Zu dieser Informationsveranstaltung am 29. Dezember 2009 waren alle Mitgliedsbetriebe des TVR eingeladen worden, jedoch nicht dessen Vorstand. In seiner dort gehaltenen Rede richtete der Ruster Bürgermeister Günter Gorecky zahlreiche Vorwürfe gegen den TVR-Vorstand sowie gegenüber dem Beratungsunternehmen Marktconsult GmbH und dem auf Tourismus spezialisierten Stuttgarter Rechtsanwalt Rainer Noll. Da anschließend weder Diskussion noch Fragen möglich waren, sahen sich die Betroffenen nun in der Pflicht, die Äußerungen zu entkräften und klarzustellen.
Paul Moraweck stellte dar, inwieweit der TVR und dessen Mitgliedsbetriebe die Ruster Tourismus-Entwicklung aktiv unterstützt haben. Neben dem finanziellen Engagement in der gemeinsam mit der Gemeinde betriebenen TOURISMUS GMBH RUST wurde auch die Einführung der Kurtaxe von Beginn an mitgetragen.
Marktconsult-Geschäftsführer Günter Holzner erinnerte an das gemeinsam mit der Gemeinde beschlossene Touristische Leitbild: "Wo Erholungsort drauf steht, muss auch Erholungsort drin sein." Gerade die Schlussbemerkungen des Leitbildes stellten ein Regelwerk dar, das es ... unabdingbar zu beachten gilt. Von der Gemeinde wie auch vom Gemeinderat seien diese Regeln jedoch mehrfach verletzt worden. Holzner bezeichnete zudem den von der Gemeinde geforderten Rückzug des TVR als Mitgesellschafter in der TOURISMUS GMBH RUST als "schlechten demokratischen Stil".
Rechtsanwalt Rainer Noll, ausgewiesener und langjähriger Experte im Reise- und Tourismusrecht, unterstrich seine Kompetenz und Vertretungsbefugnis, die auf der Gemeinde-Informationsveranstaltung in Abrede gestellt worden waren. Zugleich erneuerte er seine Kritik an der Ruster Kurtaxe: In einer gutachterlichen Stellungnahme, die er den Beherbergungsbetrieben bereits im Oktober 2009 präsentierte, erklärte Rainer Noll sowohl Einführung als auch Erhebung der Kurtaxe in mehreren Punkten für rechtswidrig und somit nichtig.
Seit April 2008 zahlen Übernachtungsgäste in Rust eine Kurtaxe in Höhe von 1,50 Euro pro Gast und Nacht.
Mit den Einnahmen – für 2008 immerhin über eine halbe Million Euro – sollten die Defizite in der touristischen Infrastruktur durch sofortige sowie mittel- und langfristige Maßnahmen beseitigt werden, entsprechend dem touristischen Leitbild.
Die versprochenen Maßnahmen wurden von der Verwaltung jedoch bislang nicht in Angriff genommen. Der von der Gemeinde vorgestellte Verwendungsnachweis für die Einnahmen aus der Kurtaxe kann überdies nicht akzeptiert werden, da viele der dort dargestellten Zahlen und Fakten überhaupt nicht kurtaxefähig seien.
Rechtsanwalt Noll bemängelt zudem das Fehlen der ordnungsgemäßen Kalkulation, mit der die Höhe der Kurtaxe ermittelt werden soll. Hier berief er sich unter anderem auf ein früheres Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg in einem ähnlich gelagerten Fall. Hier wurde die Kurtaxesatzung der Stadt Bad Mergentheim wegen einer fehlenden Kalkulationsgrundlage als ungültig erklärt. Das Gericht hatte seinerzeit festgestellt, eine Kurtaxe könne "nicht nach freiem Ermessen festgelegt werden." Auf der Basis einer Kalkulation muss in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden, "welcher kurtaxefähige Aufwand für die Herstellung und Unterhaltung bestimmter Einrichtungen oder für die Durchführung bestimmter Veranstaltungen während des Kalkulationszeitraums voraussichtlich entstehen werde." (Quelle: Urteil vom 19.3.1998, 2 S 669/94)
In der folgenden Diskussion, an der sich auch Bürgermeister Günter Gorecky aktiv beteiligte, wurde deutlich, dass sich beide Seiten derzeit nicht nur kontrovers sondern auch absolut unversöhnlich gegenüberstehen.
Neben der Kurtaxen-Problematik traten dabei weitere wesentliche Missstände zutage. So trägt nach Auffassung des TVR der fehlende Dialog zwischen den politischen Entscheidungsträgern und den am Tourismus Beteiligten erheblich zur bestehenden Misere bei. Gerade hinsichtlich der nicht vorhandenen touristischen Infrastruktur in Rust werde jede Diskussion von der Gemeindeverwaltung rundweg abgeblockt, so der TR-Vorstand: "Die Einbindung der Beherbergungsbetriebe in wichtige Entscheidungsprozesse hinsichtlich der Fortentwicklung der touristischen Infrastruktur ist anscheinend nicht erwünscht." Auch das Festhalten der Verwaltung am operativen Tourismusgeschäft, das eigentlich der TOURISMUS GMBH RUST obliegt, wurde als wichtiger Grund für die "zerrütteten Verhältnisse" in Rust benannt.
Bürgermeister Günter Gorecky unterstrich seinerseits, dass sich die Beherbergungsbetriebe auf jeden Fall für einen Rückzug aus der TOURISMUS GMBH RUST entscheiden sollen. Rechtsanwalt Noll empfahl dem TVR hingegen, man solle sich auf keinem Fall aus dieser wichtigen Rolle "herausdrängen lassen".
Bei der abschließenden Abstimmung wurde deutlich, dass die Mehrzahl der Betriebe den Empfehlungen von Rainer Noll und dem TVR-Vorstand folgen wollte. Von 53 abgegebenen Stimmen sprachen sich 42 für den Verbleib als Mitgesellschafter in der TOURISMUS GMBH RUST aus. "Das überwältigende Votum zeigt, dass das Kurtax-Problem bei weitem nicht das einzige Thema unserer Auseinandersetzung ist", so das Fazit des TVR: "Die mangelnde und nicht gewollte Kommunikation der Gemeindeverwaltung mit dem Partner TVR hat zur Eskalation der Situation geführt."