15 Jahre Planung, Kosten von mehreren Milliarden
Euro und keine Verbesserungen für Patienten und Ärzte in Sicht - die
elektronische Gesundheitskarte (eGK) hat das Zeug, ein noch größerer
Flop zu werden als der Flughafen Berlin-Brandenburg. So fasst die
Freie Ärzteschaft (FÄ) den Stand des Projekts zusammen. "Wenn die
Verhandler für eine künftige Regierungskoalition verantwortungsvoll
darauf blicken, können sie nur zum Ergebnis kommen, das
Pleitenprojekt zu beenden und damit ein Schrecken ohne Ende zu
verhindern", sagte FÄ-Vizevorsitzende Dr. Silke Lüder am Montag in
Hamburg.
Im Juli 2017 hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU)
den Online-Rollout des Kartenprojekts verkündet, obwohl bis dato kein
Gerät für die Online-Anbindung zur Verfügung stand. Daher hat das
Ministerium den Zeitpunkt, an dem alle Praxen und Kliniken an die
Telematik-Infrastruktur angeschlossen sein müssen, nun erneut
verschoben auf den 31. Dezember 2018. "Es ist", so die Hamburger
Allgemeinärztin, "längst überfällig, diesem Projekt den Stecker zu
ziehen. Wir erwarten, dass die Sondierungsgespräche für eine neue
Bundesregierung beim Thema Gesundheitspolitik in diese Richtung
laufen."
Der Bund der Steuerzahler habe das Projekt wegen massiver
Geldverschwendung bereits deutlich kritisiert. Und auch Lüder betont:
"Die Bürger zahlen ihre Beiträge zur Krankenversicherung für gute
Medizin und nicht für ein Projekt, das in erster Linie der Rendite
von IT-Firmen und dem Überwachungsdrang von Politik und Krankenkassen
dient." Das geplante Versichertenstammdatenmanagement sei eine
Aufgabe der Krankenkassen, nicht der Arztpraxen. Die Patienten
müssten, wenn es in den Praxen stattfände, mit massiven Verzögerungen
im Ablauf und längeren Wartezeiten rechnen. Hinsichtlich der
eGK-Funktionen hat die Einführungsorganisation Gematik gerade
beschlossen, dass der Notfalldatensatz, die elektronische
Patientenakte, Medikationspläne und elektronische Rezepte entgegen
bisheriger Versprechen ohne echten Praxistest eingeführt werden
sollen. "Das ist ein Skandal ohnegleichen. Den Patienten kann das
sogar schaden", erläutert FÄ-Vize Lüder.
Allen Arztpraxen empfiehlt die Freie Ärzteschaft, sich mit
Bestellungen von Geräten für die Online-Anbindung weiter
zurückzuhalten. Der augenblicklich einzige Anbieter mache zwar massiv
Werbung und kündige an, dass seine Geräte in Kürze auf den Markt
kämen. "Das sollte man aber erst mal in Ruhe abwarten", betont Lüder.
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den
Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und
zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene
Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des
Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der
FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im
Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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