwischen April und Juli fahren die pescatori von Pisciotta hinaus, um Sardellen nach Art ihrer Vorfahren zu fangen. Wenn das Meer ruhig ist, stechen sie bei Einbruch der Dämmerung mit ihren acht Meter langen Holzbooten (menaide) in See. Drei bis fünf Meilen vor der Küste werfen sie die 200 Meter langen Netze (menaica) aus und lassen sie bis zu zehn Meter tief ins Meer hinab. So versperren die Fischer den Sardellenschwärmen den Weg. Je nach Jahreszeit sind die Maschen der Netze unterschiedlich weit geknüpft, so dass zu kleine Sardellen hindurch schlüpfen können.
Was sich einfach anhört, bedarf eines umfassenden Wissens, das in Pisciotta von Generation zu Generation weiter gegeben wird - seit Jahrhunderten. Die Ahnung, in welche Richtung sich die Sardellenschwärme wenden, das Wissen, wo und wie tief die Netze ins Wasser geworfen werden müssen, und natürlich die Fähigkeit, die Strömung, den Wind und den Himmel zu lesen - all dies gehört zur traditionellen Kunst des Sardellenfangs.
Seit Jahrhunderten weisen die Gestirne den Fischern den Weg, denn nur wenn bestimmte Sterne am Himmel stehen, kommen die kleinen Heringsfische an die Oberfläche: Pollara (Orion) gehört dazu, aber auch Puddicinara (Plejaden) und Calabresella (ein kleiner Stern, der südöstlich erscheint, genau über Kalabrien). Stellone (Venus) erscheint als letzter Stern vor dem Morgengrauen. Mond und Sonne weisen auf die Schwimmrichtung der Fische hin: wenn die Sonne auf- und untergeht, schwimmen die Sardellen darauf zu. Ebenso lenkt der Mond die Schwärme. Wenn der Mond einmal nicht sichtbar ist, nehmen die Fischer eine Gaslampe auf einem kleinen Boot mit hinaus.
Ist der Fang an Bord gezogen, entfernen die Fischer Köpfe und Innereien der Fische und bringen die Sardellen in Holzkisten zum Hafen. Am frühen Morgen beginnt dort die Arbeit der Frauen: Die Sardellen werden in Salzlake gewaschen und dann, zwischen Lagen von grobem Meersalz, in Tongefäße geschichtet. In sogenannten magazzeni, kühlen und feuchten Lagerräumen, reifen die Sardellen zwischen vier Monaten und mehreren Jahren. Dabei verlieren sie den leicht bitteren Geschmack, der für die frischen Fische charakteristisch ist. In Deutschland kennt man Sardellen vor allem als Pizzabelag (Anchovis). Doch im Mittelmeerraum werden die silbrigen Fischchen in allen erdenklichen Variationen zubereitet: roh oder gebraten, gefüllt oder als Eintopf, zu Klößchen gerollt oder als Salat angerichtet. Dabei unterscheiden sich die alici di menaica von gewöhnlichen Sardellen: Kenner schätzen sie für ihr intensives und zugleich feines Aroma. Charakteristisch ist auch das helle, leicht rosafarbene Fleisch.
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