Starnberg, den 06.02.2017 - Julia besucht seit September 2016 den Kindergarten; bis heute hat sie noch kein Wort an ihre Erzieherin oder an die Kinder in der Gruppe gerichtet; der Verdacht auf selektiven Mutismus wird geäußert.
Immer schon fiel es Julia schwer sich von der Mutter zu lösen. Anfangs schrie und weinte sie dann, klammerte an der Mutter. Heute ist es schon etwas besser geworden, aber noch immer weint sie bis die Mutter den Kindergarten verlassen hat.
Häufig steht Julia am Rand oder sitzt auf dem Schoß der Erzieherin, um die Aktivitäten der Kinder zu beobachten. Sie nimmt daran nur teil, wenn man sie auffordert und begleitet. Die Kinder wollen inzwischen nicht mehr mit ihr spielen, denn Julia gibt auch kein Spielzeug ab.
Einmal hat sie mitgesungen, aber als sie bemerkte, dass sie gehört wurde, hörte sie sofort auf und zeigte ein ausdruckloses Gesicht. Im Stuhlkreis hat sie noch nie gesprochen. Sie ißt und trinkt wenig im Kindergarten. Ihre Arbeitsblätter sind immer supergenau; sie malt schöne Bilder mit vielen Details - aber sie spricht nicht.
Als die Erzieherinnen die Mutter auf dieses sonderbare Verhalten ihrer Tochter ansprechen, "fällt" diese aus allen "Wolken", denn im vertrauten Umfeld spricht und singt ihre Tochter, sie ist witzig, neugierig und kann sich verbal sehr gut ausdrücken. Daheim erzählt sie aufgeregt von den Dingen, die sie im Kindergarten gelernt hat, aber mit keinem Wort erwähnt sie, dass sie nicht spricht.
So oder ähnlich ergeht es in Deutschland rund 400.000 Menschen. Sie sprechen in fremder Umgebung nicht oder nur ganz wenig, flüstern manchmal mit einer Erzieherin oder einem Kind. Spontanes Erzählen gelingt nicht. Sie leiden an selektivem Mutismu, einer psychosozialen Phobie mit Verhaltensbesonderheiten. Die ICD-10 (Internationale Klassifizierung von psychischen Störungen) führt dieses Störbild unter der Ziffer ICD 10 F94.0.
Wegen des Mangels an Wissen über Mutismus dauert es oft sehr lange bis die Diagnose gestellt wird. "Bei frühzeitiger Behandlung sind die Prognosen für die Bewältigung von selektivem Mutismus hervorragend." betont Hans Emmerling, Leiter der Praxis für Kinder und Jugendliche mit selektivem oder totalen Mutismus in Starnberg bei München. Er hat sich seit über 20 Jahren auf die Behandlung mutistischer Kinder spezialisiert (http://www.mutismus-therapie.de).
"Das Hauptziel in der Therapie ist es, im sozialen Umfeld die Angst zu verringern, das Selbstwertgefühl und das Vertrauen in die eigenen Kräfte zu steigern. Während der Therapie sind die Eltern aber auch der Kindergarten oder die Schule aktiv involviert." so Herr Emmerling.