Seit 1. August 2017 ist die
Neuregelung zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) in Kraft.
Dadurch können sich viele Väter und Mütter im Rentenalter günstiger
versichern. Zu dem Thema hat die Redaktion von biallo.de zahlreiche
Leserfragen erhalten. Die wichtigsten Fragen beantwortet Biallo-Autor
Hans Nakielski.
Was ist die Krankenversicherung der Rentner?
Wer im "Telefonbuch" nach der "Krankenversicherung der Rentner"
sucht, wird sie nicht finden. Denn es handelt sich nicht um eine
eigenständige Versicherung. Die KVdR - so die Abkürzung - ist
vielmehr Bestandteil der gesetzlichen Krankenkassen, bei denen die
Rentnerinnen und Rentner auch schon vorher versichert waren: also zum
Beispiel einer AOK, einer Ersatz-, Betriebs- oder Innungskrankenkasse
oder der Knappschaft.
Die KVdR-Versicherten haben - außer dem Krankengeld - die gleichen
Leistungsansprüche wie Jüngere. Weit über 95 Prozent aller gesetzlich
versicherten Rentner waren schon vor der Neuregelung, um die es in
der jüngsten Biallo-Veröffentlichung ging, in der KVdR. Vielfach aber
ohne davon zu wissen. Denn im Versicherungsalltag fällt die KVdR gar
nicht auf.
Was ist der Vorteil der KVdR?
Es gibt günstigere Regelungen zur Beitragserhebung.
KVdR-Versicherte müssen nur Beiträge zur Krankenversicherung von
ihrer gesetzlichen Rente, einer Betriebsrente und Einkünften aus
selbstständiger Tätigkeit zahlen. Wer im Alter freiwillig gesetzlich
krankenversichert ist, muss dagegen auch auf Mieteinkünfte, Zinsen
und Privatrenten Beiträge entrichten. Die monatliche
Beitragsbelastung kann dadurch um einige hundert Euro höher
ausfallen.
Wie komme ich überhaupt in die KVdR?
Wenn Sie Rente beantragen, müssen Sie mehrere Formulare ausfüllen.
Dazu gehört auch das Formular R0810: "Meldung zur Krankenversicherung
der Rentner". Hier müssen Sie die Daten eintragen, die die
Krankenkasse braucht, um festzustellen, ob die Voraussetzungen einer
Mitgliedschaft in der KVdR erfüllt sind.
Im Formular müssen Sie angeben, wie Sie in der zweiten Hälfte
Ihres Erwerbslebens vor dem Rentenantrag - also zumeist in den
vergangenen 25 bis 30 Jahren - krankenversichert waren.
Unser Tipp: Schon im Laufe Ihres Arbeitslebens sollten Sie sich
bei jedem Kassenwechsel von Ihrer ehemaligen Krankenkasse
bescheinigen lassen, in welchem Zeitraum Sie bei dieser Kasse
versichert waren.
Wann komme ich denn in die KVdR?
Dafür müssen Sie zum einen eine gesetzliche Rente erhalten und zum
anderen die sogenannte 9/10-Regelung erfüllen.
Was bedeutet das?
Die KVdR ist so etwas wie eine Exklusiv-Einrichtung für besonders
treue Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dabei
kommt es auf die Treue in der zweiten Hälfte des Arbeitslebens an.
Wer Mitglied der KVdR werden will, muss in dieser Zeit zu 90 Prozent
gesetzlich krankenversichert gewesen sein. Ob freiwillig-, pflicht-
oder kostenlos familienversichert, spielt dabei keine Rolle. Salopp
spricht man hier von der 9/10-Regelung.
Was hat sich bei der KVdR seit dem 1. August geändert?
Die 9/10-Regelung gibt es zwar weiter. Neu ist nun jedoch, dass
bei Versicherten mit Kindern in der zweiten Hälfte des Arbeitslebens
zu den tatsächlich vorhandenen Jahren in der GKV noch zusätzliche
Jahre aufgeschlagen werden. In Paragraf 5 Absatz 2 des
Sozialgesetzbuches V heißt es nun: "Auf die erforderliche
Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind eine
Zeit von drei Jahren angerechnet." Einer Mutter mit zwei Kindern
werden nun also sechs Jahre zusätzlich für die KVdR zugebilligt. Das
Gleiche gilt für den Vater dieser Kinder.
Ist es egal, wann das Kind geboren wurde?
Ja. Das spielt keine Rolle. Kinder werden zwar meist in der ersten
Hälfte des Arbeitslebens geboren. Dennoch bringt jedes Kind nun in
der zweiten Hälfte des Arbeitslebens rechnerisch drei zusätzliche
Jahre mit gesetzlicher Versicherung.
Ein Beispiel: Thomas Musterrentner war in den insgesamt 25 Jahren,
die die zweite Hälfte seines Arbeitslebens umfasst, nur 14 Jahre
gesetzlich und acht Jahre privat versichert. Damit erfüllte er nach
den bis zum 31. Juli 2017 geltenden Regeln die Voraussetzungen für
die KVdR nicht.
Da er jedoch 2015 - vor seinem Eintritt in den Ruhestand - eine
Witwe mit drei Kindern geheiratet hat, sind ihm sozusagen drei Kinder
zugewachsen. Dadurch kommt er in der zweiten Hälfte seines
Arbeitslebens auf (14 + 9 =) 23 Jahre mit gesetzlicher Versicherung.
Schon mit 22,5 Jahren erreicht er die geforderte 90-Prozent-Grenze.
Damit kommt Thomas Musterrentner jetzt als Rentner in die KVdR.
Ich war neun Zehntel meines Arbeitslebens in der GKV, reicht das
nicht?
Darauf kommt es nicht an. Es zählt die zweite Hälfte Ihres
Arbeitslebens. Sie müssen genau rechnen, wann diese zweite Hälfte bei
Ihnen begonnen hat. Ein Beispiel: Sie haben im September 1960 Ihr
Erwerbsleben mit einer Lehre begonnen und sind im September 2010 in
Rente gegangen. Dazwischen liegen 50 Jahre.
Die zweite Hälfte Ihres Arbeitslebens hat nach 25 Jahren
angefangen, also im September 1985. In den 25 Jahren zwischen
September 1985 und Ende August 2010 müssen Sie zu 90 Prozent
gesetzlich versichert gewesen sein.
Ich bin schon Rentner und muss hohe Krankenversicherungsbeiträge
auf meine Betriebsrente zahlen. Ändert sich daran etwas?
Nein. Betriebsrenten sind weiterhin für alle gesetzlich
Krankenversicherten beitragspflichtig. Nach wie vor gilt auch: Die
Beiträge für Betriebsrenten müssen die Rentner voll allein
aufbringen. Bei einem Zusatzbeitrag von 1,1 Prozent müssen sie
derzeit im Schnitt insgesamt 15,7 Prozent von ihrer Betriebsrente an
die Krankenkasse abführen. Beiträge werden hier jedoch nur dann
erhoben, wenn die Betriebsrenten 148,75 Euro im Monat übersteigen.
Ich bin als Rentner freiwillig krankenversichert und habe drei
Kinder. Kann ich nun in die Krankenversicherung der Rentner kommen?
Wahrscheinlich ja. Denn durch Ihre drei Kinder werden Ihnen in der
zweiten Hälfte des Arbeitslebens neun zusätzliche GKV-Jahre
anerkannt. Das könnte dann reichen, um die 9/10-Bedingung zu
erfüllen. Sie sollten sich umgehend mit Ihrer Krankenkasse in
Verbindung setzen und prüfen lassen, ob Sie die Bedingungen für die
KVdR jetzt erfüllen.
Ich bin schon seit sechs Jahren Rentner, privat krankenversichert
und muss monatlich 600 Euro an Prämien für die Krankenversicherung
zahlen. Kann ich durch die Neuregelung in die gesetzliche
Krankenversicherung wechseln?
Das kommt darauf an. Entscheidend ist nach dem Gesetz Ihre
Situation bei der "Stellung des Rentenantrags". Ob Sie vor sechs
Jahren, als Sie die Rente beantragt haben, die 9/10-Bedingung erfüllt
haben, muss nun nochmals unter Berücksichtigung der neuen
Kinder-Regelung überprüft werden. Wenn Sie nach der neuen Rechnung in
der zweiten Hälfte Ihres Arbeitslebens auf über 90 Prozent mit
GKV-Zeiten kommen, sind Sie in der KVdR versicherungspflichtig.
Ich bin Rentner und privat versichert. Ich habe erfahren, dass
eine Rückkehr in die GKV nicht möglich ist, weil ich älter als 55
bin.
Diese Auskunft ist nur zum Teil richtig. Zwar ist in der Regel mit
55 Jahren kein Wechsel mehr in die GKV möglich. Doch es gibt
Ausnahmen. Eine Rückkehr ist möglich, wenn Sie in den vergangenen
fünf Jahren mindestens für kurze Zeit - das können einige Tage
gewesen sein - gesetzlich versichert waren. Ob pflicht-, freiwillig
oder familienversichert spielt keine Rolle.
Worauf bezieht sich der Fünf-Jahres-Zeitraum?
Auf die fünf Jahre vor dem Inkrafttreten der neuen
(Kinder-)Regelung, also auf die Zeit zwischen dem 1. August 2012 und
dem 31. Juli 2017.
Diese Voraussetzung erfülle ich nicht, weil ich in den vergangenen
sechs Jahren privat versichert war. Was kann ich tun?
In diesem Fall gibt es noch einen zweiten "Prüfschritt", um
festzustellen, ob Sie nicht doch in die GKV zurückkehren können. Es
muss geprüft werden, ob Sie in den vergangenen fünf Jahren mindestens
30 Monate lang eine der folgenden drei Voraussetzungen erfüllt haben.
Wenn Sie keine einzige der im Folgenden aufgelisteten Voraussetzung
erfüllen, können Sie doch in die KVdR wechseln - sofern Sie auch die
beschriebene 9/10-Voraussetzung erfüllen.
Voraussetzung Nr. 1: Waren Sie mindestens 30 Monate
"hauptberuflich selbstständig"? Das dürften Rentner durchweg
verneinen können.
Voraussetzung Nr. 2: Waren Sie mindestens 30 Monate "von der
Versicherungspflicht befreit"? Auch das dürfte für privat
krankenversicherte Rentner in der Regel nicht zutreffen. Denn sie
sind nicht in der GKV versicherungspflichtig, können daher auch nicht
von der Versicherungspflicht befreit werden.
Voraussetzung Nr. 3: Sie waren mindestens 30 Monate
"versicherungsfrei". Versicherungsfrei sind beispielsweise sehr gut
verdienende Arbeitnehmer mit einem Einkommen oberhalb der
Versicherungspflichtgrenze (derzeit: 57.600 Euro im Jahr) oder
Beamte. Langjährige Rentner gehören jedenfalls zumeist nicht zu
dieser Personengruppe.
Was bedeutet es, wenn für privat krankenversicherte Rentner keine
dieser drei Möglichkeiten zutreffen?
Dann sind sie versicherungspflichtig in der KVdR, jedenfalls dann,
wenn sie die 9/10-Voraussetzung erfüllen. Sie müssen allerdings nicht
in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln, sondern können sich
auch von der Versicherungspflicht in der KVdR befreien lassen und
weiter in der privaten Krankenversicherung (PKV) bleiben. Dann
verlieren sie auch nicht ihre Altersrückstellungen in der PKV.
Und an welche gesetzliche Krankenkasse können sich die Betroffenen
wenden?
An jede in Ihrer Region frei wählbare gesetzliche Krankenkasse.
Derzeit gibt es (noch) 113 gesetzliche Kassen. Einige davon sind
allerdings nur für Versicherte aus bestimmten Regionen oder Betrieben
geöffnet.
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Anita Pabian
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