Derzeit sterben weltweit pro Jahr 700.000 Menschen an den Infektionen mit multiresistenten Keimen – in Deutschland ist von einer Todesrate von 40.000 auszugehen.
Dem Kampf gegen multiresistente Keime ist absolute Priorität einzuräumen. Gelingt dieser nicht, steht der Menschheit 100 Jahre nach der Entdeckung der Antibiotika durch Fleming der Weg in ein „post-antibiotisches Zeitalter“ bevor. Dies hätte zur Folge, dass bereits kleine Infektionen wieder tödlich wären – mit Millionen von Infektionstoten weltweit pro Jahr.
(Neuss) – Die Todesrate durch multiresistente Keime wird bald höher liegen als die durch Krebserkrankungen, so eine Studie der Berliner Charité. Hauptursache hierfür sei der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung. Heute bekommen bereits weitaus mehr gesunde Tiere Antibiotika als kranke Menschen. Aber auch ein verantwortungsloser Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin und mangelnde Hygiene im Medizinbereich sind hierfür verantwortlich.
Die Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) der Region Düsseldorf und Niederrhein beschäftigte sich am Samstag in Neuss mit den Folgen der Ausbreitung multiresistenter Keime und den erforderlichen Gegenmaßnahmen.
1928 entdeckte Fleming das Antibiotika, 100 Jahre später scheint diese Waffe gegen Infektionskrankheiten wirkungslos zu werden. Es besteht die Gefahr, dass die Menschheit in ein „post-antibiotisches Zeitalter“ eintritt, in dem bereits kleine Infektionen wieder tödlich sein können.
Antibiotika können Leben retten! Daher sind diese so verantwortlich einzusetzen, dass ihre Wirksamkeit für den Menschen erhalten bleibt. Reserve-Antibiotika sind Antibiotika, die dann zum Einsatz kommen, wenn die üblichen Antibiotika nicht mehr wirken.
Für die ÖDP ist es ein ausgemachter Skandal, wenn ausgerechnet diese „Reserve-Antibiotika“ in der Massentierhaltung eingesetzt und auch an gesunde Tiere verfüttert werden. Durch diesen Antibiotikaeinsatz entstehen multiresistente Keime, gegen die dann keine Antibiotikabehandlung mehr hilft. Diese Keime verbreiten sich auf unterschiedlichen Wegen. So tragen nach neueren Untersuchungen etwa 10 % der ins Krankenhaus eingewiesene Patienten multiresistente Erreger in sich. Einmal im Krankenhaus, sind Patienten mit geschwächter Immunabwehr Opfer dieser Infektionen.
Die ÖDP schlägt ein Bündel von Maßnahmen zum Schutz der Menschen vor diesen Killerkeimen vor:
In der Humanmedizin sollten Antibiotika nur indikationsgerecht für bakterielle Erkrankungen verordnet werden. Antibiotika wirken nicht gegen Viren. Auch ist die Patientenaufklärung zu verstärken, um eigenmächtige Abbrüche von Antibiotikabehandlungen zu vermeiden, die dann wieder zum Entstehen von Killerkeimen führen.
Reserveantibiotika gehören nach Auffassung der ÖDP nicht in die Tierhaltung. In der Veterinärmedizin sollten nur speziell für Tiere zugelassene Antibiotika eingesetzt werden, alle anderen sind den Menschen vorbehalten.
Besonders bedenklich ist für die ÖDP der Einsatz von antibiotikaresistenten Zellen in der Gen-Technologie. Diese Zellen, die in Pflanzen eingesetzt werden, können sich auf Bakterien übertragen und machen diese antibiotikaresistent.
Verstärkte Anstrengungen sind nach Meinung der ÖDP in der Hygiene im Gesundheitsbereich erforderlich. Nach seriösen Schätzungen sterben in Deutschland zwischen 5.000 und 10.000 Menschen an Infektionen, die durch Hygienemaßnahmen vermeidbar gewesen wären. Das Kostenargument darf bei diesem tausendfachen Leiden und Sterben nach Meinung der ÖDP keine Rolle spielen. Vielmehr ist die Politik gefordert, hier strenge und der Gefährdung durch Killerkeime angemessene Rahmenbedingungen zu setzen.
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Hintergrund:
Die Region Düsseldorf und Niederrhein hat auf ihrer Sitzung in Neuss einen Antrag an den Landesparteitag der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) Nordrhein-Westfalen zur Bekämpfung multiresistenter Keime verabschiedet. Dieser Passus soll ins Wahlprogramm der ÖDP NRW aufgenommen werden. Hier der Wortlaut:
Bekämpfung multiresistenter Keime
Derzeit sterben weltweit pro Jahr 700.000 Menschen an den Infektionen mit multiresistenten Keimen – in Deutschland ist von einer Todesrate von 40.000 auszugehen.
Dem Kampf gegen multiresistente Keime ist absolute Priorität einzuräumen. Gelingt dieser nicht, steht der Menschheit 100 Jahre nach der Entdeckung der Antibiotika durch Fleming der Weg in ein „post-antibiotisches Zeitalter“ bevor. Dies hätte zur Folge, dass bereits kleine Infektionen wieder tödlich wären – mit Millionen von Infektionstoten weltweit pro Jahr.
Die Multiresistenzen von Bakterien und deren Verbreitung resultieren im Wesentlichen aus vier Bereichen:
• Humanmedizin
• Tierzucht und Tiermedizin, vor allem Massentierhaltung
• Gentechnologie
• Mangelnde Krankenhaushygiene
Hierzu fordert die ÖDP die folgenden Maßnahmen:
Humanmedizin:
• Beim Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin ist jedweder nicht test- und indikationsgerechte Einsatz von Antibiotika zu vermeiden. (Antibiotika helfen nicht gegen Viren!)
• Die Häufigkeit des Antibiotikaeinsatzes ist auf die indikationsgerechte Erforderlichkeit zurückzuführen.
• Patienten sind über die Wirkweise und die Einnahmebedingungen von Antibiotika aufzuklären. Dadurch sind eigenmächtigen Abbrüche von Antibiotikabehandlungen, die Mit-Ursache für Resistenzen sind, und dem Patientenwunsch nach Antibiotika auch ohne Vor-liegen der entsprechenden Indikation (z. B. Virus-Infektionen) entgegenzuwirken.
Tierzucht:
Antibiotika ist primär zur Infektionsbekämpfung bei Menschen einzusetzen. „Reserve-Antibiotika“, die lebensrettend sein können, wenn andere Antibiotika nicht mehr helfen, sind ausschließlich der Humanmedizin vorzubehalten. Der Einsatz von „Reserve-Antibiotika“ in der Tiermedizin führt zu tausendfachem Tod bei Menschen. Im Gegensatz zur Humanmedizin ist der Tierarzt gleichzeitig Verordner und Verkäufer von Antibiotika.
• Verbot des Einsatzes von Reserve-Antibiotika in der Tiermedizin. Einstufung eines Verstoßes als Verbrechen.
• Strenge Restriktionen beim Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin. Verbot von Einsatz von Antibiotika, die nicht ausdrücklich für die Tiermedizin freigegeben sind. Antibiotika, die zur Lebensrettung von Menschen erforderlich sind, dürfen hierbei nicht für die Veterinär-medizin freigegeben werden.
• Apothekenpflicht für alle Antibiotika – auch in der Tiermedizin.
• Antibiotikagaben an gesunde Tiere ist zu verbieten.
Gentechnologie:
Antibiotikaresistente Zellen werden in der Gentechnologie zu Forschungszwecken als Markerzellen eingesetzt. Diese Gene gehen auf die behandelten Pflanzen über. Von den Pflanzen können sich diese auf Bakterien übertragen und machen diese antibiotikaresistent. (Horizontaler Gentransfer)
• Die ÖDP lehnt Gentechnologie ab!
• Der Einsatz von antibiotikaresistenten Markerzellen ist weltweit zu ächten.
Krankenhaushygiene:
Nach seriösen Schätzungen sterben in Deutschland pro Jahr 5.000 bis 10.000 Menschen durch Infektionen, die durch Einhaltung adäquater Hygienemaßnahmen vermeidbar gewesen wären.
Hygienemaßnahmen in Kliniken und Praxen werden überwiegend als Kostenfaktor gesehen. Anbetracht des Leidens und des tausendfachen Todes dar eine angemessene Hygiene in Kliniken und Praxen nicht an den Kosten scheitern. Ein Teil der resistenten Keime entstehen im Krankenhaus. Ca. 10 % alle Patienten bringen diese jedoch bereits von zuhause mit. Es ist ein Skandal, dass über diese katastrophale Situation keine verlässlichen Daten erhoben werden.
Daher sind folgende Maßnahmen zu ergreifen:
• Bundeseinheitliche verbindliche Hygienestandards. Hygiene darf nicht an Landesgrenzen halt machen
• Verpflichtende Screening bei Risikopatienten
• Transparenz und Dokumentation
o Bundeseinheitliche Dokumentationsstandards
Nach Erreger
Nach Infektionsquelle
Nach Pforten und Infektionswege
o Dokumentationen sind den Patienten zugänglich zu machen und sind in den Quali-tätsbericht der Kliniken verpflichtend aufzunehmen.
o Überprüfung der Dokumentation durch unangekündigte Kontrollen
• Meldepflicht für sämtliche MRE-Fälle (MRE = multiresistente Erreger)
• Hygiene muss zu einer wichtigen Aufgabe des Krankenhausmanagements werden, Verstöße sind zu ahnden.
• Weitaus größerer Raum für des Thema Hygiene in Aus- und Weiterbildung aller Beschäftig-ten im Gesundheitswesen. (Hierbei sind ALLE Beschäftigten zu schulen, sowohl in Kliniken als auch in Praxen und Alten- und Pflegeeinrichtungen)
• Verpflichtende Hygiene-Einweisung für Krankenhaus-Besucher (Ca. 10 % der Besucher bringen MRW mit!)
• Verpflichtende Desinfektionsstandards (Hände, Schuhe) für Krankenhausbesucher, die zuvor Kontakt mit Tierzucht-Betrieben hatten.
• Prüfung des Einsatzes von Kupfer als anti-bakterielle „Waffe“ beim Krankenhausbau.
Sonstige Maßnahmen:
• Laufende Kontrolle von Kläranlagen
• Nur nicht mit MRE kontaminierte Dünger dürfen ausgebracht werden
• Strenge Hygiene-Standards beim Zu- und Ausgang von Tierzuchteinrichtungen [Desinfekti-on von Personen (Hände, Schuhe) und Fahrzeugen (Reifen, Ladeflächen)]