Wenn der Schnupfen in die Ambulanz geht...Das
Resultat: Überfüllte Ambulanzen, genervte Patienten, lange
Wartezeiten auch für den wirklichen Notfall, überarbeitendes
Klinikpersonal, immense Kostensteigerung. Es gibt 3 voneinander
getrennte Bereiche in der Notfallversorgung: Den ärztliche
Bereitschaftsdienst, die Notaufnahme und der Rettungsdienst. Während
der allgemeinen Öffnungszeiten steht der Hausarzt zur Verfügung. Aber
immer mehr Menschen wollen nicht auf Termine beim Hausarzt warten,
auch nicht, wenn die Beschwerden in keinster Weise einer
Notfallbehandlung bedürfen. Der Anstieg der Behandlungen in den
Notfallambulanzen um 143 % in den letzten Jahren spricht Bände. Und
viele, besonders ältere Menschen sind einsam und alleine und können
Symptome evtl. nicht gut einschätzen, sie bekommen Angst und rufen
die 112 und damit oft den Krankenwagen. Daraus kann man ihnen keinen
Vorwurf machen. Andere rufen aber die 112 aus einer "Pizzadrive -
Mentalität" heraus, in der Hoffnung lange Wartezeiten zu umgehen. Das
ist allerdings extrem zu kritisieren, denn die anlasslose Bindung
eines RTW''s kann für den wirklichen Notfall gefährlich werden. Der
Anstieg der sogenannten "Servicefahrten", also Rettungseinsätze ohne
Krankentransport ist in den letzten Jahren um 134 % gestiegen. Die
Notfallversorgung im Krankenhaus ist in der Tat ein wichtiges und
wachsendes Thema der Gesundheitsversorgung Schleswig-Holsteins. Die
Kliniken und die Kassenärzte sind sich wegen der Notfallversorgung
nicht einig, die Sektorengrenzen nicht klar definiert und durch die
hochqualifizierte Notfallversorgung, die aber oftmals gar nicht nötig
ist, werden Gelder in Milliardenhöhe verschwendet. Wenn wir die
Sektorengrenzen überwinden wollen, muss das mit allen Akteuren gut
abgestimmt, logisch und gründlich passieren und nicht im
Schnellschuss allein mit Öffnungszeiten oder regionalen Konzepten.
Eine umfassende Lösung ist dringend geboten, aber dafür reichen
Öffnungszeiten, von denen wir gar nicht wissen, wie wir sie bei dem
vorhandene Fachkräftemangel besetzen sollen , bei weitem nicht aus.
Der Sachverständigenrat Gesundheit hat ein Gutachten mit dem Titel
"Bedarfsgerechte Steuerung des Angebots und der Inanspruchnahme von
Gesundheitsleistungen" in Arbeit, das im Frühjahr 2018 vorgestellt
werden soll. In einem Werkstattgespräch wurden im September sehr
interessante Zwischenergebnisse präsentiert und diskutiert, die wir
in unsere Überlegungen einfließen lassen sollten. Das fängt schon bei
der ersten Kontaktaufnahme an. Die Notfallrufnummer des
Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117 ist größtenteils
unbekannt, die 112 hingegen lernt man schon in der Schule. Eine
einheitliche Nummer und eine erste standardisierte Befragung und
Beratung am Telefon durch speziell geschultes Personal wie z. B in
anderen europäischen Ländern könnte helfen, den ratsuchenden
Menschen zu beruhigen, die Dringlichkeit einer Notfallbehandlung
einzuschätzen und die entsprechenden richtigen Schritte einzuleiten.
Unsere Notfallambulanzen brauchen in der Tat ein neues System. Die
Steuerung von Patienten alla Triage - Zone in Integrierten
Notfallzentren macht vielleicht Sinn, darf aber nicht zum "
Aussortieren von Patienten" je nach Kassen- oder Organisationslage
führen. Ein anderer Aspekt ist die Ausbildung der Ärzte. Ein Facharzt
für Notfallmedizin gibt es zwar in anderen Ländern, aber nicht in
Deutschland. Auch das könnte die Situation in den Ambulanzen
entschärfen.
Auch andere Ideen gibt es bereits:
- Vielleicht müssen wir ja sogar auf das in Jahrzehnten bewährte
Projekt der Polikliniken zurückkehren.
- Die Ausweitung der Sprechzeiten niedergelassener Hausärzte
könnte gefördert werden, mobile Angebote sind in der
Erprobungsphase. Samstag und Abendsprechstunden könnten bei den
Vertragsärzten vermehrt angeboten werden. - Gezielte Information
und mehrsprachige Aufklärung über das System der
Notfallversorgung sind notwendig. Und ganz sicher werden
E-Health-Angebote und Notfallapps-Angebote einige Lücken
schließen können. Bei all unseren politischen Überlegungen muss
der Mensch im Mittelpunkt stehen. Selbstverständlich darf es
ausschließlich darum gehen, die notwenige Behandlung zur
richtigen Zeit zu organisieren. Das muss bei allen Überlegungen
und neuen Wegen das Ziel sein. Dafür müssen Kassenärzte,
Krankenhausträger, Notfallrettung und am Ende auch die Kassen
selbst sowie weitere Akteure im System finanziell in die Lage
versetzt werden, diese Leistung zu erbringen.
Wir plädieren dafür, diese vielen Ansätze im Ausschuss ausführlich
und sehr gründlich zu besprechen. Dafür sollten wir das Gutachten des
Sachverständigenrates abwarten, uns mit dem Projekt des
Aqua-Instituts beschäftigen sowie das neue Notfallkonzept des
Gemeinsamen Bundesausschuss ansehen und vor allem die Akteure
einladen, um das Richtige zu vereinbaren und erfolgreich gemeinsam zu
beschließen. Wir haben uns bewusst entschieden hier keine weiteren
Ergänzungen zu beantragen, sondern im Fachausschuss diese einzelnen
von mir dargelegten Ansätze durch umfassende Anhörungen, Bewertungen
und Stellungnahmen auf den Weg zu bringen.
Gerne sind wir bereit, unseren Beitrag für eine Neuaufstellung der
Notfallversorgung zu leisten, aber uns ist der vorliegende Antrag
einfach zu kurz gesprungen
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Heimo Zwischenberger (h.zwischenberger@spd.ltsh.de)
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