Die neuen oralen Antikoagulantien, kurz NOAKs,
werden vor allem zur Vorbeugung von Schlaganfällen verordnet. Sie
geraten immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. Die Fachgesellschaft
der deutschen Kardiologen hält diese wiederkehrenden Diskussionen für
"verantwortungslos".
In einer ausführlichen Stellungnahme hat sich die Deutsche
Gesellschaft für Kardiologie (DGK) bereits 2014 zu der öffentlichen
Diskussion über die Sicherheit dieser Medikamentenklasse geäußert.
Gegenüber Pharma Fakten erklärte die DGK: "An der darin formulierten
Position unserer Fachgesellschaft hat sich bis heute nichts
geändert." Weiter wird betont: "Patienten sollten keinesfalls ohne
Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt die Medikamente absetzen, da
es sonst zu lebensgefährlichen Komplikationen kommen kann."
Die Diskussion über die möglichen Nebenwirkungen der neuen oralen
Antikoagulanzien, so beklagte die DGK schon 2014, werde "oft
einseitig und nicht auf der Basis der wissenschaftlichen Evidenz
dargestellt." Dies habe zu einer erheblichen Verunsicherung unter
Patienten beigetragen - aber auch unter Ärzten, die sie verordnen.
Die zentralen Aussagen der Stellungnahme sind:
- Die NOAKs stellen definitiv eine therapeutische Alternative zu
den Vitamin-K-Atagonisten (VKA) wie Marcumar, Phenprocoumon, Warfarin
o.a. dar. Wie alle "Blutverdünner" können sie eine Blutungsneigung
begünstigen. "Im Falle der NOAKs wurden die Risiken zuletzt
wiederholt diskutiert, ohne auf den relativen Nutzen dieser
Medikamente und das entsprechende Risiko/Nutzen-Verhältnis bei den
therapeutischen Alternativen (Marcumar) einzugehen."
- Die DGK hält die Verunsicherung der betroffenen Patienten für
verantwortungslos, weil sie zu Therapieabbrüchen führen kann und
dadurch Thrombose- und Schlaganfallgefährdung zunehmen. "Tatsächlich
ist wissenschaftlich belegt, dass bei vielen Patientengruppen NOAKs
im Vergleich zur bisherigen Therapie mit den Vitamin-K-Antagonisten
(z. B. Marcumar) erheblich weniger Blutungen verursachen.
Insbesondere die oftmals tödlichen Blutungen ins Gehirn wurden
wiederholt unter NOAKs deutlich seltener als unter Marcumar
beobachtet." Deshalb seien sie von vielen Fachgesellschaften zur
empfohlenen Therapieform erklärt worden.
- Ziel bei der Entwicklung der NOAKs war eine spezifische
Gerinnungshemmung des Blutes ohne die patientenindividuellen
Schwankungen, wie sie für die Vitamin-K-Antagonisten bekannt sind.
Ziel war auch eine konstante Dosierung ohne relevante Interaktionen
bei Arzneimittel- oder Nahrungsaufnahme. Dazu lägen, so die DGK,
Studien "in exzellenter Qualität" vor: "Die Forderung nach einer
evidenzbasierten Medizin ist daher im Hinblick auf die Vertreter
dieser Substanzklasse beispielhaft erfüllt worden." Aus Sicht der DGK
ist die Wirksamkeit und bessere Sicherheit der Substanzen damit
belegt.
- Die DGK hat sich auch zu den Kosten der NOAKs geäußert:
"Problematisch ist auch die unzureichend differenziert geführte
Diskussion um die hohen Kosten der NOAKs. Arzneimittelbudgets, die
nur die reinen Arzneimittelkosten im Blick haben und nicht die
Gesamtkosten für das Gesundheitssystem, sind kurzsichtig."
Als Fazit fordert die DGK, in der Diskussion über die NOAKs "die
wissenschaftlichen Erkenntnisse einer evidenz-basierten Medizin ernst
zu nehmen". Sie hebt hervor, dass der "verantwortungsvolle Umgang mit
den NOAKs" auf einer ärztlichen Risikoabschätzung zwischen dem
Schlaganfallrisiko auf der einen und dem Blutungsrisiko auf der
anderen Seite begründet sein muss. Die empfohlenen Instrumente dazu,
die so genannten Scores, finden sich in den Leitlinien.
Damit sieht die Fachgesellschaft der deutschen Kardiologen
sichergestellt, dass "der medizinische Fortschritt und der Vorteil
der neuen Substanzen (effektivere und sicherere Therapie) möglichst
vielen Patienten risikomindernd zugutekommen kann."
Pressekontakt:
Winfried Rauscheder
Redaktion Pharma Fakten
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