Solche Bilder gehören längst zum traurigen
Nachrichtenalltag - pflegebedürftige alte Menschen erfahren in
Seniorenheimen immer wieder mangelnde Pflege und Betreuung. Auch im
Wahljahr war die Pflege eines der zentralen Themen in der
öffentlichen Debatte. Zeit- und Personalmangel, schlechte Bezahlung
und teilweise auch fehlende Qualifikation führen teils zu
alarmierenden Missständen in den Pflegeeinrichtungen. Die Hinweise
eines Informanten, die "Extra" jetzt erreichen, zeigen jedoch eine
neue Eskalationsstufe auf. Die "Extra"-Reportage, heute ab 22:15 Uhr,
dokumentiert wie wehrlose alte Menschen im Seniorenzentrum des
Deutschen Roten Kreuzes in Mühlheim am Main gedemütigt, misshandelt
und gequält werden. Fünf Wochen lang recherchiert die
"Extra"-Reporterin als Praktikantin undercover vor Ort, um
schließlich auch gegenüber den zuständigen Behörden die
katastrophalen Zustände in dieser Einrichtung zu belegen.
"Ich habe noch nie so viel Respektlosigkeit erlebt, wie in diesem
Haus", so die erfahrene Pflegekraft, die sich mit einem Hilferuf an
"Extra" wendet. "Ich habe mit der Pflege gesprochen. Ich habe mit der
Heimleitung etliche Gespräche geführt, ich habe mit der
Pflegedienstleitung versucht zu reden. Ich wusste, ich muss etwas
tun. Ich kann dort nicht weg gehen und die Menschen in diesem Elend
zurücklassen." Während der "Extra"-Recherche zeigt sich sehr schnell
das schockierende Ausmaß der Zustände in diesem Seniorenzentrum:
Pfleger nutzen hier regelrecht ihre Fürsorgepflicht gegenüber
wehrlosen und dementen Bewohnern aus: Ein alter Mann, der noch
versucht, sich mit seinem Rollstuhl zu bewegen und damit außer
Kontrolle ist, wird zur Strafe ans offene Fenster in die Kälte
gestellt. "So quäle ich den immer", kommentiert die zuständige
Pflegerin. Eine alte Dame, die sich nicht mehr bewegen und sprechen
kann, bekommt die Handschuhe nach der Intimpflege ins Gesicht
gehalten. "Du stinkst. Blöde Kuh. Was Du hier mit mir machst", so die
frustrierte Pflegerin.
Beschimpfungen, Demütigungen und Respektlosigkeit, bis hin zu
psychischer Gewalt deckt die Extra-Reporterin in diesem Haus auf.
"Schnell musst Du arbeiten. Hier darfst Du keine Liebe haben", so der
Kommentar der Pflegekraft. Auch die "Extra"-Reporterin wird sofort
fest eingeplant, betreut alleine, ohne Einweisung, schwer
pflegebedürftige Menschen. "Ich war gleich am ersten Praktikumstag in
der Pflege völlig allein. Ich habe die alten Menschen geweckt, ins
Bad gebracht, gewaschen, angezogen - ohne Hilfe von Fachkräften auf
einer Station, wo einige Bewohner dement oder sogar bettlägerig waren
und besondere Unterstützung brauchten."
Die Klingel, die für manche Patienten das Mittel ist, um Hilfe zu
rufen, wird von einigen Pflegern sogar bewusst außer Reichweite
platziert. Andere bestrafen ihre Schutzbefohlenen regelrecht, wenn
sie wagen zu oft zu klingeln. "Bitte holen sie mich hier raus, ich
habe Angst, ich habe Angst zu klingeln, wenn überhaupt eine Klingel
da ist, weil ich geschimpft bekomme, wenn ich klingle, dass ich zu
viel Arbeit mache. Das war sehr oft der Fall." Einer der Pfleger
erläutert die bewährten Regeln: "Wer zu viel klingelt, kommt aus dem
Bett raus." Andere Pflegekräfte beschimpfen die Bewohner, machen sich
über sie lustig. Ein alter Mann wird gegängelt und in seinem
Rollstuhl über den Flur geschubst. Eine andere Pflegerin weckt einen
schwer zu pflegenden alten Mann aus seinem Mittagsschlaf, um ihn zu
disziplinieren. "Ich hab mich oft gefragt, wie können Menschen so
sein, wie kann man einem wehrlosen, hilflosen Menschen Gewalt antun.
Ich hab noch nie so viel Respektlosigkeit und psychische Gewalt
erlebt wie in diesem Haus", so die Informantin und ehemalige
Mitarbeiterin.
Nach Beendigung ihres Undercover-Einsatzes informiert die
Reporterin sowohl die Heimaufsicht in Frankfurt als auch den
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung über die aufgedeckten
Missstände. Bereits nach wenigen Tagen teilt die Heimaufsicht mit,
dass sie aufgrund der "Extra"-Recherchen erhebliche Mängel bei der
Prüfung feststellen konnte und fordert den Träger schriftlich auf,
diese umgehend zu beseitigen. Auch darf die Einrichtung ab sofort
keine weiteren Bewohner mehr aufnehmen. Zudem seien weitere
unangemeldete Kontrollen geplant. Auch die zuständige Pflegekasse AOK
bestätigt schriftlich, dass Mängel in der Einrichtung bekannt und
unangekündigte Besuche geplant seien.
Der Kreisverband des DRK in Offenbach äußert sich bis dato dagegen
lediglich wie folgt: "In den Bemühungen, unsere Bewohner optimal zu
versorgen, sind wir dankbar für jede Unterstützung. Ihren Brief haben
wir der Heimaufsicht weitergeleitet und um eine Überprüfung gebeten."
Zu einer Stellungnahme vor der Kamera war die Heimleitung nach
Konfrontation mit den Missständen nicht bereit. In einem
Hintergrundgespräch betont sie, dass sie die Mängel sehr ernst nähme
und die Mitarbeiter aktuell geschult würden.
"Extra" wird auch nach Ausstrahlung der Reportage die Situation
weiter verfolgen und über Reaktionen der Behörden berichten.
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