Nach den Leistungsausweitungen durch die jüngsten Reformen sind 40
Prozent der Bürger zufrieden mit der Gesundheitspolitik, aber:
- 62 Prozent der Ärzte stellen der Politik ein schlechtes Zeugnis
aus
- 45 Prozent der Krankenhausärzte (2014: 27 Prozent) haben aus
Budgetgründen schon auf medizinisch angeratene Behandlungen
verzichtet - 40 Prozent der Bürger hatten das Gefühl: Mir wurden
Behandlungen oder Medikamente wegen der Kosten vorenthalten
- 56 Prozent klagen über lange Wartezeiten - Terminvergabestellen
sehen Patienten positiv, niedergelassene Ärzte lehnen diese ab
- 62 Prozent der Ärzte gehen von einer Verschlechterung der
medizinischen Versorgung in den nächsten Jahren aus, vor allem
auf dem Land (91 Prozent) - Bürger fürchten steigende
Kassenbeiträge (81 Prozent) und Zwei-Klassen-Medizin (67
Prozent)
- Krankenhausreform trifft kleinere Häuser: Ärzte rechnen mit
unterdurchschnittlichen Einstufungen durch das neue
Qualitätsinstitut und deshalb mit Budgetkürzungen (42 Prozent)
- Patienten bewerten die Qualität von Krankenhäusern sehr
unterschiedlich - Spitzenreiter Hamburg, Schlusslicht Hessen
Rund 40 Milliarden Euro zusätzlich lenkt die Politik laut
Rheinisch-Westfälischem Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) bis
2020 für Mehrleistungen ins Gesundheitssystem. Das führt dazu, dass
mit 40 Prozent erstmals mehr Bürger einen guten Eindruck von der
Gesundheitspolitik haben als einen schlechten. Gleichzeitig
beurteilen Patienten und Ärzte das heutige Gesundheitswesen insgesamt
weiterhin positiv. Allerdings stellen fast zwei Drittel der Ärzte der
Politik nach wie vor kein gutes Zeugnis aus. Deutlich mehr
Krankenhausärzte als vor zwei Jahren berichten darüber, dass sie aus
Budgetgründen schon auf notwendige Behandlungen verzichtet haben;
gleichzeitig haben 40 Prozent der Bürger das Gefühl, dass ihnen eine
Behandlung oder ein Medikament vorenthalten wurde. Außerdem klagen 56
Prozent über zu lange Wartezeiten beim Arzt. Deshalb bewerten viele
Bürger die neu eingerichteten Terminvergabestellen positiv, während
niedergelassene Ärzte diese ablehnen. Für die kommenden Jahre rechnen
Bürger und Ärzte mit einer deutlichen Verschlechterung der
medizinischen Versorgung - vor allem in ländlichen Regionen. Die
Qualität von Krankenhäusern schätzen die Bürger regional sehr
unterschiedlich ein: Spitzenreiter ist Hamburg mit 51 Prozent guten
Bewertungen, Schlusslicht Hessen (29 Prozent). Dies sind einige
Kernergebnisse des 9. MLP Gesundheitsreports. Die repräsentative
Studie im Auftrag des Finanzdienstleisters MLP hat das Institut für
Demoskopie Allensbach erstellt.
Bürger und Ärzte bewerten Gesundheitspolitik sehr unterschiedlich
Mit dem heutigen Gesundheitswesen sind 93 Prozent der Ärzte (2014: 90
Prozent) und 82 Prozent der Bevölkerung (2014: 79 Prozent) weiterhin
zufrieden. In ihrer Beurteilung der Gesundheitspolitik unterscheiden
sich Bürger und Ärzte allerdings deutlich: 40 Prozent der Bevölkerung
(2012: 26 Prozent) haben einen guten Eindruck von der
Gesundheitspolitik insgesamt, die Ärzte hingegen lehnen sie zu 62
Prozent (2012: 71 Prozent) ab. Entsprechend sind 66 Prozent von ihnen
(2012: 73 Prozent) weiterhin der Meinung, dass das Gesundheitssystem
umfassend reformiert werden muss - in der Bevölkerung sind es 41
Prozent (2012: 47 Prozent). Zugleich rechnen 88 Prozent der Ärzte
damit, dass gesundheitspolitische Themen im kommenden Wahlkampf keine
besondere Rolle spielen, weil sie von anderen überlagert werden.
Für die kommenden Jahre gehen insbesondere die Ärzte (62 Prozent;
2014: 64 Prozent) weiterhin von einer Verschlechterung der
medizinischen Versorgung aus. Besonders problematisch aus ihrer Sicht
werden die medizinische Versorgung im ländlichen Raum (91 Prozent)
und die Verordnung aller medizinisch notwendiger Leistungen (84
Prozent). Mit einer Zwei-Klassen-Medizin rechnen sowohl Ärzte (70
Prozent) als auch Bürger (67 Prozent). Die Bevölkerung erwartet vor
allem steigende Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (81
Prozent) und befürchtet, dass verstärkt Kosten der medizinischen
Versorgung selbst zu tragen sind (72 Prozent). "Die steigende
Zustimmung der Bürger zur Gesundheitspolitik darf nicht dazu führen,
dass die Parteien die Zukunftssicherung des Gesundheitssystems aus
den Augen verlieren. Die strukturellen Probleme des
Gesundheitssystems sind nach wie vor nicht gelöst und deshalb
verweisen viele Ärzte zurecht darauf, dass es weiterhin großen
Reformbedarf gibt", sagt MLP Vorstandsvorsitzender Dr. Uwe
Schroeder-Wildberg.
Kostendruck führt zu Einschränkungen
Fast jeder zweite Arzt (44 Prozent) gibt an, dass er zumindest in
Einzelfällen aus Kostengründen auf therapeutische Maßnahmen
verzichten musste (2014: 37 Prozent). Lediglich 35 Prozent der Ärzte
sehen trotz dieser Einschränkungen ihre Therapiefreiheit nicht in
Frage gestellt (2014: 22 Prozent). Der Kostendruck im
Gesundheitswesen wird auch von der Bevölkerung wahrgenommen: Bereits
40 Prozent (2012: 31 Prozent) hatten schon das Gefühl, dass ihnen aus
Kostengründen eine Behandlung oder ein Medikament vorenthalten wurde.
Insbesondere gesetzlich Versicherte geben dies an (42 Prozent).
Deutlich gestiegen ist der Anteil der Bürger, die mehrmals beim Arzt
eine Behandlung oder ein Medikament selbst bezahlen mussten (32
Prozent; 2012: 21 Prozent). Für eine absolute Mehrheit von 54 Prozent
der Bürger kommt es aber nicht in Frage, ihre Gesundheitsdaten z. B.
via Smartphone-App einem Versicherer zur Verfügung zu stellen, um
Vergünstigungen zu erhalten. Bei den Unter-30-Jährigen liegt die
Ablehnung nur noch bei 30 Prozent.
Vor allem in Brandenburg hat eine Mehrheit der Bevölkerung (43
Prozent) das Gefühl, dass sich der Arzt nicht ausreichend Zeit für
sie nehmen konnte. In Rheinland-Pfalz gibt dies nur jeder Vierte an.
Besonders in Berlin (60 Prozent) muss die Bevölkerung lange auf einen
Arzttermin warten, während dies in Rheinland-Pfalz nur 47 Prozent
angeben.
48 Prozent der niedergelassenen Ärzte im ländlichen Raum berichten
bereits heute von einem regionalen Ärztemangel und spüren dessen
Auswirkungen (37 Prozent) direkt bei der Versorgung der Patienten.
Vor allem in Thüringen (51 Prozent) klagt die Bevölkerung über zu
wenige Ärzte. 59 Prozent der niedergelassenen Ärzte berichten zudem
von Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von qualifiziertem
Praxispersonal. Drei Viertel der Ärzte in ländlichen Regionen rechnen
mit Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Nachfolger für ihre
Praxis.
Reformen: Bürger sehen Terminvergabestellen positiv,
niedergelassene Ärzte lehnen diese ab
Unterschiede zwischen den Ansichten von Ärzten und Bürgern zeigen
sich bei den jüngst umgesetzten Reformmaßnahmen: So befürworten 58
Prozent der Bevölkerung die neuen zentralen Terminvergabestellen,
während 81 Prozent der niedergelassenen Ärzte diese ablehnen. 87
Prozent der Hausärzte und 79 Prozent der Fachärzte geben an, dass sie
bereits vor Einführung einen Termin binnen vier Wochen vergeben
konnten. Zudem kritisieren mehr als drei Viertel der
Krankenhausärzte, dass zusätzliche ambulante Untersuchungstermine das
Personal im Krankenhaus überlasten würden. Im Widerspruch zur
Auskunft der Ärzte sind Klagen über lange Wartezeiten in der
Bevölkerung weiterhin weit verbreitet (56 Prozent, 2012: 52 Prozent),
vor allem unter gesetzlich Versicherten (59 Prozent). Vor diesem
Hintergrund befürworten 57 Prozent der Bürger eine Ausweitung des
Terminserviceangebotes auch auf nicht dringliche Fälle. An eine
solche Einrichtung haben sich nach eigener Aussage aber erst 5
Prozent bisher gewandt. 91 Prozent der Bürger betonen, dass ihnen die
freie Arztwahl wichtig ist.
Das neu eingeführte Recht auf eine zweite Arztmeinung vor
besonders häufigen Operationen befürworten 75 Prozent in der
Bevölkerung. 79 Prozent fordern darüber hinaus, dass dies vor jeder
Operation möglich sein müsse. Dabei zusätzlich entstehende Kosten für
das Gesundheitssystem sind aus Sicht der hier Antwortenden genauso
hinzunehmen wie auch bei einer Ausweitung der Terminvergabestelle auf
nicht dringliche Fälle (57 Prozent). Die Ärzte stimmen dem neuen
Recht auf eine zweite Arztmeinung für bestimmte Operationen zu (92
Prozent). Für 72 Prozent war es ohnehin bereits gelebte Praxis.
Um dem Ärztemangel in ländlichen Regionen zu begegnen, hat die
Regierung auch die Gründung eines Strukturfonds für die Förderung der
Niederlassung in diesen Gebieten beschlossen - eine Reformmaßnahme,
die rund drei Viertel der Ärzte begrüßen. Auch den gesetzlich
vorgesehenen Ausbau telemedizinischer Angebote finden die Ärzte
mehrheitlich gut (61 Prozent). Es fehlen in ihren Augen aber vielfach
noch die Voraussetzungen dafür: Für 81 Prozent der niedergelassenen
Ärzte ist die technische Ausstattung in den Praxen und Krankenhäusern
noch nicht gegeben, 65 Prozent sehen Nachholbedarf bei der
Medizinerausbildung. 65 Prozent der Ärzte befürchten zudem, dass das
Arzt-Patienten-Verhältnis unter zunehmendem Einsatz von Telemedizin
leiden würde. Aktuell gehen erst 49 Prozent der Ärzte davon aus, dass
zumindest einige ihrer Patienten ein entsprechendes Angebot nutzen
würden. In der Tat käme es für lediglich 22 Prozent der Bevölkerung
in Frage, mittels Video-Sprechstunde einen Arzt zu konsultieren.
Erwartungsgemäß ist die Ablehnung unter älteren Menschen deutlich
größer.
Bürger haben sehr unterschiedliche Eindrücke von Krankenhäusern
Gespalten sind die Ärzte hinsichtlich des
Krankenhausstrukturgesetzes: Nur eine knappe Mehrheit befürwortet
Qualitätsmessungen, die veröffentlicht werden (53 Prozent) und
Auswirkungen auf die Honorierung haben (53 Prozent). Vor allem an
kleinen Häusern rechnen Ärzte mit unterdurchschnittlichen
Einstufungen durch das vorgesehene Qualitätsinstitut und mit
einhergehenden Budgetkürzungen (42 Prozent) - an Einrichtungen mit
mehr als 500 Betten sind es hingegen nur 18 Prozent.
Qualität im Krankenhaus macht sich für 94 Prozent der Bevölkerung
an hohen hygienischen Standards fest. Außerdem müssten die Ärzte auf
dem medizinisch neuesten Stand sein (92 Prozent). Für Ärzte, die eine
objektive Messung überhaupt für möglich halten, stellen der
Behandlungs-/Therapieerfolg (31 Prozent) und die Zufriedenheit der
Patienten (26 Prozent) die wichtigsten Qualitätskriterien dar.
Mehr denn je klagen Krankenhausärzte über Personalmangel (68
Prozent; 2014: 63 Prozent). Insbesondere bei der Krankenpflege gibt
es große Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden (72 Prozent;
2012: 58 Prozent). Die Versorgungsqualität in den Krankenhäusern
bewerten die dort tätigen Ärzte aber insgesamt weiterhin sehr positiv
(91 Prozent; 2012: 91 Prozent). Große Teile der Bevölkerung sind
zufrieden (41 Prozent), wenn auch mit langfristig rückläufigem Trend
(1995: 50 Prozent). Zudem sind deutliche Unterschiede im
Ländervergleich feststellbar: In Hamburg haben 51 Prozent einen guten
Eindruck von den Krankenhäusern, in Hessen hingegen weniger als ein
Drittel der Bürger. Bundesweit ist der Anteil der Krankenhausärzte,
die laut eigenen Angaben aus Kostengründen bereits auf medizinisch
angeratene Behandlungen verzichten mussten, deutlich gestiegen - von
27 Prozent 2014 auf 45 Prozent in diesem Jahr. Zudem geben weiterhin
64 Prozent der Krankenhausärzte an, dass sie Behandlungen aufgrund
des Kostendrucks verschieben mussten. Insgesamt sehen 77 Prozent der
Ärzte das medizinisch Sinnvolle im Krankenhaus von Budgets,
Pauschalen und Regressen dominiert.
Bevölkerung zeigt kein Vertrauen in gesetzliche Pflegeversicherung
85 Prozent der Bürger rechnen mit einer Zunahme pflegebedürftiger
Menschen. 60 Prozent der Befragten nennen eine etwaige eigene
Pflegebedürftigkeit als wichtigsten Bereich, in dem sie Sicherheit
benötigen. Sorgen über die eigene finanzielle Absicherung im
Pflegefall machen sich 45 Prozent, während sich 44 Prozent
gegenteilig äußern. Dabei bestehen in der Bevölkerung große Zweifel
an der Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Pflegeversicherung: Für 55
Prozent der Bevölkerung deckt diese nur einen kleinen Teil der Kosten
ab. Mehr als jeder Dritte hat daher privat vorgesorgt oder plant
dies.
Regionale Ergebnisse
Ausgewählte Kernfragen des Reports wurden auch nach Bundesländern
erhoben. Entsprechende Schaubilder, eine Bestellmöglichkeit des
Reports (PDF), O-Töne für die Radioberichterstattung sowie TV- und
weiterführende Materialien finden sich unter
www.mlp-gesundheitsreport.de. Für die repräsentative Umfrage wurden
1.920 Bundesbürger und mehr als 500 Ärzte befragt.
Über MLP:
Die MLP Gruppe ist der Partner in allen Finanzfragen - für private
Kunden genauso wie für Firmen und institutionelle Investoren. Mit
vier Marken, die in ihren Märkten jeweils führende Positionen
einnehmen, bieten wir ein breites Leistungsspektrum:
- MLP Finanzdienstleistungen AG: Gesprächspartner in allen
Finanzfragen
- FERI AG: Investmenthaus für institutionelle Investoren und große
Privatvermögen
- DOMCURA AG: Assekuradeur mit Fokus auf privaten und gewerblichen
Sachversicherungen
- TPC GmbH: Spezialist im betrieblichen Vorsorgemanagement für
Unternehmen
Ausgangspunkt in allen Bereichen sind die Vorstellungen unserer
Kunden. Darauf aufbauend stellen wir ihnen ihre Optionen
nachvollziehbar dar, so dass sie selbst die passenden
Finanzentscheidungen treffen können. Bei der Umsetzung greifen wir
auf die Angebote aller relevanten Produktanbieter zurück. Grundlage
sind wissenschaftlich fundierte Markt- und Produktanalysen. Manfred
Lautenschläger und Eicke Marschollek haben MLP 1971 gegründet. Bei
MLP sind knapp 2.000 selbstständige Kundenberater und ca. 1.800
Mitarbeiter tätig.
Pressekontakt:
Frank Heinemann
Abteilungsleiter Externe Kommunikation
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