Im Frühjahr hat der Deutsche Bundestag ein neues Heil- und
Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) verabschiedet. Die gute
Nachricht: Seitdem übernehmen Krankenkassen wieder teilweise die
Kosten für Sehhilfen. Die schlechten Nachrichten: Die Regelung gilt
bei weitem nicht für alle Versicherten. Die Brillenfassung muss auch
zukünftig selbst bezahlt werden. Zudem sind noch viele Details zur
konkreten Umsetzung des Gesetzes ungeklärt. Für die große Mehrheit
der Brillen- und Kontaktlinsenträger, um genauer zu sein, für sage
und schreibe 97 Prozent, ändert sich überhaupt nichts. Für sie gibt
es keinen Grund, mit dem Brillenkauf oder der Anpassung der
Kontaktlinsen zu warten.
Gerade die Älteren von uns werden sich noch daran erinnern: Früher
gab es die Brille auf Rezept und das sogenannte "Kassengestell". Als
am 16. Februar 2017 das neue Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz
(HHVG) verabschiedet wurde, dachten viele, diese Regelung wäre
zurück. Doch weit gefehlt: Nur Erwachsene mit einer Kurz- oder
Weitsichtigkeit von mehr als sechs Dioptrien haben neuerdings wieder
Anrecht auf einen Zuschuss - wohlgemerkt nur für die Brillengläser
oder Kontaktlinsen. Die Krankenkassen zahlen grundsätzlich nicht für
die Fassung. Ebenso erhalten Versicherte eine Zuzahlung, wenn sie an
einer Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) von mehr als vier
Dioptrien, einer schweren Sehbeeinträchtigung oder Blindheit der
Stufe 1 auf beiden Augen leiden. Bei Kindern und Jugendlichen (bis
zur Vollendung des 18. Lebensjahres) gilt die bisherige Regelung.
Hier werden weiterhin Zuschüsse entsprechend der Festbeträge von den
Krankenkassen bezahlt.
Nach aktuellen Schätzungen des Zentralverbands der Augenoptiker
und Optometristen (ZVA) heißt das konkret: Nur etwa drei Prozent der
41,2 Millionen fehlsichtigen Deutschen dürfen überhaupt mit einem
Zuschuss rechnen. Wie hoch dieser am Ende tatsächlich ausfällt, ist
ebenfalls noch nicht abschließend geklärt. In der Übergangszeit bis
Ende 2018 gelten noch die alten Festbeträge, die mitunter lediglich
einen Zuschuss von zehn Euro pro Brillenglas vorsehen.
Weiterer Knackpunkt: Auf Basis des neuen Gesetzes wurde eine neue
Hilfsmittelrichtlinie im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA)
erarbeitet. In dieser Richtlinie werden die Versorgungsdetails
entsprechend des HHVG festgelegt. Geht es nach dem Willen der
Ärztevertreter im Bundesausschuss, müssen anspruchsberechtige
Versicherte künftig beim Kauf der Brille ein augenärztliches Rezept
vorweisen. Das gilt auch für die Folgeverordnung, also wenn die
Krankenkasse bereits zuvor einen Zuschuss gewährt hat. Bisher konnten
Fehlsichtige Veränderungen ihrer Sehfähigkeit einfach durch den
Augenoptiker ihres Vertrauens prüfen lassen. Die gesetzlichen
Krankenkassen möchten weiterhin an dieser Regelung festhalten,
konnten sich jedoch im Bundesausschuss nicht durchsetzen. Die
Hilfsmittelrichtlinie soll Ende September 2017 in Kraft treten. Bis
dahin hat das Bundesministerium für Gesundheit jedoch noch Zeit, die
Hilfsmittelrichtlinie zu prüfen und zu beanstanden. Doch egal, wie
letztendlich entschieden wird: Für die große Mehrheit von rund 97
Prozent der Fehlsichtigen in Deutschland ändert sich nichts. Sie
können weiterhin unbeirrt direkt den Augenoptiker ihres Vertrauens
aufsuchen, wenn sie eine neue Sehhilfe benötigen.
Wer in jüngster Zeit einmal versucht hat, kurzfristig einen
Vorsorge-Termin beim Augenarzt zu vereinbaren, weiß, wie schwierig
das ist. Wartezeiten von mehreren Monaten sind keine Seltenheit. Kein
Wunder also, dass die Hilfsmittelrichtlinie kritisiert wird. Allen
voran spricht sich der ZVA eindeutig gegen den Zwang zur
augenärztlichen Untersuchung aus. Dazu ZVA-Präsident Thomas
Truckenbrod: "Gerade für Menschen mit einer starken Sehschwäche - und
diese sind ja von der Neuregelung betroffen - sind diese langen
Wartezeiten unzumutbar. Die Sehhilfenversorgung wird dadurch
komplizierter und erfordert bei allen Beteiligten mehr Aufwand. Das
ist nicht im Sinne der Verbraucher."
Der ZVA hat angekündigt, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um
gegen die Hilfsmittelrichtlinie vorzugehen, die aus Sicht des
Verbandes einen Rückschritt darstellt. Die Augenoptiker fühlen sich
in ihren etablierten Berufsrechten beschnitten. Denn die Brillen- und
Kontaktlinsen-Versorgung ist ihre Aufgabe. Das hat sich bewährt. Für
die Refraktion, sprich die Brillenglasverordnung, sollte aus Sicht
des Verbandes deshalb auch der Augenoptiker die erste Anlaufstelle
bleiben. Thomas Truckenbrod: "Augenoptiker können alle für die
Anfertigung einer Brille erforderlichen Untersuchungen vornehmen. Sie
sind bestens dafür ausgebildet, haben die erforderliche technische,
fachliche und handwerkliche Kompetenz. Augenärzte und Augenoptiker
ergänzen sich seit Jahrzehnten bestens. Augenoptiker sind die
Fachleute für gutes Sehen, Mediziner die für Augen-Erkrankungen. Das
soll auch so bleiben."
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