Deutschlands Apotheker reagieren entsetzt auf die Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg, der die geltende
Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel als nicht verbindlich
für ausländische Anbieter einstuft. Damit hat der EuGH seine
langjährige Rechtsprechung zum Wertungsspielraum der Mitgliedstaaten
der Europäischen Union (EU) im Gesundheitswesen in diesem Fall
revidiert. "Europas höchste Richter haben den eindeutigen Willen des
deutschen Gesetzgebers ausgehebelt und die Entscheidungen der
obersten deutschen Gerichte negiert", sagte Friedemann Schmidt,
Präsident der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände,
zur heutigen Entscheidung. "Damit hat der EuGH in ein Politikfeld
eingegriffen, das gemäß den Europäischen Verträgen den
Mitgliedstaaten vorbehalten ist. Es kann nicht sein, dass ungezügelte
Marktkräfte über den Verbraucherschutz im Gesundheitswesen
triumphieren. Jetzt ist die deutsche Politik gefordert! Der
Gesetzgeber muss schon aus eigenem Interesse seinen
Handlungsspielraum wiederherstellen. Eine denkbare Lösung wäre ein
Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln in
Deutschland. Europarechtlich wäre das zulässig. Klar ist, dass die
Arzneimittelpreisverordnung für deutsche Apotheken weiterhin gilt."
Zum Hintergrund: Nach einer Klage der Zentrale zur Bekämpfung
unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale) hatte das
Oberlandesgericht Düsseldorf dem EuGH im März 2015 die Frage
vorgelegt, ob es mit europäischem Recht vereinbar sei, wenn die in
Deutschland geltende Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel
auch auf Anbieter aus anderen EU-Mitgliedstaaten angewendet wird, die
solche Medikamente nach Deutschland versenden. Bislang haben sowohl
der Gesetzgeber als auch der Gemeinsame Senat der Obersten
Gerichtshöfe des Bundes in Deutschland diese Frage ausdrücklich
bejaht. Die geltende Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) dient dem
Interessenausgleich aller Beteiligten: Den Patienten schützt sie
davor, dass seine Notlage durch überhöhte Preise ausgenutzt wird.
Feste Preise machen außerdem das Sachleistungsprinzip der
Krankenkassen erst wirklich möglich. Auch Steuerungs- und
Kostendämpfungsmechanismen wie Zuzahlungen und Festbeträge sind ohne
transparente und bundeseinheitliche Preise für rezeptpflichtige
Arzneimittel nicht denkbar. Die AMPreisV verhindert außerdem
destruktive Wettbewerbsformen und sichert damit eine flächendeckende
Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch ein Netz wohnortnaher
Apotheken.
Pressekontakt:
Dr. Reiner Kern, Pressesprecher, 030 40004-132, r.kern@abda.de
Christian Splett, Pressereferent, 030 40004-137, c.splett@abda.de
Original-Content von: ABDA Bundesvgg. Dt. Apothekerverb?nde, übermittelt durch news aktuell