Starke Schmerzen sind das vorherrschende Symptom: Die gesamte Schulter tut extrem weh, vor allem im Bereich der Bruchzone. Arm und Schulter können kaum noch bewegt werden. Je nach Unfallhergang kommen starke Schwellungen und Blutergüsse hinzu. Im schlimmsten Fall ragt sogar ein Bruchstück aus der Haut heraus.
Das Schlüsselbein verbindet den Schultergürtel mit dem Rumpf. Es handelt sich um die einzige knöcherne Verbindung zwischen Arm und Rumpf. Der Schlüsselbeinbruch gehört zu den häufigsten Frakturen. Der Grund: Wenn man fällt, stützt man sich automatisch mit den Händen ab. Bei einem starken Sturz ist die Belastung für das Schlüsselbein sehr hoch. Privatdozent Dr. Jörn Kircher, Leiter der Schulter- und Ellenbogenchirurgie der Klinik Fleetinsel Hamburg: „In rund 80 Prozent der Fälle bricht das Schlüsselbein im mittleren Schaftbereich, weil dort die Hebelverhältnisse am ungünstigsten sind.“
Je älter und schwächer die Knochensubstanz ist, umso eher reichen auch Stürze im Alltag aus, um einen Knochenbruch zu verursachen. Menschen mit Osteoporose (Knochenschwund) erleiden mitunter schon bei einem Stolpern über den Kantstein einen Schlüsselbeinbruch.
Kritisch können Schulterbrüche werden, wenn sie mit begleitenden Gefäß- oder Nervenschäden einhergehen. Dann drücken die Bruchenden auf das Gefäß- oder Nervensystem, das direkt hinter dem Schlüsselbein verläuft.
Für die Diagnose reicht meistens - neben einer Befragung und körperlichen Untersuchung - eine Röntgenaufnahme. Eine Computertomografie ist nur in Einzelfällen notwendig, um überlagernde weitere Knochen und Gelenkverletzungen an der Schulter sicher zu erkennen. Die Stärke des Magnet-Resonanz-Tomografen wiederum besteht im Erkennen begleitender Weichteil-Verletzungen. Beim Verdacht auf Gefäßverletzungen kann es notwendig sein, eine Ultraschall-Doppler-Untersuchung oder Kontrastmitteldarstellung der Gefäße durchzuführen, um das Ausmaß und Lage der Gefäßverletzung zu erfassen. Sind begleitende Lähmungen vorhanden, wird man einen Neurologen hinzuziehen, dann ist Eile geboten.
In 90 Prozent der Fälle reicht eine konservative Therapie
Eine Operation ist bei einem Schlüsselbeinbruch nur selten notwendig. Dr. Kircher: „In 90 Prozent der Fälle kann der Schlüsselbeinbruch mit einer konservativen Therapie gut behandelt werden und heilt ohne Probleme aus.“
Die Behandlung richtet sich nach der Art des Knochenbruches. Mediziner unterscheiden zwischen sogenannten verschobenen und nicht verschobenen Brüchen.
► Nicht verschobener Bruch. Liegen die Knochenenden nahe beieinander, braucht nicht operiert zu werden. Es reicht die Schulter ruhig zu halten. Innerhalb von drei bis vier Wochen bildet sich neues Gewebe und die Knochenenden wachsen wieder zusammen. Früher wurde den Patienten zur Ruhigstellung oft ein Rucksackverband empfohlen. Dr. Kircher: „Besser ist eine Schlinge zur Entlastung des Armgewichtes. Der Rucksackverband verstärkt häufig noch die Fehlstellung und kann zu Druckschäden führen.“ Frühzeitig sollte mit begleitender Physiotherapie begonnen werden.
► Verschobener Bruch. Haben die Knochenenden keinen Kontakt mehr miteinander, muss operiert werden. Dr. Kircher: „Bei dem chirurgischen Eingriff bringt der Arzt die Knochen in die richtige Position. Die Stabilisierung des Bruches erfolgt meistens mit einer Platte und Schrauben.“ Fortschritte in der Implantat-Technik haben es mit sich gebracht, dass man Platten mittlerweile mittels spezieller Techniken minimal-invasiv, das heisst über kleine Schnitte, einbringen und fixieren kann. Das bezeichnet man auch als MIPO-Technik. Dabei steht MIPO für minimalinvasive Plattenosteosynthese. Der Patient kann die Schulter sofort nach der Operation bewegen. Zirka drei Monate sollte der Arm jedoch nur leicht belastet werden. Nach einem Jahr werden Platte und Schrauben wieder entfernt.
Wichtig bei der Behandlung des Schlüsselbeinbruchs: Die Schulter sollte weiter bewegt werden. Dafür verschreibt der Arzt dem Patienten eine gezielte Physiotherapie. Dr. Kircher. „Bei der Schulter besteht die Gefahr, dass sie schnell einsteift, wenn sie längere Zeit nicht bewegt wird.“