Die Digitalisierung in Arztpraxen ist Standard!?
In ihrem Positionspapier zur Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung, das auf der Vertreterversammlung am 22. September 2017 veröffentlicht wurde, äußert sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wie folgt: „In der medizinischen Versorgung hat die Digitalisierung früh Einzug gehalten; digitale Anwendungen und Medizinprodukte gehören seit Jahrzehnten in den ambulanten Praxen zum Standard. Die zentrale Herausforderung der kommenden Jahre ist die digitale Vernetzung der Akteure im Gesundheitswesen: Ärzte und Psychotherapeuten, Krankenhäuser, Apotheken, Krankenkassen, nichtärztliche Gesundheitsberufe und nicht zuletzt die Patienten.“
Beispiel Praxis-EDV
Nicht zu bestreiten ist, dass digitale Lösungen schon längere Zeit in Arztpraxen eingesetzt werden, von einer Digitalisierung oder gar von einem Standard in allen Praxen kann aber nicht die Rede sein. Allein das Beispiel „Praxis-EDV“ macht deutlich, wie gering die Entwicklung bislang fortgeschritten ist: neben einem kleinen Anteil von Praxisbetrieben, die ihre Systeme professionell und umfassend nutzen, prägen veraltete Geräte, zu wenig Terminals für das Personal, mangelnde interne Vernetzung, punktuelle Software-Nutzung und ein paralleler Einsatz von Papier-Unterlagen den „Digital-Alltag“ im ambulanten Bereich. Das am häufigsten eingesetzte elektronische Gerät in Arztpraxen ist nach wie vor das Telefax.
Nicht an der Technik mangelt es, sondern an Fähigkeiten
Und auch die vorgesehene Telematik-Ausstattung aller Praxen bedeutet nicht, dass durch die technische Anbindung die Vorteile der Vernetzung auch zum Tragen kommen. Um an einem solchen System professionell teilnehmen und es nutzen zu können, benötigen niedergelassenen Ärzte drei grundsätzliche Fähigkeiten, die bislang – wie die Ergebnisse der Valetudo Check-up©-Untersuchungen zeigen – nur rudimentär ausgebildet sind. Im Einzelnen handelt sich hierbei um die Management-, die Kommunikations- sowie um die Technik -/ Medien-Kompetenz.
Beispiel Elektronischer Arztbrief
Ein einfaches Beispiel, zu dem bereits Erfahrungen vorliegen, verdeutlicht das Problem: tauschen beispielsweise niedergelassene Spezialisten und Hausärzte ihre Befunde elektronisch aus, verkürzt dieses Vorgehen die Transferzeit, führt aber gleichzeitig – im Vergleich zu „analogen“ Wegen – nicht dazu, dass die Informationen schneller und für die Empfänger in der von ihnen benötigten inhaltlichen Form zur Verfügung stehen. Hierfür sind Management-Defizite (Organisation), Kommunikations-Probleme (Abstimmung) sowie mangelndes Technik-Know-how (Anpassung) verantwortlich. Zudem wird in vielen Fällen der elektronisch übermittelte Befundbericht in der Empfänger-Praxis wieder ausgedruckt.
Die zentrale Herausforderung der Gegenwart ist deshalb zunächst der Kompetenzaufbau in Arztpraxen, um die Umsetzung des technischen Rahmens überhaupt zu gewährleisten und anschließend durch die Vernetzung tatsächlich zu einer Verbesserung des Systems und der Patientenversorgung auf allen Ebenen zu gelangen