Osterburken. Mit Lärmfeuer wurden in früheren Jahrhunderten Signalstellen zur einfachen Nachrichtenübermittlung bezeichnet. Der Begriff setzt sich aus den Worten Lärm, das sich aus dem frühneuhochdeutschen Wort Alarm[a] und Feuer, mittelhochdeutsch viur zusammen. Lärmen bedeutet in diesem Fall Alarm schlagen.
Lärmfeuer bestanden aus meterhohen Holzstößen, die auf Bergspitzen aufgeschichtet wurden. Wenn sie angezündet wurden, konnte das Feuer, beziehungsweise der Rauch, von der nächsten Bergspitze aus gesehen werden. Auf diesen befand sich dann ein weiterer Holzstoß, der beim Erkennen eines Lärmfeuers ebenfalls angezündet wurde. So wurde eine Nachrichtenkette aufgebaut, um vor einer möglichen Gefahr - meist feindlichen Angriffen - zu warnen. Beispielsweise bildeten Lärmfeuer im Dreißigjährigen Krieg einen Ring um den gesamten Odenwald und weite Teile des Hessischen Rieds. Historisch unklar ist, ob diese Form der Nachrichtenübermittlung bereits von den Römern genutzt wurde und ob die Odenwälder Signallinie Teil eines großen Nachrichtennetzes bildete, welche das Rheingebiet mit dem Innern Deutschlands verband. Klar ist, dass es Signalfeuer in allen Kulturen gab und gibt.
Im 5. Jahrhundert v.Chr. meldeten die Griechen die Eroberung Trojas der 400 km weit entfernten Stadt Argons mit Feuerzeichen von Insel zu Insel. Auch die alten Römer bedienten sich der Feuerpost. Mit Fackelsignalen verbreiteten sie Nachrichten von Wachturm zu Wachturm durchs ganze Reich. Später telegrafierten die Niederländer mit den Flügeln der Windmühlen, welche in Holland überall verbreitet sind. Eingeborenen-Stämme in Afrika kannten eine einheitliche Trommelsprache, mit der sie nachweisbar Nachrichten von Kairo bis Johannesburg, also durch den ganzen afrikanischen Kontinent, übermittelten. Indianer in Südamerika verwandten Glasflaschen, mit denen sie Sonnenstrahlen auffingen und spiegelten. Das Alphabet setzte sich aus kurzen und längeren Lichtblitzen zusammen.
Die Alarmlinie in Südhessen begann an zwei Stellen am Rhein. Eine bei Gernsheim und die Zweite auf der Rheinschanze gegenüber von Worms. Sie ging weiter über die Süddüne bei Lorsch zur Starkenburg (Heppenheim). Danach teilte sich die Linie in einen nördlichen und einen südlichen Zweig. Die nördliche Linie führte über den Hohenstein, die Neunkircher Höhe zum Otzberg, nach Breuberg und dann in die Mainebene. Die südliche Linie führte über den Spessartskopf, Sensbacher Höhe, Krähberg zur Kammlinie des östlichen Odenwaldes zwischen Eulbach und Würzberg. Zwischen diesen Linien lagen kleinere Lärmfeuerstationen. So beispielsweise auf dem Schöllenberg bei Erbach, dem Zellerkopf bei Michelstadt und auf dem Reichenberg.
In den Alarmstellen waren die Wachmannschaften in kleinen offenen Holzhütten untergebracht. In das Signalnetz integriert waren Alarm- und Sammelplätze der bewaffneten Truppen der einzelnen Centen.
Den letzten Einsatz hatten die Lärmfeuer um das Jahr 1800. Auf Anordnung des Kurmainzer Kanzlers Freiherr von Albini wurden die Lärmfeuer besetzt.
Der Lärmfeuerberg bei Mossau erinnert noch heute an eine ehemalige Signalstation auf seinem Gipfel.
Feuerbräuche und Lärmfeuer im Odenwald
Der Odenwald. Unendliche Wälder. Wir schreiben das Jahr 0 (natürlich nicht). Ganz Gallien ist von den Römern besetzt und auch in Germanien versuchen sie Fuß zu fassen. Doch die Germanen zeigen den Eindringlingen die Zähne und zwingen die Römer zu etwas, für die damalige Zeit Unerhörtem, zum Bau eines Grenzwalls. So oder so ähnlich könnte es wohl einem in unserer Zeit populären Comicstrip entnommen worden sein. Doch nicht nur in Gallien sondern auch in Germanien gab es unbesiegbare Krieger.
Auf lateinisch wird dieses Bauwerk ursprünglich als Grenzweg oder Grenzschneise
bezeichnet. Zuerst wohl wirklich nur als Weg oder Schneise angelegt, wurde es zunehmend
mehr zu dem, als was wir es heute kennen: Die römische (chinesische) Mauer, sagen die Odenwälder, was nicht ganz stimmt, denn murus, die Mauer trifft nicht ganz zu. Vallofossaque, also aus Wall und Graben bestehend und mit Palisaden verstärkt, so sah der Limes meist aus. Andererseits waren die Türme des Limes im Odenwald meist gemauert und nicht aus Holz, wie andernorts.
Vermutlich im Jahre 98 n. Chr. ließ Kaiser Trajan unmittelbar nach seinem Regierungsantritt
das römische Einflussgebiet rechts des Rheins, zwischen Mainz und Strassburg durch den
Neckar-Odenwaldlimes markieren und sichern. Diese Grenze bestand etwa 60 Jahre lang.
Die Odenwaldlinie des Neckar-Odenwald-Limes begann südlich des Kastells Obernburg ( hier plant man ein Living-History-Museum für römische Geschichte) am Main und endete nahe der Kochermündung gegenüber von Bad Wimpfen am Neckar. Dieser
Streckenabschnitt von rund 70 km Länge wurde mit etwa 80 Wachtürmen gesichert.
Mit der Verlegung der Grenze um etwa 30 km nach Osten auf die Linie des
obergermanischen Limes um das Jahr 159 n. Chr. verlor der Neckar Odenwald Limes seine
Bedeutung.
Um sich untereinander zu verständigen und zu warnen, benutzten die Besatzungen der
Wachtürme und Kastelle Feuerzeichen. Diese Art der Verständigung durch Feuersignale war
im ganzen Römischen Reich bekannt. Experimentelle Archäologie in unserer heutigen Zeit
hat schon längst den Beweis erbracht, dass es den Römern auf diese Art möglich war,
Nachrichten aus der germanischen Provinz binnen 12 Stunden nach Rom zu übermitteln.
Welche Zeichen dabei benutzt wurden, oder ob es einen bestimmten Feuerzeichencode gab,
kann heute nicht mehr beantwortet werden.
Es könnte aber schon in der Zeit der Kelten, welche zumindest das
Umland des Odenwaldes besiedelten, ein Kette von Signalstationen quer durch das Gebirge
gegeben haben. Erhalten gebliebene keltische Namen deuten auch auf eine Präsenz dieses
Volkes im Innern des Odenwaldes hin. So zum Beispiel die Bergnamen Tromm was aus dem
keltischen Druim (Rücken) stammt, oder Berge in welchen das Wort Ross vorkommt,
vermutliche Bedeutung: Vorgebirge. Auch die Gewässernamen wie etwa Rhein, Main und
Neckar die rund um den Odenwald fließen, sind etymologisch keltischen Ursprungs.
Am Ende der römischen Herrschaftszeit in Germanien, welche durch die Völkerwanderung
gekennzeichnet war, gab der germanische Volkstamm der Burgunder ein kurzes Gastspiel am
Rhein. Als Föderaten (Bundesgenossen) der Römer durften sie sich im Gebiet zwischen
Worms, Alzey und Mainz niederlassen. Es kann angenommen werden, dass auch die
Burgunder das vorhandene römische Nachrichtennetz nutzten und in seinem Gebrauch
unterwiesen wurden.
Fast 300 lange Jahre sollte es dauern bis mit dem Kloster Lorsch wieder so etwas wie ein Kulturträger in den Randgebieten des Odenwaldes Einzug hielt. Und diese Kulturträgerfunktion lockte immer mehr spendenwillige Adelige an, welche für ein "Vergelts Gott!" dem Kloster Ländereien und Geld vermachten. Schon sehr früh verfügten die Mönche über einen Kernbesitz das ungefähr dem Gebiet des heutigen Südhessens entspricht.
Mehrere Burgen an der Bergstrasse sind Gründungen des Klosters. Es kann daher schon mit
einiger Wahrscheinlichkeit angenommen werden dass die Mönche zur Verständigung
zwischen dem Kloster und den Burgen Feuer und Lichtzeichen benutzten. Doch die
Klosterzeit verging und machte dem Ende des Mittelalters Platz.
Obwohl in diese Zeit die Erfindung des Schießpulvers fällt, haben wir keine Nachrichten über Signalfeuer. (Über die Eroberung der Burg Tannenberg oberhalb der Gemeinden Seeheim -
Jugenheim im heutigen Landkreis Darmstadt Dieburg liegen wesentlich mehr Urkunden vor,
so dass diese Burg getrost als erste Burg in Deutschland gezählt werden darf, welche durch
Schusswaffen in Form von Pulvergeschützen zerstört wurde)
Urkundlich erwähnt werden Signal- oder Lärmfeuer wie man sie später nannte zum ersten mal in der Zeit des dreißigjährigen Krieges.
Die Lärmfeuerlinie vom Rhein zum Spessart
Gernsheim, Worms, Lorsch, Hohenstein, Schönberg, Heppenheim, Neunkircher Höhe, Spessartkopf, Lärmfeuer (Mossautal), Morsberg, Zeller Kopf, Hohe Strasse, Otzberg, Breuberg, Würzberg, Krähberg, Sensbacher Höhe.
Die höchsten Berge des Odenwaldes waren zu dieser Zeit durch ein Netz von Signalstationen
verbunden, die es ermöglichten, wichtige Nachrichten in kurzer Zeit von einem Ende des
Gebirges bis zum anderen zu übermitteln. Ob es die Nachfahren der römischen Signalfeuer
waren, lässt sich mit Sicherheit nicht mehr feststellen, kann aber angenommen werden.
Ebenso wenig lässt sich die Frage beantworten, ob die Odenwälder Signallinie ein Teil
eines großen Nachrichtennetzes bildete, welches das Rheingebiet mit dem Innern
Deutschlands verband. Jedenfalls bildeten sie damals einen Teil einer großen
Verteidigungsanlage, die das Gebirge und die vorgelagerte Rhein- und Mainebene umspannte
und zur Alarmierung der Bevölkerung beim Anmarsch feindlicher Truppen diente.
Die Anlage zog in mehreren parallel laufenden Linien quer über das Gebirge und gliederte
sich in einen Kurmainzer und einen Erbacher Teil, die beide als ein planmäßig ausgebautes
Ganzes ineinander griffen und so die rasche Alarmierung und Verteidigung aller Odenwälder
Kleinstaaten ermöglichen sollte.
Die Alarmlinie begann an zwei Stellen am Rhein, bei Gernsheim und auf der Rheinschanze
gegenüber von Worms und zog über die Sanddüne (das ehemalige Klostergelände) zur
Starkenburg bei Heppenheim (ebenfalls ehemaliger Klosterbesitz).
Hier teilte sie sich in einen nördlichen und einen südlichen Zweig. Der nördliche Zweig lief
über den Hohenstein und die Neunkircher Höhe zum Otzberg und Breuberg und von hier aus
in die Mainebene, der südliche über den Spessartkopf (Mossautal, Ortsteil. Güttersbach) , die
Sensbacher Höhe und dem Krähberg , (nicht zu verwechseln mit dem Krehberg bei
Seidenbuch) zur Kammlinie des östlichen Odenwaldzugs zwischen Eulbach und Würzberg.
Zwischen diesen Hauptlinien lagen kleine Lärmfeuerstationen. Wie zum Beispiel auf dem
Schöllenberg bei Erbach, auf dem Zellerkopf bei Michelstadt, auf dem Reichenberg
(Reichelsheim) und auf anderen weit sichtbaren Punkten.
Geht man davon aus, dass vom Hohenstein zur Starkenburg keine Sichtverbindung besteht,
können wir mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen das es auch im Lautertal mindestens
zwei, wenn nicht sogar mehrere Signalfeuer gegeben haben muss. Es könnte sogar sein, dass
in der bekannten Riesensage des Lautertales die Erinnerung an diese Signalstationen verborgen
ist.
In dieses Signalfeuernetz wiederum waren die Alarm- und Sammelplätze der bewaffneten
Mannschaften der einzelnen Zenten eingebaut. Die Mannschaften waren im Falle eines
Alarms gehalten sich mit Ober- und Untergehr (d.h. wohl mit Speer und Schwert,
später dann mit Büchse und Seitengewehr (Bajonett)) zu versehen, schnellsten zu den
Versammlungsplätzen zu eilen, um dann den Anweisungen ihrer Amtleute zu folgen und sich
zum Einsatz zu den vom Feind bedrohten Stellen zu begeben.
Pfarrer Martin Walter schreibt in der Reichenbacher Chronik, das die Bürger
als Fluchtpunkt die Wälder um Lichtenberg aufgesucht hätten. Dies konnten sie aber
bestimmt nur dann, wenn sie rechtzeitig vorgewarnt wurden.
Die Lärmfeuer bestanden aus kleinen, offenen Holzhütten, die als Unterkunft der ständig
anwesenden Wachmannschaften dienten. Bei den Hütten waren große Holzstöße
aufgeschichtet, Strohbündel und Pechkränze lagen bereit, um im Falle eines Alarmes
angezündet zu werden. Die Feuer und Rauchsignale und gegebenenfalls Schußsignale wurden
von den benachbarten Lärmfeuern aufgenommen und weitergegeben und übermittelten so in
einfacher Weise rasch, wichtige vorher verabredeten Nachrichten
Die Weitergabe größerer, ( d.h. komplexer Botschaften ) war jedoch durch Lichtsignale nicht
möglich, da die einfachen Lichtquellen eine besondere Zeichengebung durch lange und kurze
Signale nicht zuließen.
Zum letzten Mal wurden die Lärmfeuer um 1800 auf Anordnung des Kurmainzer Kanzlers Freiherr von Albini besetzt. Sie erfüllten jedoch damals die Erwartung nicht mehr, da die Kriegsführung und die Nachrichtenmittel sich im Laufe der Zeit immer weiterentwickelt hatten.
Die Bezeichnung Lärmfeuer hat sich im Odenwald bis in die heutige Zeit unter anderem als
Ortsname (Lärmfeuerberg, Gemeinde Mossautal) als Gaststättenname (Gaststätte und Hotel
Lärmfeuer, Rohrbach, gelegen bei Reichelsheim Odw.) oder als Name einer Musikkapelle
(Lärmfeuer) erhalten.
Bei der Recherche zu diesem Bericht bin ich unter anderem auf ein Buch von Gernot Geise
mit dem Titel " Das keltische Nachrichtensystem " gestossen. Ich weise hier ausdrücklich darauf hin das
es sich hierbei um Spekulationen handelt, die derzeit wissenschaftlich noch nicht bewiesen
sind. Aber da diese Spekulationen in den Rahmen dieses Berichtes passen, möchte ich sie nicht vorenthalten.
Das keltische Nachrichtensystem
Gernot Geise stellt in diesem Buch die Theorie auf, dass bereits die Kelten über ein vorzüglich
ausgebautes Nachrichtensystem auf der Basis von Lichtzeichen verfügt hätten.
Vorausgesetzt, die Kelten hätten die Herstellung von Glas beherrscht, gab ihnen diese Kenntnis
schon wesentlich früher ein Gerät in die Hand welches verblüffend den früher auch bei uns
gebräuchlichen Schusterkugeln ähnelte. Mit Hilfe dieser wassergefüllten Glaskugeln war es
den Schuhmachern möglich ihren meist dunklen Arbeitsplatz nur mit Hilfe einer Kerze gut
auszuleuchten, da die Kugel die Lichtstrahlen bündelt und somit in eine bestimmte Richtung
wirft. Auf diese Weise soll auch das Nachrichtensystem der Kelten funktioniert haben. Geise
weist in seinem Buch nach, dass es mit Hilfe dieser Glaskugeln möglich war Botschaften über
größere Entfernungen zu versenden. Als Nachrichtencode könnte das Ogham Alphabet der
Kelten gedient haben. Besondere Plätze (hochgelegene Bergrücken, Gipfellagen o.ä.)
sogenannte Ludrenplätze wären Standorte für die Signalstationen anzusehen.
Dies ist reine Spekulation, Wissenschaftlich bewiesen ist davon nichts. Wer aber Lust und Laune hat ein wenig herumzuexperimentieren der nehme sich eine kugelförmige Flasche z. B. eine Grappaflasche fülle sie mit Wasser und halte sie vor eine Kerze. Es funktioniert. Das Kerzenlicht wird gebündelt und als Lichtstrahl weitergegeben.
Thomas Maul & Michael E. Wolf
Foto: Feuer auf der Marienhöhe: Römer, Wikinger, Ritter und Landsknechte setzen ein Zeichen gegen Geschichtslosigkeit in der Histotainment-Region Odenwald.
Schusterkugel
Fackelumzug: Die Römer der Spätantike bringen den Rittern des Frühmittelalters das Feuer per Fackel auf die Marienhöhe, die es an die frühe Neuzeit der Landsknechte weiter-"böllern".