Viele gesetzliche Krankenkassen loben hohe Boni aus, doch die
Wirklichkeit sieht anders aus. Um den maximalen Bonus zu erhalten,
müssen häufig völlig unrealistische Bedingungen erfüllt werden, fand
die DFSI Deutsches Finanz-Service Institut GmbH heraus. Welche Kassen
realistische Bonusversprechen abgeben.
"Wer viel verspricht, vergisst auch viel." Der Satz des englischen
Historikers Thomas Fuller (1608-1661) gilt auch heute noch. Und das
sogar dort, wo die meisten es nicht vermuten. So bieten die meisten
Krankenkassen in Deutschland Bonusprogramme an. Doch klaffen die
Bonus-Versprechen der Kassen und die unter realistischen Bedingungen
tatsächlich zu erreichenden Bonusprämien oft weit auseinander. Anlass
genug für die DFSI Deutsches Finanz-Service Institut GmbH die
Bonusversprechen der Krankenkassen genauer unter die Lupe zu nehmen.
"Bei unserer Arbeit als Auswertungsinstitut werden wir gerade bei
Bonusprogrammen immer wieder mit den unglaublichsten Zahlen
konfrontiert", erläutert DFSI-Geschäftsführer Thomas Lemke. "Da
offeriert eine Kasse einen 720 Euro-Amazon-Gutschein. Doch um den zu
bekommen, muss der Versicherte innerhalb eines Jahres 34 Maßnahmen
absolvieren. Das schafft keiner." Das Beispiel ist beileibe kein
Einzelfall: Eine andere Kasse verlangt für den Maximalbonus von 200
Euro sogar die Teilnahme an 35 Maßnahmen. "Eines haben viele
Bonusprogramme gemeinsam: Die angegebene maximale Bonushöhe ist unter
realistischen Bedingungen kaum erreichbar - und wenn dann nicht
regelmäßig", sagt Lemke. "Die maximalen Boni sind bei vielen Kassen
nur erreichbar, wenn man entweder eine dauerschwangere Gebärmaschine
ist oder ein Hochleistungssportler mit Olympiaambitionen." Daneben
gibt es auch die Bürokraten-Variante: Bei dieser muss man sich jedes
Jahr nacheinander für mehrere Bonusprogramme anmelden, darf aber
nicht vergessen, sich beim bisherigen jeweils bereits wieder
abgemeldet zu haben, bevor man ins nächste wechselt.
Die DFSI Deutsches Finanz-Service Institut GmbH in Köln hat die
Bonusprogramme daher aus dem Blickwinkel normaler Versicherter
analysiert. "Uns war wichtig, nicht nur theoretische Höchstwerte
abzufragen, sondern auch die Höhe der jährlichen Boni für ganz
normale Gesundheitsprofile", sagt DFSI-Chef Thomas Lemke. Dazu wurden
in einem ersten Schritt sechs Musterfälle entwickelt: drei männliche
und drei weibliche gesetzlich Krankenversicherte im Alter von 25, 45
und 65 Jahren. Diese waren allesamt Nichtraucher, gingen alle einmal
jährlich zur Zahnvorsorge und alle hatten vollständigen Impfschutz.
Für Muster-Versicherten bis einschließlich 45 Jahren war zudem ein
Body Mass Index (BMI) im Normbereich gefordert sowie die
Mitgliedschaft in Sportverein (25 Jahre) oder Fitness-Studio (45
Jahre). Hinzu kamen für die Probanden ab 45 Jahren bis zu fünf
weitere geschlechts- oder altersspezifische Vorsorgeuntersuchungen
sowie die Teilnahme an maximal zwei Präventionskursen. "Alles in
allem nichts, was nicht jeder Versicherte leisten könnte", findet
Lemke.
Im nächsten Schritt fragte das DFSI bei allen 88 für die
Allgemeinheit geöffneten gesetzlichen Krankenkassen neben den
jährlich erreichbaren Maximalprämien auch ab, wie hoch die den sechs
Musterfällen gezahlten Prämien ausgefallen wären. Bei der Auswertung
wurde indirekt zudem auch der Trend hin zu zweckgebundenen
Bonusprämien berücksichtigt. Anders als bei Barprämien gibt es diese
Boni nur, wenn man Rechnungen über bestimmte selbstbezahlte
Gesundheitsmaßnahmen oder Zusatzversicherungen einreicht.
"Grundsätzlich ist dies nicht unbedingt schlecht. Doch oft dienen sie
dazu, nominell höhere Bonusprämien darstellen zu können", weiß
Experte Lemke. "So gibt es bei einigen Kassen zweckgebundene Boni
etwa beim Abschluss einer Zusatzversicherung - man kann aber nicht
jedes Jahr eine neue Zusatzpolice abschließen." Unter anderem deshalb
hat sich das Kölner Analysehaus bei seiner aktuellen Studie auf
Bar-Boni fokussiert.
Die Ergebnisse waren für die DFSI-Experten kaum überraschend.
Während im Durchschnitt über alle 54 ausgewerteten Bonusprogramme als
maximale Barprämie rund 159 Euro angegeben wurden, gab es im
Durchschnitt über alle sechs Musterfälle lediglich knapp 69 Euro
Prämie. Was gerade mal 43 Prozent der maximal erreichbaren
Bonusbarprämie entspricht. Je nach Musterfall gab es im Schnitt
zwischen 52,82 und 87,12 Euro als Bonusprämie in bar.
Übrigens: Wegen der etwas höheren Anzahl vorgesehener
Vorsorgeuntersuchungen erhalten Frauen im Durchschnitt einen etwas
höheren Bar-Bonus als Männer. Bei Männern schossen übrigens drei
große Krankenkassen den Vogel ab. Als theoretische Maximalprämie hat
eine Kasse 120 Euro angegeben; der gesundheitsbewusste 25-jährige
Mann konnte jedoch gerade mal 12,50 Euro erreichen - 10,4 Prozent des
Maximalbonus''. Prozentual noch schlechter waren die Leistungen der
beiden anderen Kassen: Sie lobten maximal 200 Euro beziehungsweise
375 Euro aus; erreichen konnte der 25-Jährige in beiden Fällen jedoch
lediglich 14 Euro. Was einer Quote von sieben beziehungsweise 3,7
Prozent entspricht. Auch bei den anderen Probanden sah es bei diesen
drei Kassen nicht viel besser aus. "Faire Versprechen sehen anders
aus", findet DFSI-Chef Thomas Lemke.
Doch die Untersuchung des DFSI zeigt auch, welche Krankenkasse
faire Angaben zur Höhe der Bonusprämien für Durchschnittsversicherte
macht. Hierzu wurden zum einen bei jeder der 53 untersuchten Kassen
die Summe der Bonusprämien für alle sechs Musterfälle errechnet, zum
anderen wurde ermittelt, wie die Kassen im Vergleich zur höchsten
ermittelten Bonusprämiensumme über die sechs Musterfälle abschnitten.
Beide Auswertungen flossen gleichgewichtet ins Endergebnis ein.
Insgesamt schnitten dabei vier Kassen - energie-BKK,
DAK-Gesundheit, actimonda Krankenkasse sowie die lediglich regional
aktive BKK Wirtschaft & Finanzen - mit der Note "Sehr Gut" ab. Diese
Kassen haben also zum einen nicht (viel) mehr versprochen als sie
dann tatsächlich auch halten, sie haben zum anderen im Vergleich zur
Kasse mit der höchsten Gesamt-Barprämie über alle sechs Beispielfälle
recht hohe real zu erzielende Barprämien. Die höchste reale Barprämie
überweist demnach die DAK-Gesundheit mit 910 Euro an die sechs
Muster-Versicherten. Was im Schnitt 151,66 Euro je Proband
entspricht. Bei der actimonda sind es 860 Euro insgesamt, respektive
durchschnittlich 143,33 Euro je Proband, bei der energie-BKK 700 Euro
insgesamt, 116 Euro je Musterfall. Und bei BKK Wirtschaft & Finanzen
600 Euro über alle Musterfälle - was auch dem theoretisch
erreichbaren Maximalwert entspricht -, bzw. 100 Euro je Musterfall.
Weitere zehn Krankenkassen erhielten immerhin die Note "Gut". 22
Versicherer schnitten "Befriedigend" ab, zwölf "Ausreichend". Und
fünf Kassen musste das DFSI hinsichtlich ihrer Bonus-Versprechen
sogar ein "Mangelhaft" attestieren.
Mehr Informationen zu den Ergebnissen der Studie finden Sie unter
www.dfsi-institut.de
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gebündelt und als Produktratings dargestellt. Hier fließen
insbesondere Daten aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen
(AVB), Leistungs- und Servicedaten des Versicherers sowie Preis- und
Prämiendaten ein. Das DFSI erstellt seit 2008 branchenweite
Leistungstests zu Finanzprodukten. Bei der Entwicklung der Test- und
Ratingmethodik wird das DFSI durch Experten des institutseigenen
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im deutschen Ratingmarkt und der Finanzdienstleistungsbranche.
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