Pünktlich zum Internationalen Frauentag ist der Deutsche Ärztinnenbund e.V. (DÄB) nicht wirklich überrascht von der immer wieder aufgestellten Forderung nach einer Männerquote in der Medizin. Der Radiologe Prof. Dr. med. Jürgen Freyschmidt warnte unlängst in der FAZ vor den Folgen einer "Feminisierung" der Ärzteschaft und fordert drastische Reformen für das Medizinstudium.
Bei der sogenannten "Feminisierung" in der Medizin ist schon der Begriff völlig falsch. Die Medizin wird schon lange durch Frauen bestimmt, wenn man sich etwa die Pflege, die Geburtshilfe, die Physiotherapie und die psychologische Psychotherapie anschaut. Zum anderen sind Frauen jedoch längst nicht in allen Fächern und vor allem nicht in der medizinischen Wissenschaft in der Mehrheit. Die Männerquote wird auch nicht - wie von Freyschmidt behauptet - hinter vorgehaltener Hand diskutiert, sondern gehört in der ärztlichen Selbstverwaltung und in den Fachgesellschaften zum festen negativ besetzten rhetorischen Repertoire.
Der DÄB diskutiert diese Thematik sachbezogen mit dem Ziel, Fach und Berufsbild neu zu gestalten. Das Netzwerk von Ärztinnen, Zahnärztinnen und Medizinstudentinnen fordert schon seit vielen Jahren familienfreundliche Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte, die eine ausgeglichene Work-Life-Balance ermöglichen. Während bei den Studienanfängern inzwischen mehr als rund 70 Prozent Frauen vertreten sind, wollen immer weniger Männer Ärzte werden, weil Prestige und Gehälter gesunken sind. Die Folge: Ärztinnen verdienen außertariflich nach wie vor weniger als Ärzte und können seltener forschen. Studentinnen wegen ihres Geschlechts zu bestrafen, weil sie bessere Noten haben, ist ebenso absurd wie die Behauptung, dass es dabei beim Medizinstudium nicht ankomme. Wenn dazu noch psychologische Tests zu Eigenschaften wie Zuverlässigkeit und Zuwendung angeraten werden, schießt der Verfasser ein Eigentor, da die sprechende Medizin seit jeher als Plus bei Ärztinnen gilt. Über die Rückzahlung der Studiengebühren könnte man noch streiten, doch auch hier bleibt offen, in welcher Form, wieviel und wann.
Dr. med. Christiane Groß, M.A., Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbund: "Wir brauchen in Deutschland keine Männerquote für den Zugang zum Medizinstudium. Eine derartige Steuerung der Studienplatzvergabe ist diskriminierend. Was wir tatsächlich brauchen, sind bessere Auswahlverfahren an den Universitäten, die sich an den Anforderungen an unseren Beruf orientieren. Bleiben wir realistisch: Bundesweit beträgt derzeit der Frauenanteil der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte rund 45 Prozent - hochgerechnet anhand der bisherigen Steigerungsraten werden Ärztinnen in Kliniken und Praxen also frühestens in etwa zehn Jahren entsprechend ihrem Anteil in der Bevölkerung vertreten sein".
Nach einer Dokumentation des DÄB sind Frauen in den Chefetagen nach wie vor höchstens mit 10 Prozent vertreten. Auch in der Wissenschaft kann von einer überwiegend weiblichen Zukunft nicht die Rede sein.
Prof. Dr.med. Gabriele Kaczmarczyk, Vizepräsidentin des DÄB und Leiterin der Untersuchung "Women on Top" resümiert: "Der deutschlandweite Durchschnitt an Frauen in Führungspositionen in der Universitätsmedizin liegt gerade mal bei zehn Prozent und Oberärztinnen sind bundesweit in der universitären Medizin mit 31 Prozent vertreten. Dass aber nur sehr wenig Frauen auf Lehrstühlen, in Klinikdirektionen oder Abteilungsleitungen landen, ist einer breiten Öffentlichkeit bisher kaum bekannt. Ein weiterhin geringer Anstieg in den Führungspositionen wird erst nach Jahrzehnten zu einem ausgeglichenen Verhältnis von Männern und Frauen führen. Eine Quote in daher auch in diesem Bereich zwingend notwendig."