Die aktuelle Erkältungswelle hat Deutschland
wieder fest im Griff: Akute Atemwegsinfektionen bedingen jährlich
etwa 40 Prozent aller Fehltage berufstätiger Personen. "Obwohl fast
immer durch Viren verursacht, werden bei Erkältungskrankheiten nach
wie vor zu oft und zu leichtfertig chemisch-synthetische Antibiotika
eingesetzt", beklagt Dr. Dr. Erwin Häringer, Arzt für
Allgemeinmedizin und Naturheilkunde, München. Dadurch werde die
Zunahme von Resistenzen gefördert. Gerade im Anfangsstadium von
entzündlichen Atemwegserkrankungen gehören pflanzliche Arzneimittel
zur Therapie der ersten Wahl, so der Experte. Zum Beispiel können
Pflanzenstoffe wie die Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich
nicht nur Viren bekämpfen[1], sondern wirken außerdem
entzündungshemmend[2-10] und antibakteriell[11-17]. Aufgrund der
3ach-Wirkung werden unangenehme Erkältungsbeschwerden schnell
gelindert und möglichen bakteriellen Superinfektionen
entgegengewirkt. Bei Erkältungshusten kann zusätzlich Andorn - die
Arzneipflanze des Jahres 2018 - zum Einsatz kommen.
Nach dem aktuellen Gesundheitsreport der Techniker
Krankenkasse[18] erhielten 2016 knapp 27 Prozent der Beschäftigten,
die erkältungsbedingt krankgeschrieben waren, ein Antibiotikum. "90
Prozent der Atemwegsinfekte werden jedoch durch Viren ausgelöst,
Antibiotika wirken aber nur gegen Bakterien", erklärt Häringer. Damit
wollen die Ärzte der Erwartungshaltung der Patienten entsprechen, die
aber häufig überschätzt werde. Ziel müsse sein, den
Antibiotikaeinsatz bei Atemwegsinfekten in der ambulanten Versorgung
zu optimieren und Ärzte für einen besonders verantwortungsvollen
Umgang mit Antibiotika zu sensibilisieren, so Häringer weiter.
Pflanzliche Senföle: 3fach-Wirkung, aber keine Resistenzen
Antibiotika seien nur dann nötig, wenn aus dem einfachen
Virusinfekt eine bakterielle Superinfektion wird, verdeutlicht der
Experte. Um der wachsenden Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen
entgegenzuwirken, empfehlen Experten bei akuten unkomplizierten
Atemwegsinfektionen bevorzugt pflanzliche Arzneimittel, wie die
Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich einzusetzen[19].
Klinische Studien mit Erwachsenen und Kindern zeigen, dass die
Pflanzenarznei bei akuter Bronchitis, akuter Sinusitis und
unkomplizierten Blasenentzündungen wirksam und gut verträglich
ist[20,21]. Zahlreiche Forschungsarbeiten belegen darüber hinaus die
antivirale[1], entzündungshemmende[2-10] und antibakterielle[11-17]
Wirkung der Senföle. Resistenzentwicklungen der Bakterien wie gegen
Antibiotika sind aufgrund der vielfältigen Wirkweise dieser
Pflanzenstoffe nicht zu erwarten und wurden bisher auch nicht
beobachtet[11,14].
Antibiotika auch bei Bronchitis unnötig
"Auch bei der oft im Rahmen von Erkältungskrankheiten auftretenden
akuten Bronchitis werden vielfach Antibiotika eingesetzt, obwohl auch
diese meist von Viren ausgelöst wird", beklagt Häringer. Hauptsymptom
ist ein heftiger, anfangs meist trockener Husten. Im Verlauf der
Bronchitis kommt es zu einer vermehrten Schleimbildung, den die
feinen Flimmerhärchen in den Bronchien nur schwer abtransportieren
können. Auch hier sei der Einsatz von pflanzlichen Mitteln eine gute
Alternative, erläutert der Experte. Zur Schleimlösung im Rahmen von
Erkältungen kann zum Beispiel die Arzneipflanze Andorn eingesetzt
werden. Sie wurde aktuell aufgrund ihrer herausragenden historischen
Bedeutung sowie der umfangreichen Dokumentation ihrer Wirkungen von
Wissenschaftlern der Universität Würzburg zur "Arzneipflanze des
Jahres 2018" gewählt. Arzneilich verwendet wird das sogenannte
Andornkraut, das sind die getrockneten Blätter und oberen
Stängelteile. Wirksamkeitsbestimmend ist der darin enthaltene
Bitterstoff Marrubiin. Ein Extrakt aus Andornkraut wirkt
schleimlösend[22], antientzündlich[23,24] und krampflösend[25,26].
Die Wirkstoffe aus der Pflanze gibt es in arzneilich wirksamer Form
als Presssaft oder als hochkonzentrierten Andornkraut-Fluidextrakt,
der nur in Apotheken erhältlich ist.
Unnötige Antibiotikatherapien bei oft viral bedingten
Erkältungskrankheiten fördern die Resistenzentwicklung. "Deshalb
sollten Antibiotika hier zurückhaltend und nur bei Verdacht auf eine
bakterielle Superinfektion eingesetzt werden", betont Häringer. Eine
gelbliche oder grünliche Verfärbung des Auswurfs im Rahmen einer
akuten Bronchitis sei - wie oft vermutet - jedoch kein Beweis für
einen bakteriellen Infekt. Der Einsatz eines Antibiotikums sollte
daher nicht nur von der Sputumbeschaffenheit, sondern auch vom
Allgemeinzustand, der Rezidivneigung und dem Alter des Patienten
abhängig gemacht werden.
Literatur:
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