Berlin im Dezember 2017. Schon bald geht die Skisaison wieder los und die ersten Wintersportler machen sich auf den Weg, die Pisten zu erobern. Doch bei all dem Spaß an der Bewegung inmitten der weißen Landschaft vergessen Skifahrer oft die Gefahren, die mit diesem Sport einhergehen. Aufgrund von Kontrollverlust über die Skier oder unerwarteter Erschütterungen passieren besonders häufig Knieverletzungen wie Kreuzband- und Meniskusrisse. Einer Studie der Auswertungsstelle für Skiunfälle zufolge traten in der Wintersportsaison 2016/17 etwa 43 Prozent aller Verletzungen im Kniegelenk auf. Dabei sind Frauen aufgrund physiologischer und anatomischer Besonderheiten häufiger von Meniskusrissen betroffen als Männer. „Sie besitzen ein breiteres Becken. Das verursacht einen größeren Winkel des Oberschenkelmuskels zwischen Hüfte und Knie, den sogenannten Q-Winkel. Zudem verfügt das weibliche Geschlecht von Natur aus über eine hormonbedingt schwächere Festigkeit der Bänder“, führt Dr. Knipprath, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und ärztlicher Leiter der Avicenna Klinik Berlin, aus. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, Verletzungen auf der Piste vorzubeugen. Bereits ein paar Wochen vor dem Urlaub sollten Wintersportler Skigymnastik betreiben und so die Muskeln im Vorfeld an die Belastung gewöhnen.
Warme Muskeln für kalte Zeiten
Sowohl Aufwärmübungen vor Betreten der Piste als auch ein Saunagang nach der Skiabfahrt – Wärme hilft, den Muskeln eine optimale Leistung abzurufen, vor allem bei Minustemperaturen. „Aufwärmübungen vor der ersten Skirunde bereiten sowohl Sehnen als auch Muskeln und Gelenke sowie das Herz-Kreislauf-System auf die sportlichen Aktivitäten vor. Das Blut zirkuliert schneller, wodurch mehr Sauerstoff und Nährstoffe durch die Muskulatur geleitet werden“, so Dr. Knipprath. Dies beugt einer Übersäuerung vor und erhöht die Reaktionsgeschwindigkeit der Beinmuskulatur. Gleichzeitig dehnen sich Sehnen und Bänder bei aufkommender Wärme aus und werden elastischer. Dadurch verringert sich das Verletzungsrisiko.
Ehrliche Selbsteinschätzung und regelmäßige Pausen helfen
Neben fehlenden Aufwärmübungen ist mangelnde Aufmerksamkeit bei den letzten Abfahrten die Ursache vieler Unfälle. Schwindet die Konzentration, ist die Wahrscheinlichkeit höher, vorhersehbare Gefahren nicht rechtzeitig zu erkennen. Durch regelmäßige Pausen und eine realistische Selbsteinschätzung schützen Ski- und Snowboardfahrer sich und ihre Mitmenschen. Wer bei mangelnder Erfahrung eine schwierige Abfahrt nimmt oder ohne professionelle Begleitung im freien Gelände fährt, riskiert sowohl die Kontrolle über die Skier zu verlieren als auch Veränderungen des Bodens nicht rechtzeitig zu erkennen. „Das Risiko eines Sturzes oder Zusammenstoßes erhöht sich, infolgedessen kommen Meniskus- und Kreuzbandrisse oft zustande. Beinahe jede Skischule bietet ein Sturztraining an, um das Abrollen bei einem Sturz zu lehren und so das Verletzungsrisiko zu verringern“, bemerkt Dr. Knipprath. Außerdem lernen Teilnehmer eine kraftsparende und technisch saubere Fahrtechnik kennen, was ihre Kontrolle über die Leistung und die Skier erhöht. Das Zusammenspiel von eigenem Wohlbefinden und einer professionellen Einschätzung ebnen den Weg zur verletzungsfreien Abfahrt.
Was tun, bei Verletzungen im Knie?
Häufig treten Knieverletzungen beim Skifahren infolge von Stürzen auf, bei denen Betroffene das Knie verdrehen. Wenn die Skier sich während des Fahrens jedoch nicht mehr kontrollieren lassen, können diese Verletzungen auch durch ruckartige Bewegungen ohne einen Sturz zustande kommen. Dr. Knipprath erklärt: „Bei einem Verdrehtrauma beispielsweise dreht sich der Unterschenkel, während der Oberschenkel noch in der ursprünglichen Position verbleibt. Dies kann sowohl einen Kreuzband- als auch einen Meniskusriss nach sich ziehen.“ Bei einer Verletzung des Meniskus empfiehlt der Berliner Facharzt bei größeren Bewegungseinschränkungen meist eine Arthroskopie. Dabei wird der betroffene Teil des Meniskus minimalinvasiv entfernt oder genäht. Die Regenerationszeit beträgt zwischen sechs und acht Wochen. Im Anschluss kann der Betroffene das Knie im Regelfall zeitnah wieder voll belasten. „Bei einer Kreuzbandverletzung rate ich vor allem bei sportlichen oder jungen Menschen zur Operation, um späteren Knorpelverschleiß zu verhindern. Nach zwei bis drei Wochen, in denen die Schwellung abheilt und sich die Beweglichkeit des Knies verbessert, erfolgt der Einsatz einer Kreuzbandplastik. Diese dient als Ersatz des gerissenen Kreuzbands“, erläutert Dr. Knipprath. Bei beiden Verletzungsarten steht dem Ski-Vergnügen im nachfolgenden Winter nach erfolgter Physiotherapie und gegebenenfalls einer anschließenden Reha nichts mehr im Wege.