- Roland Berger-Studie zeigt: Zwei Drittel der deutschen Kliniken
waren bereits Opfer von Cyber-Angriffen
- Bessere IT-Infrastruktur und mehr Fachpersonal sind notwendig, um
eine sichere Digitalisierung der Prozesse umzusetzen
- Investitionsmittel fehlen
- Wirtschaftliche Lage der Kliniken hat sich 2016 verschlechtert
- Umsätze steigen, aber über 40 Prozent erwirtschaften keine
Überschüsse
- Auslagerung stationärer Leistungen in den ambulanten Sektor
(Ambulantisierung) im Trend
Die wirtschaftliche Lage der deutschen Kliniken hat sich im
vergangenen Jahr erneut zugespitzt: Trotz steigender Umsätze konnten
über 40 Prozent von ihnen keinen Überschuss erwirtschaften. Deshalb
investieren fast 60 Prozent der Krankenhäuser zu wenig in moderne
Infrastrukturen. Besonders deutlich wird dieses Defizit bei der
Digitalisierung: Zwar sagen knapp 90 Prozent der Kliniken, dass sie
bereits eine Digitalstrategie entwickelt haben, allerdings fehlt es
ihnen an finanziellen Mitteln, um diese auch umzusetzen und die
notwendigen IT-Kapazitäten aufzubauen. Das ist ein Ergebnis der
"Krankenhausstudie 2017", für die die Experten von Roland Berger
Vorstände und Geschäftsführer der 500 größten deutschen Krankenhäuser
befragt haben.
"Fehlen Krankenhäusern die notwendigen Investitionsmittel für eine
digitale Verbesserung der Prozesse, so werden viele Maßnahmen, die
zur Kostensenkung führen, nicht implementiert. Dazu gehören etwa neue
digitale Medizinkonzepte und ein effizienterer Umgang mit
Patientenakten", erläutert Oliver Rong, Partner von Roland Berger und
Leiter der Healthcare Practice in Deutschland, Österreich und der
Schweiz. "Außerdem leidet die IT-Sicherheit darunter, wenn IT-Systeme
durch Hackerangriffe gefährdet werden. Denn schließlich geht es hier
um den Schutz sensibler Patientendaten und im Extremfall um den
Erhalt des Gesamtbetriebs einer Klinik."
Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser verschlechtert sich
Auf den ersten Blick sieht die Lage noch positiv aus: Der Umsatz
der befragten Krankenhäuser steigt. So haben 96 Prozent der deutschen
Kliniken im Jahr 2016 mehr umgesetzt als im Vorjahr. "Vor allem
Fachbereiche mit einem hohen Anteil an älteren Patienten, wie die
Neurologie und die Kardiologie, bleiben Wachstumstreiber", erklärt
Peter Magunia, Leiter der Roland Berger Healthcare Practice
Deutschland. "Doch der wirtschaftliche Druck auf die Kliniken nimmt
ebenfalls weiter zu. Sach-, Personal- und Infrastrukturkosten steigen
überproportional zum Umsatz."
So ist die Anzahl der Kliniken, die einen Überschuss vorweisen
können, auf 59 Prozent gesunken - 2015 waren es noch 72 Prozent. Und
auch für die kommenden Jahre erwartet die Mehrheit (60%) der
befragten Krankenhausmanager eine weitere Verschlechterung der
wirtschaftlichen Situation. Um profitabel zu wirtschaften, müssten
die Kliniken aufgrund des Krankenhausfinanzierungssystems effizienter
werden und Reserven aufbauen - doch das gelingt ihnen nicht. "Viele
Krankenhäuser setzen immer noch auf klassische Maßnahmen und bemühen
sich z.B., ihren Verbrauch von medizinischen Sachgütern zu optimieren
und stationäre Erlöse zu steigern", sagt Oliver Rong. "Diese
Maßnahmen reichen heute allerdings nicht mehr aus, um die Ergebnisse
langfristig zu verbessern. Vielmehr sollte das Management über eine
strategische Neuausrichtung der gesamten Versorgungskette
nachdenken."
Dazu zählen der Ausbau ambulanter Angebote und die
Digitalisierung. So arbeiten bereits 83 Prozent der Kliniken an
Initiativen, um stationäre Leistungen in den ambulanten Sektor
auszulagern. Dabei versuchen sie eigene ambulante Strukturen
aufzubauen, wie medizinische Versorgungszentren (MVZ) oder ambulantes
Operieren im Krankenhaus. "Allerdings ist dieser Prozess nicht immer
erfolgreich", sagt Magunia. "Nicht immer entlasten die MVZ die
stationären Krankenhausbereiche in dem gewünschten Ausmaß." Außerdem
klagen die MVZ über einen erheblichen Fachkräftemangel.
Nachholbedarf bei der Digitalisierung
Auch die Digitalisierung der deutschen Kliniken kommt nur
schleppend voran. Zwar haben 90 Prozent der Einrichtungen inzwischen
eine eigene Digitalstrategie, die dabei helfen soll, viele Prozesse
schneller, effizienter und kostengünstiger zu gestalten. So konnte
rund ein Drittel der Befragten dank digitaler Maßnahmen die
Krankenhausergebnisse verbessern. "Das zeigt, dass die Krankenhäuser
im Digitalbereich heute zielgerichteter investieren", erläutert
Oliver Rong. "Sie nutzen ihre Erfahrungen aus den vergangenen Jahren,
um genau in die Maßnahmen zu investieren, die die besten Ergebnisse
mit sich bringen."
Doch mangelnde IT-Infrastrukturen und Fachpersonal führen nicht
selten zu Sicherheitslücken. So gaben zwei Drittel der Befragten zu,
Opfer von Cyber-Angriffen gewesen zu sein. "Das ist für die meisten
Kliniken ein großes Dilemma: Denn für eine bessere und sichere
IT-Infrastruktur benötigen Krankenhäuser weitere Investitionsmittel",
erklärt Peter Magunia. "Eine optimale Digitalisierung können
klinische Einrichtungen nur im Rahmen einer breiteren
Geschäftsstrategie stemmen. Kosteneinsparungen und Investitionen in
relevante Bereiche müssen Hand in Hand gehen, damit Krankenhäuser
wirtschaftlich bleiben", rät Magunia.
Zu einer breiteren Strategie gehört auch die Möglichkeit,
Kooperationen mit Startups im Digital Health-Bereich zu initiieren,
um neue Lösungen für eine bessere Patientenversorgung zu entwickeln.
Eine Chance, die aktuell nur ein Viertel der Kliniken nutzen.
"Insgesamt sind alle Maßnahmen, ihre Koordination und Umsetzung sehr
komplex", erklärt Rong. "Wichtig ist, dass die Führungskräfte und
Mitarbeiter den eingeschlagenen Weg mittragen und geschlossen die
Komplexität Schritt für Schritt managen."
Die vollständige Studie können Sie herunterladen unter:
www.rolandberger.de/pressemitteilungen
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