Diagnosen sind in der Medizin wichtig, denn sie bieten Orientierung. Doch gibt es kaum eine Diagnose, welche so umstritten ist, wie jene, die sich ADS oder ADHS nennt. Aber warum ist das so?
Diagnose und Beschreibung des Verhaltens. Keine Trennung von Verhaltensebene und Gehirnebene.
Eines der größten Probleme ist, dass die Diagnose ADHS als Begriff lediglich die Störung der Aufmerksamkeit und die Hyperaktivität beinhaltet. So als handele es sich nur um gestörte Aufmerksamkeit, mit oder ohne Hyperaktivität. Damit wird ein äußerst komplexes Geschehen auf nur einen Begriff reduziert, der aber von den Ursachen ablent. Es ist der klägliche Versuch eine Störung, die in erster Linie auf der Gehirnebene stattfindet, über Verhalten zu definieren. Das muss letztlich scheitern.
Ja ? es gibt die Eltern, welche in der Erziehung grandios versagen, und ja - es gibt zu viele Medien und zu viel Ablenkung, und natürlich gibt es auch die ?Reizüberflutung?. Und ja ? es gibt auch die falsche Ernährung! Aber deswegen darf man trotzdem nicht davon ausgehen, dass keine medizinisch relevante Störung existiert, die es Menschen schwer macht ihre Aufgaben in Schule, Beruf, Beziehung und Alltag gut zu erfüllen. Es genug gibt Kinder, die trotz aller der oben beschriebenen Einflüsse nicht auffällig werden. Und es gibt Kinder, bei denen man alles versucht hat: Verhaltensprogramme, Ernährungsumstellung, Waldwanderungen, Segeltörns, dem Beweungsdrang freien Lauf lassen usw. usf. Trotzdem bleibt´s dabei - es ändert sich nichts, weil eben das Gehirn die nötigen neuronalen Ressourcen nicht zur Verfügung stellen kann.
Es ist eine Sackgasse wenn man die Beschreibung des Verhaltens mit der Diagnose verwechselt.
Beispiel einer "Diagnose", die ein Verhalten beschreibt.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen zum Arzt, weil Sie einen Schmerz in der linken Brust verspüren, der sich über den Linken Arm ausbreitet. Was würden Sie sagen, wenn der Arzt Ihnen die Diagnose gibt: Links-seitiges Brust-Arm-Schmerzsyndrom? Sie würden sich doch schnell einen anderen Arzt suchen, inso-fern Sie noch dazu in der Lage wären. Aber etwas Ähnliches passiert mit vielen psychiatrischen Diagno-sestellungen. Beim Brust-Arm-Schmerz ist doch die Ursache entscheidend, und in der somatischen Medizin ist man sehr darum bemüht den eigentlichen Grund der Symptomatik zu finden. Nun tut das auch die psychiatrische Medizin, nur leider oftmals nicht in genügendem Ausmaß. Die Psychiatrie hat Erstaunliches geleistet in den letzten 200 Jahren, wir haben ein anderes Verständnis über psychische Erkrankungen gewonnen, nur leider scheint sie sich vehement gegen einen Paradigmenwechsel zu wehren. Was wäre zu tun?
ADHS im Gehirn
In unserer Praxis im Institut für EEG-Neurofeedback behandeln und erforschen wir seit über 10 Jahren Kinder mit Neurofeedback. Vor jeder Behandlung erfolgt eine eingehende Anamnese und neurokog-nitive Untersuchung. Kern unserer Befundung ist aber die Erstellung eines quantitativen EEGs, kurz QEEG genannt. Dabei geht es um die Ursache der Verhaltensproblematik, welche ja meist weit über eine Aufmerksamkeitsproblematik hinausgeht. Das EEG selbst bietet in der Regel wenig Anhaltspunk-te. Neurologisch gesehen geht es hier in der Regel um den Ausschluss einer neurologischen Grunder-krankung, wie z.B. einer Epilepsie. Das quantitative EEG hat ganz andere diagnostische Eigenschaften. Es ermöglicht den Vergleich mit einer Norm von EEG-Daten, basierend auf einer gesunden dem jewei-ligen Alter entsprechenden Vergleichspopulation. Die Darstellung erfolgt bildlich und wird auch Brain-mapping genannt. Ähnlich wie z.B. dem Herz-Kreislaufsystem weiß man mittlerweile auch beim Ge-hirn, welche Werte eher einem störungsfreien System zuzuordnen sind und welche man als auffällig und störungsrelevant einordnen kann. Das dient dazu, dass man nun die Symptome mit den Auffälligkeiten im Gehirnbild korreliert und sogenannte Biomarker für die Störung klarer erkennen und unterscheiden kann.
Verschiedene Muster in den Gehirnwellen
Gehirne bestehen in erster Linie aus Nervenzellen, den Neuronen. Die elektrische Aktivität der Neu-ronen zeigt sich in Form von Wellenmustern, wie zum Beispiel der Alpha-, Theta-, oder Betawellen. Entscheidend ist nun, in welcher Stärke diese Wellen auftreten und welchen Beitrag sie deswegen zum Verhalten beisteuern.
Das quantitative EEG und Biomarker
Unsere Messungen am EEG belegen, dass verschiedene sogenannte EEG-Subtypen mit Störungen in der Informationsverarbeitung im Gehirn korrelieren. Am Häufigsten dabei ist das sogenannte Theta-Überschuss-EEG, bei dem der Anteil der langsamen Thetawellen im EEG überwiegt. Thetawellen im Gehirn haben verschiedene Funktionen und treten besonders dann in Erscheinung, wenn wir kurz vor dem Einschlafen sind. Nun sind diese Hirnwellen an sich kein Problem ? im Gegenteil benötigen wir sie auch beim Probleme lösen und für die Gedächtniskonsolidierung. Aber wenn die Thetaaktivität gene-rell auch im Wachzustand zu hoch ist, dann hat die betreffende Person oft große Schwierigkeiten konzentriert bei der Sache zu bleiben. Sind die überschüssigen Wellen dann auch noch in Teilen des Fron-tallappens besonders aktiv, zeigen sich oftmals auch Probleme mit der Impulskontrolle und der Hand-lungsplanung. Die andere Gruppe zeigt hohe Amplituden im Bereich der schnellen Betawellen, wel-ches auch umgangssprachlich als ?Busy Brain? bezeichnet wird. Hier hat die betreffende Person eine Überaktivierung und ermüdet schnell bei Aufgaben, die eine erhöhte Konzentration erfordern. Auf der Verhaltensebene zeigen sich auch Ängstlichkeit, geringe Frustrationstoleranz, bis hin zu erhöhter Aggression. Eine weitere Gruppe umfasst diejenigen, bei denen zum Beispiel eine zu hohe Alpha-Aktivität vorliegt, welche auch mit Störungen der Konzentration und des Verhaltens einhergeht.
Gibt es nun die ADHS-Lüge?
Wie immer man die Sache betrachtet, aus der Sicht der modernen Hirnforschung ist die Diagnose ADHS ein überholtes Konzept, da es sich auf die reine Verhaltensbeobachtung stützt und die Ursachen dabei außer Acht lässt, welche mit der modernen Biomarkertheorie durchaus besser zu erfassen wären. Um diesen Missstand etwas zu verdeutlichen hier ein Statement von Dr. Daniel Amen, einer der bekann-testen Psychiater in den USA, beschrieb die Situation einmal sehr treffend: ?Psychiatry is the only spe-cialty that doesn''t actually look at the organ it treats.?
Alternativen zur Behandlung von ADHS ? Neurofeedback
Beim Neurofeedback werden Gehirnwellen gemessen und mittels Feedback ein Lernprozess in Gang gesetzt, welcher die günstigere Hirnwellenaktivität verstärkt. Diese Methode hat sich bereits in vielen wissenschaftlichen Studien als wirksam erwiesen. Auf der ganzen Welt wurden bereits zehntausende von Kindern und Erwachsenen in den letzten 30 Jahren damit behandelt. Unsere Erfahrung zeigt, dass es neben einer deutlichen Minderung der Kernsymptome auch zu einer Besserung des Schlafes und vieler anderer Störungen kommt. In vielen Fällen ist auch die völlige Vermeidung von Medikamenten-gaben möglich. Alleine aufgrund der Erfolge, die wir täglich in unseren Kliniken sehen, besteht für uns kein Zweifel an der Tatsache, dass es eine Störung gibt, welche es Kindern erschwert sich gut konzent-rieren zu können. Wie man das nennen mag, ist dabei für uns Neurofeedbacktherapeuten so gut wie ohne Bedeutung. Wir stellen das Gehirn in den Vordergrund und erkennen dessen Funktion als ein sich selbst regulierendes Organ. Ist diese Funktion nicht in genügendem Ausmaß vorhanden, kann es zu Störungen der Dysregulation kommen, die in ganz unterschiedliche Erscheinungsformen auftreten können. Neurofeedback hilft dem Gehirn in einer für das Gehirn sozusagen lesbaren und annehmba-rer Form wieder sich selbst besser regulieren zu können. Insofern ist es wirklich egal, wie man eine Störung nennen mag. Entscheidend ist, dass der Neurofeedbacktherapeut weiß welche Auffälligkeiten in den Gehirnwellen mit welchen Symptomen korreliert sind und hierfür das passende, individuelle Behandlungsprotokoll auswählt. Dr. Paul G. Swingle, ein Erfolgsautor, bekanntester Neurowissen-schaftler und Neurofeedbacktherapeut bezeichnete die ADHS-Frage so: ?Treat the condition and not the lable.?