Es sollte ein Riesenspaß werden, der
ultimative Kick: ein eleganter Kopfsprung ins Wasser - von einer
Brücke in den Fluss, von einem Ast in den Badesee oder der mit Anlauf
vom Ufer ins Meer beziehungsweise in den See. Für viele junge
Menschen wurde es ein Sprung in den Rollstuhl - lebenslang. Das
Wasser war zu flach.
Weit mehr als 1.800 hohe Querschnittlähmungen - vom Hals abwärts -
durch Badeunfälle registrierte Prof. Dr. Hans Jürgen Gerner,
emeritierter Direktor der Heidelberger Universitätsklinik für
Orthopädie II, seit dem Jahr 1976. Seit 2012 sind es 203 Fälle akuter
hoher Querschnittlähmungen infolge von Stürzen oder Sprüngen ins
Wasser. "Nahezu 100 Prozent der Unfallopfer waren junge Männer im
Alter zwischen 16 und 25 Jahren, als es passierte", analysiert der
Orthopädieprofessor die Situation. Er sei besorgt über die hohe Zahl
der Patienten, die durch einen Kopfsprung in unbekanntes Gewässer
verunglückten. Den Übermut der jungen Menschen fasst Gerner zusammen:
"Die Jungs sind offenbar der Auffassung, eine sogenannte Arschbombe
sei doch Mädchensache, es muss schon der elegante Köpper sein." In 40
Prozent der Fälle spiele zudem Alkohol eine große Rolle.
Das ist nur die Spitze des Eisbergs. "Durch Ertrinken infolge von
Stürzen ins Wasser sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in
einem Zeitraum von sechs Jahren rund 400 Menschen ums Leben gekommen.
80 Prozent aller Todesfälle und Querschnittlähmungen hätten
verhindert werden können", sagt Achim Haag, Vizepräsident der
Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG).
Ursächlich für hohe Querschnittlähmungen (Tetraplegie) bei Stürzen
und Sprüngen ins Wasser ist in den meisten Fällen eine Fraktur der
Halswirbel, die das Rückenmark verletzt, zerreißen lässt. Die meisten
Patienten verunglückten in einem Binnengewässer. Der
unfallträchtigste Monat ist der August, gefolgt von Juli und Juni.
"Das Einzige, was helfen kann, ist eine breit angelegte
Aufklärungskampagne, die die jungen Menschen von diesem riskanten Tun
abhält und ihnen die Lebensperspektiven erhält", sind sich der
Orthopädieprofessor und der DLRG-Vizepräsident einig.
Die Experten raten:
- Nie in unbekannte Gewässer springen
- Auf Kopfsprünge verzichten und immer erst prüfen, wie tief das
Wasser ist
- Nicht auf sogenannte Mutproben einlassen
- Beim Baden auf Alkohol ganz verzichten
- Auch bei heißem Wetter kühlen Kopf bewahren und Risiken
vermeiden
Querschnittlähmungen verändern die Lebensplanung ganzer Familien
grundlegend und dauerhaft. Schmerzbehandlung,
Rehabilitationsmaßnahmen, Betreuungsorganisation und
Betreuungskosten, Umzug in eine behindertengerechte Wohnung oder
kostspieliger Umbau, Unterstützung durch Pflegedienste und psychische
Betreuung sind nur einige Folgen eines unbedachten Sprungs ins
Wasser.
Prof. Dr. Hans Jürgen Gerner beziffert allein die Kosten für die
medizinische Erstversorgung einer hohen Querschnittlähmung durch
einen Sprung oder Sturz ins Wasser pro Patient auf mindestens 200.000
Euro.
Eine Langzeitstudie der Deutschen Querschnittzentren seit 1976
zeigt, dass die Zahl der durch Badeunfälle verursachten
Querschnittlähmungen über mehrere Jahrzehnte nahezu gleichgeblieben
ist, während sie als Folge von Verkehrsunfällen deutlich abgenommen
hat.
DLRG-Vizechef Haag: "Ein unbedachter Sprung ins Wasser ist kein
Karrieresprung, sondern sehr gefährlich. Das sollte sich jeder vorher
klarmachen."
Über die DLRG
Die DLRG ist mit rund 1,5 Millionen Mitgliedern und Förderern die
größte Wasserrettungsorganisation der Welt. Seit ihrer Gründung im
Jahr 1913 hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen vor dem
Ertrinken zu bewahren. Schirmherr ist Bundespräsident Frank-Walter
Steinmeier. Die DLRG ist die Nummer Eins in der Schwimm- und
Rettungsschwimmausbildung in Deutschland. Von 1950 bis 2016 hat sie
über 22 Millionen Schwimmprüfungen und über viereinhalb Millionen
Rettungsschwimmprüfungen abgenommen. In über 2.000 Gliederungen
leisten die ehrenamtlichen Helfer pro Jahr fast acht Millionen
Stunden freiwillige Arbeit für die Menschen in Deutschland. Die
Kernaufgaben der DLRG sind die Schwimm- und
Rettungsschwimmausbildung, die Aufklärung über Wassergefahren sowie
der Wasserrettungsdienst. Rund 36.000 Mitglieder wachen jährlich weit
mehr als drei Millionen Stunden über die Sicherheit von Badegästen
und Wassersportlern.
Pressekontakt:
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Pressesprecher der DLRG
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