Wenn es um ein zukunftsfestes Gesundheitssystem
geht, taucht immer öfter ein Schlagwort auf: Telemedizin. Das klingt
nach Modernität und Fortschritt und ist besonders bei Politikern
beliebt. Aber was ist an den Verheißungen dran? "Aus Telemedizin wird
ein Riesenhype gemacht, obwohl sie den Behandlungsnotwendigkeiten und
Patientenwünschen nicht gerecht wird", stellte die Freie Ärzteschaft
(FÄ) am Wochenende auf ihrer Klausurtagung in Kassel fest. Hier
würden offenbar Interessen der IT- und Telematikindustrie bedient,
aber nicht die der Patienten.
Von wenigen Ausnahmen wie beispielsweise der Fernbefundung von
Röntgen- oder CT-Bildern abgesehen gebe es kaum sinnvolle
Telemedizinprojekte. "Gesetzliche Krankenkassen mussten bereits
feststellen, dass deratige Projekte viel Geld verschlingen, aber
weder ihren medizinischen Sinn erfüllen noch sich wirtschaftlich
rechnen", erläuterte FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich. "Telemedizin
wird propagiert, um ''Versorgungslücken'' etwa aufgrund von Ärztemangel
zu schließen - die Ursachen für die Mängel im Gesundheitswesen werden
aber weiter ignoriert."
Ein besonderes Auge hat die Freie Ärzteschaft auf die sogenannte
Telekonsultation geworfen, bei der Arzt und Patient etwa über Video
in Kontakt stehen. "Sollte dies für Patienten und Ärzte hilfreich
sein, wird sich die Telekonsultation in einem freien Markt
etablieren. Dennoch ersetzen Videosprechstunden keinen einzigen Arzt,
weil der Arzt, der die Videosprechstunde macht, nicht gleichzeitig in
der realen Sprechstunde Patienten behandeln kann."
Persönlicher Kontakt unersetzlich
"Besonders ein Erstkontakt mit einem Patienten via elektronischer
Medien", so der FÄ-Chef, "kann nicht mehr leisten, als das Anliegen
des Patienten hinsichtlich seiner Dringlichkeit einzuordnen. Also die
Frage zu beantworten: Braucht ein Patient zügig oder weniger zügig
die richtige Diagnose und die richtige Behandlung." Von Behandlung
via Telemedizin könne gar nicht die Rede sein. Das ärztliche
Berufsrecht schreibe im Übrigen bei jeder ärztlichen Behandlung einen
persönlichen physischen Erstkontakt vor, der Arzt müsse den Patienten
also mindestens einmal gesehen haben. "Das ist ausgesprochen sinnvoll
und sollte so bleiben - auch wenn seit vielen Jahren Lobbyisten der
Industrie versuchen, diese Bestimmung abschaffen zu lassen."
Dietrich macht klar, woran es bei Videosprechstunden & Co.
letztlich hapert: "Die Arzt-Patienten-Beziehung basiert auf dem
persönlichen Kontakt. Langjährige Begleitung und Kenntnis der
Lebensumstände eines Patienten sowie die Möglichkeit zur
psychosozialen Beratung und Einflussnahme sind Erfolgsfaktoren bei
der Behandlung. Die Fernbehandlung dagegen schafft Distanz und
schränkt die Möglichkeiten des Arztes ein, die Krankengeschichte
möglichst vollständig zu erfassen sowie Erkenntnisse aus dem
unmittelbaren Verhalten des Patienten zu gewinnen." Vor allem aber
könne der Patient nicht körperlich untersucht werden und es ließen
sich keine ersten diagnostischen Maßnahmen wie etwa eine Blutentnahme
durchführen - dadurch könnten sich die Diagnosestellung und letztlich
die Behandlung verzögern.
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den
Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und
zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene
Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des
Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der
FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im
Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
Pressekontakt:
Daniela Schmidt, Tel.: 0176 49963803, E-Mail:
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V .i. S. d. P.: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V.,
Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen, Tel.: 0201 68586090,
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