TOP 23: Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen
schulgeldfrei gestalten
Die Therapeutenberufe sind ein unverzichtbarer Teil unseres
Gesundheitswesens. Sie helfen, Selbstständigkeit zu erhalten oder
wiederherzustellen. Durch Therapien können Medikamente reduziert,
Operationen verhindert, Schmerzen gelindert, Pflegebedürftigkeit
hinausgezögert und Lebensqualität gesichert werden. Therapien
verkürzen Krankheitszeiten und stellen die Arbeitsfähigkeit wieder
her. Sie können Kindern mit angeborenen Schwächen Sicherheit und
Selbstbewusstsein geben und ihnen so einen besseren Start in ein
eigenständiges Leben ermöglichen. Ihre Erfolge sind nachweisbar und
werden daher immer häufiger von Ärzten verordnet. Hinzu kommt der
wachsende Bedarf an Therapeuten durch eine immer älter werdende
Gesellschaft. Aber der Fachkräftemangel ist auch in diesem Bereich
bereits bittere Realität.
Immer mehr Patienten finden keine Therapeuten für eine zeitnahe
Behandlung und können die von den Kassen vorgeschriebene 14
Tage-Frist zum Behandlungsbeginn nicht einhalten. Noch schwieriger
wird es, wenn Hausbesuche erforderlich sind.
Einer Studie mit dem Titel "Ich bin dann mal weg" zufolge planen
67 % der 1000 befragten Therapeuten aus den Berufsgruppen
Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie einen Berufsausstieg.
Gleichzeitig hat die Zahl der Physiotherapieschüler nach Angaben des
Bundesinstituts für Berufsausbildung um 30 % abgenommen. Davon ist
nicht nur der Berufsstand betroffen, sondern auch die Schulen, die
unter starkem finanziellen Druck leiden.
Die Antwort der Landesregierung auf meine kleine Anfrage zum Thema
hat deutlich gemacht, dass wir in Schleswig Holstein insgesamt 1874
Schulplätze für die Ausbildung Physiotherapie (974), Ergotherapie
(840) und Logopädie (60) haben. Hinzu kommen 65 Studienplätze. Ein
Grund für den Rückgang für die Schülerzahlen ist das hohe Schulgeld,
das zwischen 300-400 EUR monatlich liegt. Das ist für viele junge
Menschen nicht finanzierbar.
Nicht alle bekommen BaföG. Der anschließende durchschnittliche
Verdienst liegt nach 3-jähriger Ausbildung bei 11- 15EUR brutto.
Verpflichtende Fortbildungen müssen ebenfalls selber finanziert
werden. Erschwerend hinzukommen anschließende Arbeitsbedingungen, die
zunehmend zur Berufsflucht führen. Z.B. Verdienstausfälle, wenn
Patienten nicht zur Behandlung erscheinen, zunehmende
Arbeitsverdichtung, hoher bürokratischer Aufwand, viele Leistungen,
die überhaupt nicht bezahlt werden, wie z.B. Gespräche und
Voruntersuchungen, keine Lobby, wenig Wertschätzung. In den Praxen
wie auch in den Krankenhäusern wächst der Frust in den jeweiligen
Berufsgruppen.
Wir haben hier einen dringenden Handlungsbedarf und deshalb geht
der Alternativantrag der regierungstragenden Parteien komplett an der
Realität vorbei. Die Regierung will stattdessen die Gelder für die
Altenpflegeausbildung wieder aufstocken und zwar für
Ausbildungsplätze, die nachweislich gar nicht besetzt sind. Deshalb
war unsere Marschroute immer, wir finanzieren alle Schulplätze nach
den aktuellen tatsächlichen Ausbildungszahlen. Gesundheitsberufe
gegeneinander ausspielen geht gar nicht.
Es ist gut und richtig, dass wir in Schleswig-Holstein das
Medizinstudium gebührenfrei anbieten. Es ist gut und richtig, dass
die Pflegeausbildungen mittlerweile gebührenfrei sind. Noch besser
und richtiger wäre es, die Ausbildung aller Gesundheitsberufe in
Schleswig-Holstein gebührenfrei zu gestalten! Dazu gehören dann auch
die anderen jetzt hier nicht erwähnten Berufe der
Heilmittelerbringer.
Wir wollen Gesundheitsland sein. "Vernetzte Gesundheit" hieß der
Kongress in der letzten Woche. Dazu gehört auch, das haben wir in
verschiedenen Debatten immer wieder betont, eine
sektorenübergreifende Versorgung, eine gute Kommunikation und die
ganzheitliche Betrachtung des Menschen. Und dazu gehören dann neben
Hausarzt, Facharzt, Krankenhaus und Pflege eben auch die Therapeuten.
Die Regierung schielt jetzt auf die beschlossene
Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die bis Ende 2019 einen Aktionsplan zur
Neustrukturierung der Gesundheitsfachberufe vorlegen soll. Die SPD
hat ja eine gebührenfreie Ausbildung der Gesundheitsberufe in die
vorliegenden Sondierungspapiere bereits hineinverhandelt. Das ist
sehr gut. Aber darauf können die Therapeuten und damit die
Patientinnen und Patienten in Schleswig-Holstein nicht mehr warten.
Zum Vergleich: 2013 hat die GroKo die Pflegeberufe-Reform vereinbart.
Beschluss Spätsommer 2017, Umsetzung bis 2020.
Das heißt, hätte die Küstenkoalition nicht schon vorher 900
zusätzliche Ausbildungsplätze finanziert, müssten die Auszubildenden
in der Altenpflege in Schleswig-Holstein jetzt immer noch Schuldgeld
zahlen. Das tun sie zum Glück seit 2015 nicht mehr.
Zum Vergleich, Sozialminister Garg hatte in der schwarz-gelben
Regierung gerade mal 20 Plätze gefördert. Wohlwissend, dass schon
2011 Handlungsbedarf bestand. Kein Geld? 2011 ok. Aber heute ist das
fehlende Geld keine Ausrede mehr für politisches Nichtstun. Und
deshalb fordern wir die Landesregierung auf, den Therapeutenberuf in
Schleswig Holstein durch die schrittweise Kostenübernahme der
Ausbildung zu sichern, so wie wir es in der Altenpflegeausbildung
auch gemacht haben und nicht auf mögliche Lösungen vom Bund zu
warten. Die SPD möchte die Problematik der Therapeuten in den
politischen Fokus rücken. Deshalb beantragen wir den Antrag in den
Sozialausschuss zu überweisen.
Pressekontakt:
Pressesprecher: Heimo Zwischenberger (h.zwischenberger@spd.ltsh.de)
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