In das "OsteoZentrum" am Schliersee begeben
sich viele Wintersport-Stars in Behandlung. Martin Auracher leitet
die Praxis als Osteopath und Heilpraktiker. Das Mitglied des
Verbandes der Osteopathen Deutschland (VOD) e.V. und ein Team von
Osteopathen kümmern sich unter anderem um die Rehabilitation der
Skirennläufer Felix Neureuther und Stefan Luitz, die beide durch
einen Kreuzbandriss ihre Olympia-Träume begraben mussten. Der VOD
sprach mit Martin Auracher und den beiden Stars.
VOD: Herr Neureuther und Herr Luitz, warum setzen Sie auf
Osteopathie?
Felix Neureuther: Weil ich in den vielen Jahren, in denen ich
Leistungssport gemacht habe, die Hilfe durch die Osteopathie zu
schätzen lernte.
Stefan Luitz: Ich bin schon oft osteopathisch behandelt worden, und
es hat mir immer sehr gutgetan.
VOD: Welche Erfahrungen haben Sie beide mit Osteopathie gemacht?
Felix Neureuther: Bei meinem Körper, speziell mit Knie-, Rücken- und
auch Schulterverletzungen, hat mir die Osteopathie schon immer sehr
geholfen. Zum Beispiel: Ein Schleudertrauma, das ich vor Sotchi
erlitt, wurde überwiegend osteopathisch behandelt. Wegen der vom IOC
verhängten "No Needle Policy" konnten Injektionen nur im
eingeschränkten Umfang durchgeführt werden. Ohne die osteopathische
Behandlung wäre ich bei dieser Olympiade mit Sicherheit nicht an den
Start gegangen.
Stefan Luitz: 2013 erlitt ich meine erste Kreuzbandverletzung und
konnte mit Hilfe der osteopathischen Behandlung sehr gute
Fortschritte in meiner Rehabilitation erkennen.
VOD: Spüren Sie auch jetzt schon Fortschritte in Ihrer Genesung?
Wann glauben Sie, sind Sie wieder fahrbereit?
Felix Neureuther: Ich verbessere mich Woche für Woche. Ich kann schon
erstaunlich viele Bewegungen und Trainingsübungen machen. Es ist zwar
schon eine Geduldsprobe für mich, aber ich hab'' mich darauf
eingestellt, und der kontinuierliche Fortschritt gibt mir Motivation
und Zuversicht. Die ersten Versuche auf Schnee sind für Mai geplant,
aber wir haben keinen Zeitdruck.
Stefan Luitz: Ja, ich bin sehr zufrieden mit dem derzeitigen Verlauf.
Das Knie wird zunehmend stabiler und belastbarer. Ich hatte dieselbe
Verletzung bereits vor vier Jahren und weiß, dass man am Anfang sehr
viel Geduld aufbringen muss. Auch bei mir sind die ersten
Schneeversuche für Mai geplant.
VOD: Herr Auracher, wie behandeln Sie und Ihre Kollegen Felix
Neureuther und Stefan Luitz?
Martin Auracher: Zunächst finden bewährte Anwendungen aus der
Rehabilitationsmedizin statt. Dazu gehören Wassergymnastik,
Muskelaufbautraining und Physikalische Maßnahmen. Damit die
Trainingsformen wirksam sind, ist es zunächst nötig, eine
Trainierbarkeit des Gewebes herzustellen. Das bedeutet, dass nur ein
reizfreies Gelenk mit moderater Narbenbildung und gut durchblutetem
Gewebe auf Trainingsreize reagiert. Hier kommen Faszien- und
Narbenbehandlungen und die Therapie von Nerven und Blutgefäßen zum
Einsatz.
VOD: Osteopathie und Leistungssport - was macht diese Kombination
so erfolgreich?
Martin Auracher: Die Belastungen, die auf dem Organismus
einwirken, sind extrem. Aber nicht nur die Anforderungen an den
Bewegungsapparat sind hoch, sondern auch die psychische Belastung und
der Stoffwechsel sind von größter Bedeutung. Für mich ist die
Osteopathie eine Möglichkeit, mit der man diese Systeme wirksam
behandeln kann.
VOD: Der Leistungssport generell und der alpine Skirennsport im
speziellen, bewegen sich aktuell im Grenzbereich. Was kann
Osteopathie hier bewirken? Martin Auracher: Seit der Umstellung der
Taillierung der Rennski in dieser Saison scheinen sich die
Verletzungen des vorderen Kreuzbandes zu vermehren. Ein
anspruchsvolles Athletiktraining ist die Voraussetzung, um diesen
Belastungen Stand halten zu können. Ein möglichst optimales Gewebe
(Muskulatur, Sehnen, Kapseln, etc.), das durch osteopathische
Behandlungen erreicht werden kann, verbessert die
Stabilisierungsfähigkeiten.
VOD: Sie und Ihre Kollegen behandeln Profis aus dem Bereich des
Wintersports: Ski-Rennläufer, Biathleten und Rennrodler. Wie genau
können Sie hier mit Osteopathie helfen?
Martin Auracher: Wir stellen seit einiger Zeit die Funktion des
Nervensystems in den Vordergrund. Spezielle Techniken scheinen die
Effektivität des Zentralen Nervensystems zu steigern. Das beinhaltet
neben der Behandlung lokaler neurologischer Funktionen der Sensorik
und Motorik z.B. auch die Behandlung des optischen Systems und des
Gleichgewichtssystems, welche auch einen maßgeblichen Input liefert.
Die Technik der "Neurofunktionellen Integration" hat sich als sehr
hilfreich erwiesen.
VOD: Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Martin Auracher: Bleiben wir doch gleich bei der vorderen
Kreuzband-Rekonstruktion. Ein nicht seltenes und gefürchtetes Problem
dabei ist ein Streckdefizit am Kniegelenk. Die Behebung dieses
Streckdefizits stellt uns Therapeuten oft vor eine große
Herausforderung. Neben dem strukturellen Schaden am Knie kann es
durch den Unfall und die OP zu Störungen der Funktion des
Nervensystems kommen. Dies lässt sich durch eine
funktionell-neurologische Untersuchung diagnostizieren und auch
behandeln. So wird die Ansteuerung des Gewebes optimiert, was zu
einem besseren Ansprechen anderer Maßnahmen führt. Bei der Behandlung
berücksichtigen wir auch die gesamte Faszienkette, in der sich auch
das Kreuzband befindet. Ebenso leistet die entsprechende Behandlung
der Wirbelsäule (auch der Halswirbelsäule) mit häufig bestehenden
Dysfunktionen einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung von
Beweglichkeitsdefiziten. Eine Schwierigkeit ist hierbei das Auffinden
dieser Gewebeblockaden. Hier sind die Erfahrung und die
Wahrnehmungsfähigkeit des Osteopathen für den therapeutischen Erfolg
sehr wichtig. Unserer Erfahrung nach ist es sehr wichtig, den
Verletzungsmechanismus möglichst genau zu kennen, oder zu erfühlen.
Der häufig beschriebene "Dialog mit dem Gewebe" stellt für mich eine
grundlegende Basisarbeit dar. Es sollten der ganze Patient mit seinen
Dysfunktionen berücksichtigt und diese nach Relevanz therapiert
werden.
VOD: Sie sind ein Insider, und betreuen seit 1988 auch bei Olympia
vor Ort. Auch demnächst bei den olympischen Spielen in Pyeong Chang
in Südkorea. Wie unterscheidet sich die osteopathische Untersuchung
und Behandlung während der Wettkämpfe von der zu Hause in Ihrer
Praxis am Schliersee?
Martin Auracher: Gar nicht so besonders. Die Philosophie und die
osteopathischen Behandlungsgrundsätze sind die gleichen. Der größte
Unterschied ist der erhebliche Zeit- und Erfolgsdruck. Heilung
braucht, je nach Gewebeart und Verletzungsgrad, eine gewisse Zeit.
Meist steht der nächste Wettkampf unmittelbar bevor. Die
Nichtteilnahme hat für den Athleten häufig sportliche und auch
finanzielle Nachteile. Deshalb muss man sehr genau abwägen, wann ein
Leistungssportler nach einer Verletzung wieder starten kann. Diesen
Zeitdruck hat man bei einem normalen Patienten meist nicht so stark.
Regenerationszeiten können eingehalten werden. Außerdem habe ich im
OsteoZentrum Schliersee die Möglichkeit, schwierige Fälle mit meinem
Partner Max Merkel (Applied Kinesiology, Chiropraktik) zu behandeln.
VOD: Glauben Sie, dass Osteopathie im Leistungssport künftig noch
mehr Gewicht erhält?
Martin Auracher: Der Stellenwert des Sports nimmt in den
vergangenen Jahren offensichtlich zu. Die Anforderungen an die
Leistungssportler sind enorm hoch. Die physischen und psychischen
Belastungen sind teilweise im Grenzbereich. Vor Jahren war der
Physiotherapeut im Leistungssport fast nur für den Bewegungsapparat
zuständig. In den vergangenen Jahren jedoch erfährt der Aspekt der
Leistungsoptimierung zunehmende Aufmerksamkeit. Behandlung des
Immunsystems, Aktivierung der Entgiftungsorgane, Verbesserung der
Atemkapazität usw. sind durchaus Themen aus dem Bereich der
Osteopathie, die zunehmend für den Leistungssportler interessant
sind. Auf Grund dieser Entwicklung gehe ich schon davon aus, dass die
Osteopathie in diesem Bereich immer wichtiger wird.
VOD: Vielen Dank für das Interview und Ihnen, Herr Neureuther und
Herr Luitz, weiterhin gute Besserung!
Hintergrund:
Osteopathie ist eine eigenständige Form der Medizin, die dem
Erkennen und Behandeln von Funktionsstörungen dient. Die
osteopathische Diagnose und Behandlung erfolgt ausschließlich mit den
Händen. Der Patient wird in seiner Gesamtheit betrachtet. Osteopathie
ist bei vielen Krankheiten sinnvoll und behandelt vorbeugend.
Der VOD wurde 1994 in Wiesbaden gegründet und hat mehr als 4300
Mitglieder. Der älteste und mitgliederstärkste Berufsverband
Deutschlands verfolgt im Wesentlichen folgende Ziele: Die Etablierung
des eigenständigen Berufs des Osteopathen auf qualitativ höchstem
Niveau, sachliche und neutrale Aufklärung über Osteopathie und
Qualitätssicherung im Interesse der Patienten. Darüber hinaus
vermittelt der VOD hoch qualifizierte Osteopathen.
Weitere Informationen: Verband der Osteopathen Deutschland e.V.
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