Digitalisierung und Telemedizin
"Die zunehmende Digitalisierung ist nicht aufzuhalten, und das ist
auch gut so", sagte Dr. Wolfgang Rechl, Vizepräsident der Bayerischen
Landesärztekammer (BLÄK) im Vorfeld des 76. Bayerischen Ärztetages in
Rosenheim. Auch die Politischen Parteien schrieben dem Thema in ihren
Wahlprogrammen einen großen Stellenwert zu. "Wir dürfen uns diesem
Thema nicht verschließen", mahnte der BLÄK-Vize. So habe sich auch
der vergangene 120. Deutsche Ärztetag in Freiburg dafür
ausgesprochen, telemedizinische Verfahren zu fördern und zu einer
besseren Vernetzung der Ärzteschaft beizutragen. Gerade bei einem
sich immer deutlicher abzeichnenden Ärztemangel insbesondere
außerhalb der Ballungsräume sollen telemedizinische Verfahren zum
Einsatz kommen. Dies erleichtere vor allem im ländlichen Raum sowie
bei immobilen und chronisch kranken Patientinnen und Patienten den
Zugang zur medizinischen Versorgung. "Wichtig ist, dass das
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Patienten auch
bei telemedizinischen Anwendungen Beachtung findet", betonte Rechl.
Telemedizinische Verfahren müssten patienten- und arztgerecht
angewendet werden. Hierzu sei es zwingend erforderlich, auch die
Haftungssituation in der Anwendung telemedizinischer Verfahren
rechtlich zu klären. Das erfordere klare Vorgaben zum Thema
Datenschutz und -weitergabe. "Gleichzeitig brauchen wir
Finanzierungs- und Fördermodelle für Innovationen im Bereich
E-Health, die eine sicherere Kommunikation ermöglichen. Über eine
etwaige Änderung des § 7 Abs. 4 der Berufsordnung (BO), in dem die
Anwendung von telemedizinischen Verfahren via Fernbehandlung geregelt
ist, werde auf dem kommenden Bayerische Ärztetag diskutiert werden.
Zahlen zur Organspende weiter rückläufig
Die Digitalisierung sei klar im Aufwind. Einen Abwärtstrend
hingegen gebe es bei der Organspende zu verzeichnen. Bundesweit sinke
die Bereitschaft zur Organspende. Nach Angaben der Deutschen Stiftung
Organtransplantation (DSO) spendeten im ersten Halbjahr 2017
bundesweit 412 Menschen ihre Organe - neun weniger als im
Vorjahreszeitraum und so wenige wie nie zuvor (ohne Lebendspender).
Im Vergleichszeitraum 2011 waren es noch 575 Spender. Auch die Zahl
der gespendeten Organe ging weiter zurück. Sie fiel von 1.397 im
ersten Halbjahr 2016 auf 1.331 im ersten Halbjahr 2017. "Der seit
Jahren anhaltende Negativtrend setzt sich damit weiter fort", gibt
Rechl zu Bedenken. "Im ersten Halbjahr 2015 kamen wir noch auf
bundesweit 1.557 gespendete Organe". Im selben Jahr habe es auch in
Bayern einen leichten Anstieg an Organspenden gegeben, aktuell
stagnierten die Zahlen jedoch. Insgesamt sei die Anzahl der
Transplantationen, einschließlich Transplantationen nach
Lebendspenden, seit Jahren rückläufig. Während im Jahr 2010 noch 763
Transplantationen erfolgten, waren es im Jahr 2015 nur noch 545, laut
Eurotransplant. Auch die Zahlen der postmortalen Organspenden gehen
seit fünf Jahren kontinuierlich zurück. Während es im Jahr 2010 noch
192 Organspenden gab, sank die Anzahl der gespendeten Organe im Jahr
2015 auf 139. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Bereitschaft zur
Organspende wieder größer wird", betonte Rechl. Für zunehmende
Transparenz sollten die Tätigkeitsberichte der
Transplantationszentren sorgen, die eine Übersicht über alle
Transplantationen in den vergangenen acht Jahren geben. "Noch immer
warten in Deutschland über 10.000 Menschen auf ein Spenderorgan",
gibt Rechl zu bedenken. Für Patienten und deren Angehörige sei die
Situation nach wie vor sehr belastend.
Patientensicherheit
Im Zeitalter der Digitalisierung und einer komplexer werdenden
Gesellschaft unterstrich der BLÄK-Vize auch die Bedeutung der
Patientensicherheit. Mit dem im Jahr 2013 in Kraft getretenen
Patientenrechtegesetz seien transparente Regelungen geschaffen
worden, die Patientinnen und Patienten sowie Ärzten die nötige
Rechtssicherheit geben. Im Mittelpunkt des Gesetzes stünden die
Normierung des Behandlungsvertrags, die Informations- bzw.
Aufklärungspflichten und die Regelungen zur Dokumentation der
Behandlung sowie zum Einsichtsrecht des Patienten in
Krankenunter-lagen. National wie international werde alljährlich auf
die Bedeutung der Patientensicherheit hingewiesen. So habe es sich
der diesjährige Tag der Patientensicherheit am 17. September 2017 zur
Aufgabe gemacht, die Bedeutung von Kommunikation im Gesundheitswesen
hervorzuheben. "Fehlende oder mangelhafte Kommunikation im
Gesundheitswesen können zu Behandlungsfehlern führen und
beinträchtigen die Patientensicherheit", sagte Rechl. Ziel des
diesjährigen Aktionstages sei gewesen, die Gesellschaft für eine gute
Kommunikation zu sensibilisieren. Ein gelungenes
Patienten-Arzt-Gespräch könne die Behandlung fördern. "Wichtig ist
uns, eine Fehlervermeidungskultur zu etablieren", sagte Rechl. Dazu
beitragen solle auch das Critical Incident Reporting-System (CIRS),
das beim Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ)
angesiedelt sei und das die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) aktiv
mitgestalte. "Es ist anonym und sicher und ermöglicht gegenseitiges
Lernen aus Fehlern und kritischen Ereignissen", betonte Rechl die
Bedeutung von CIRS. Mit dem Ziel, Behandlungsfehler zu minimieren,
werden Umstände erfasst und analysiert, die institutionellen,
organisatorischen und menschlichen Rahmenbedingungen erforscht und
neue Wege, wie Institutionen mit Patientensicherheit und
medizinischen Fehlern umgehen, geplant, implementiert und
weiterentwickelt.
Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen
"Die Behandlungsfehlerquote, also das Verhältnis von
festgestellten Behandlungsfehlern zu allen abgeschlossenen Verfahren,
lag im vergangenen Berichtsjahr bei 25 Prozent", berichtete Rechl aus
der Gutachterstelle. Damit sei die Behandlungsfehlerquote im
Vergleich zum Vorjahr (26 Prozent) und zum Jahr 2014/2015 (31
Prozent) auf sinkendem Niveau.
Gleichzeitig liege die Behandlungsfehlerquote in Bayern nahe bei
dem Ergebnis der bundesweiten Auswertung der von den
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen an die
Bundesärztekammer gemeldeten, jahresbezogenen Daten. Die bundesweite
Quote für das Jahr 2016 lag bei 24,2 Prozent. Seit über 40 Jahren
sichere die BLÄK mit ihrer Gutachterstelle, dass Patientinnen und
Patienten bei einem vermuteten Schadensfall nicht allein gelassen
werden.
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