Für völlig verfehlt hält Martin Litsch,
Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, die jüngste Debatte um
den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) und
die wirtschaftliche Lage der Krankenkassen.
"Wer den Risikostrukturausgleich als Ursache für die Unterschiede
bei Beitragssätzen und Vermögensrücklagen von Krankenkassen
bezeichnet, betreibt Legendenbildung", stellt Litsch klar. Denn vor
Einführung der Morbiditätsorientierung im RSA seien die
Beitragsunterschiede viel deutlicher ausgefallen. So habe im Frühjahr
2008 die günstigste Krankenkasse 11,3 Prozent, die teuerste 16
Prozent erhoben. Beitragssatzunterschiede im Kassenwettbewerb seien
politisch gewollt, und eine Beitragssatzspanne von derzeit 1,5
Prozentpunkten sei kein Skandal, sondern Ausdruck unterschiedlicher
Geschäftsmodelle und Unternehmensstrategien.
Auswertungen des AOK-Bundesverbandes zeigen, dass der Wettbewerb
innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) derzeit eher
ruhig verläuft. Das Preisniveau ist überwiegend stabil, von einer
Erhöhung der Zusatzbeiträge sind Anfang des Jahres nur 6,7 Prozent
der GKV-Versicherten betroffen gewesen, ohne den AOK-Anteil sogar nur
2,4 Prozent. Zudem führt eine Marktbetrachtung nach Kassenarten in
die Irre. Die größten Beitragssatzunterschiede bestehen nicht etwa
zwischen, sondern innerhalb der Kassenarten. So gibt es unter den
Betriebskrankenkassen gleichzeitig die günstigste mit 0,3 Prozent und
die teuerste Kasse mit 1,8 Prozent. Auch beim Gesamtvermögen je
Versichertem stehen neun BKKs in den Top10.
"Trotzdem machen einige Kassenmanager den RSA dafür
verantwortlich, dass ihre Kasse nicht mehr so glänzt wie früher, als
sich Risikoselektion noch lohnte", kritisiert Litsch. "Damit wird
verschleiert, dass sie es bisher versäumt haben, ihr Geschäftsmodell
erfolgreich fortzuentwickeln. Denn heute kann eine Kasse viele
chronisch Kranke versichern, ohne dass ihr daraus ein Nachteil
entsteht. Wenn diese Krankenkasse das Versorgungsmanagement
beherrscht und mit Ärzten, Kliniken, Pharma etc. partnerschaftlich
und erfolgreich verhandelt, kann das sogar zu Wettbewerbsvorteilen
führen."
Erneut entfacht wurde die Debatte um den Morbi-RSA durch
Änderungsanträge der Regierungsfraktionen zum "Gesetz zur Stärkung
der Heil- und Hilfsmittelversorgung" (HHVG), das am kommenden
Donnerstag verabschiedet werden soll. Mit den Anträgen will die
Koalition eine Beeinflussung ärztlicher Diagnosen verhindern und eine
zusätzliche Diagnosevergütung für Ärzte verbieten. Dieses Vorhaben
unterstützt der AOK-Bundesverband ausdrücklich. Zugleich setzt er
sich in seiner Stellungnahme dafür ein, ambulante Kodierrichtlinien
verbindlich einzuführen. Vorstandsvorsitzender Litsch betont: "Die
Qualität der Diagnose-Informationen ließe sich sofort verbessern."
Litsch setzt nun darauf, dass mit der Beauftragung einer
Gesamtuntersuchung zum Optimierungsbedarf beim RSA das Klima wieder
konstruktiver werde. Es sei gut, dass jetzt der Wissenschaftliche
Beirat in einem geordneten Verfahren Möglichkeiten der sinnvollen
Weiterentwicklung prüfe. Damit sei auch die Forderung vom Tisch, der
RSA müsse grundlegend revidiert werden.
Bereits im Jahr 2015 hatte sich die AOK als erste Kassenart für
eine Gesamtevaluation des RSA ausgesprochen. In einem Positionspapier
skizzierte die Gesundheitskasse frühzeitig mögliche
Untersuchungsgegenstände.
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