Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute über das Recht
der freien Meinungsäußerung einer Körperschaft des öffentlichen
Rechts (KdöR) entschieden (Aktenzeichen: I ZR 264/16).
Beklagt war die Bundesinnung der Hörakustiker (biha) aus Mainz und
deren Hauptgeschäftsführer. Dieser hatte der Deutschen Presse-Agentur
(dpa) ein kritisches Interview über einen umstrittenen Versorgungsweg
gegeben, bei der Hörsystemversorgungen in der Arztpraxis vorgenommen
werden. Ein Anbieter wehrte sich gerichtlich gegen bestimmte
Äußerungen und unterlag nun in dem Rechtsstreit mit einem
höchstrichterlichen Urteil. Äußerungen wie:
"Hier wird für schlechte Qualität gutes Geld ausgegeben."
und/oder
"Eine kontinuierliche Nachsorge durch den Arzt sei aber kaum
möglich: zu lange Wartezeiten, falscher Umgang mit Reklamationen, zu
wenig Raum, um auf den Kunden eingehen zu können",
darf die Bundesinnung und deren Hauptgeschäftsführer äußern.
Das vorinstanzliche Gericht war der Auffassung, dass die biha eine
staatliche Behörde sei. Ihr würden die Bürger ein besonders Vertrauen
entgegenbringen. Daher gelte für die Bundesinnung und deren
Hauptgeschäftsführer auch das Gebot einer strengen Sachlichkeit und
Neutralität. Auf das Recht der Meinungsfreiheit könnten sie sich
nicht berufen.
Dem entgegnete der Bundesgerichtshof, dass eine Körperschaft des
öffentlichen Rechts und deren Verantwortliche nur in denjenigen
Bereichen dem strengen Diktat der Sachlichkeit und Neutralität zu
unterwerfen sind, in denen sie auch hoheitlich/staatlich tätig sind.
In dem Interview mit der dpa war kein staatliches Handeln zu
erkennen und somit wären hier auch andere Maßstäbe hinsichtlich der
Einschränkung der Meinungsfreiheit anzusetzen. Auch nach
wettbewerbsrechtlichen Maßstäben wäre keine Herabsetzung oder
Verunglimpfung in diesen Äußerungen zu erkennen.
"Weder der Bundesinnung noch ihrem Hauptgeschäftsführer kann man
ohne weiteres einen Maulkorb verpassen", so der zu Unrecht verklagte
Hauptgeschäftsführer Jakob Stephan Baschab. "Erst recht nicht, wenn
es um die Versorgungsqualität für schwerhörige Bürgerinnen und Bürger
geht", so Baschab weiter.
In Deutschland gibt es etwa 5,4 Millionen Menschen mit einer
indizierten Schwerhörigkeit. Tendenz steigend. Schwerhörigkeit zählt
zu den zehn häufigsten gesundheitlichen Problemen. Mit 6.300
Hörakustiker-Betrieben und ca. 15.000 Hörakustikern versorgt das
Hörakustiker-Handwerk ca. 3,5 Millionen Menschen in Deutschland mit
qualitativ hochwertigen, volldigitalen Hörsystemen. Die Bundesinnung
der Hörakustiker (biha) KdöR vertritt die Interessen der Hörakustiker
in Deutschland.
Pressekontakt:
Dr. Juliane Schwoch (biha), schwoch@biha.de
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