fit und munter - Neue Hüfte mit der Yale-Technik: Die Vorteile verschiedener Verfahren vereinen

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Neue Hüfte mit der Yale-Technik: Die Vorteile verschiedener Verfahren vereinen

Patienten mit einer Coxarthrose versprechen sich von einem Kunstgelenk nicht nur eine Linderung ihrer Schmerzen, sondern wünschen sich auch, schnellstmöglich wieder mobil zu sein. Moderne Operationsverfahren schaffen neben weiteren Vorteilen die Voraussetzungen dafür. Dr. Markus Wurster, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie von der OrthoPraxis München Gräfelfing wendet dafür die minimalinvasive, gewebeschonende und mobilitätserhaltende Yale-Technik an.
Sie operieren als einer der wenigen in Deutschland nach der sogenannten Yale-Technik. Was zeichnet diese aus?


Dr. Wurster: Bei dieser Operationstechnik, die an der Yale-Universität in den USA entwickelt wurde, nutzen wir einen vorderen und einen hinteren Zugang zum Hüftgelenk. Über den vorderen wird die Pfannenpositionierung und über den hinteren die Schaftpositionierung exakt durchgeführt. Damit werden die Vorteile des vorderen, das heißt die gute Übersicht über die Pfanne, und des hinteren Zugangs, der gute Blick über den Schaft, in einer Technik vereint. Die exakte Implantatposition ist die Voraussetzung für eine gute Funktion und die Langlebigkeit des Implantates. Beide Schnitte erfolgen dabei sehr muskelschonend, da natürliche Muskellücken als Durchgang genutzt werden. Die Muskulatur wird also kaum traumatisiert, denn es ist nicht notwendig, sie zu durchtrennen oder abzulösen. Durch operationsübliche Haken wird sie so zur Seite gehalten, dass der Operateur eine gute Übersicht über die Anatomie hat und die Prothese präzise positionieren kann. Der Zugang kann bei Bedarf außerdem erweitert werden.


Was sind die Vorteile, z.B. im Vergleich zu früheren Verfahren mit größeren Hautschnitten?

Dr. Wurster: Neben dem geringen Blutverlust, kurzen Wunden und Narben bei gleichzeitig guter Übersicht ist insbesondere die Schonung der Muskulatur von Vorteil. Während bei Standard-OPs wie z.B. dem lateralen Zugang nach Bauer der Gesäßmuskel durchtrennt wird und danach nur schlecht wieder heilt, kann er mit dem Yale-Verfahren geschont werden. Ein postoperatives Hinken wie es früher häufig auftrat, kann verhindert werden. Die Patienten sind sehr viel schneller wieder mobil und können bereits am Tag nach der OP erste Schritte gehen, die Rehabilitaion erfolgt rasch. Sie benötigen außerdem meist weniger Schmerzmittel.


Warum hat sich das Verfahren trotz der genannten Nutzen noch nicht weiter verbreitet?

Dr. Wurster: Bis man die Technik sicher beherrscht, dauert es auch beim geübten Operateur eine ganze Weile. Des Weiteren benötigt man geschultes Personal und spezielles Instrumentarium für den ca. 45-minütigen Eingriff. Wir haben beispielsweise einen Yale-Tisch, auf dem das betroffene Bein am Unterschenkel unterstützt abgelegt, aber trotzdem flexibel durch eine volle Beweglichkeit ist.


Können nur bestimmte Prothesenmodelle über die Yale-Zugänge eingesetzt werden und welches Modell bevorzugen Sie für den Hüftgelenksersatz?

Dr. Wurster: Es besteht keine Beschränkung hinsichtlich der Implantatwahl und es können alle handelsüblichen Kunstgelenke eingesetzt werden. Die Auswahl des Implantates erfolgt anhand individueller Patientenkriterien, die im Vorfeld zu besprechen sind. Intraoperativ kann entschieden werden, ob Knochenzement erforderlich ist. Wenn sich der Prothesenschaft beispielsweise nicht sicher im Knochen verklemmen lässt, ist in diesem Fall das zementierte Vorgehen die richtige Entscheidung. Bei unseren modernen Hüftimplantaten aus Titanlegierungen ist der Prothesenschaft mit einer sogenannten osteoinduktiven Oberfläche beschichtet, was das Einwachsen begünstigt. Meist nutzen wir Hüftprothesen mit Keramikköpfen und hochvernetzten Polyäthyleninlays, die schon lange auf dem Markt sind und sich mit langen Standzeiten bewährt haben. Diese haben mit einem etwas größeren Kopf den Vorteil, dass es weniger häufig zu einer Luxation kommt.


Ist die Yale-Technik eine Domäne der Primärendoprothetik oder können auch Revisionseingriffe so durchgeführt werden?

Dr. Wurster: Sowohl zur Erstimplantation als auch wenn nötig für einen Wechseleingriff eignen sich die zwei Zugangswege. Da die heutigen Endoprothesen modular aufgebaut sind, muss sogar häufig nicht das ganze Implantat, sondern nur der gelockerte Anteil entfernt werden. So kann es beispielsweise genügen, über den vorderen Zugang nur die Pfanne auszutauschen oder durch Öffnung der hinteren Narbe isoliert einen neuen Schaft einzusetzen.


Sie bieten zusätzlich die Möglichkeit einer navigierten Operation in Yale-Technik. Was sind die Vorteile davon?

Dr. Wurster: Einer der großen Vorteile der navigierten Operation ist, dass kein Beinlängenunterschied nach dem Eingriff zu erwarten ist. Denn der navigierte Eingriff mit einem infrarotgesteuerten System, der nur ca. zehn Minuten länger dauert, unterstützt dabei, Faktoren wie den Abstand vom Oberschenkel zum Becken exakt zu berücksichtigen. Dafür werden am Becken und am Oberschenkel Navigationsmarker gesetzt und man kann nach Implantation des Kunstgelenkes erst einmal prüfen, wie es in Bewegung mitgeht, um die Anatomie und damit auch die Funktion perfekt zu rekonstruieren. Durch die Arthrose verändert sich die Anatomie, der Hüftkopf sinkt ein und das Bein wird kürzer. Das weiß man im Vorfeld und kann dies berücksichtigen, indem man z.B. einen Prothesenkopf mit wenigen Millimetern Länge mehr nutzt. Dann gleicht sich der Unterschied wieder aus. Viele Patienten denken nach der Operation erst einmal, dass ihr Bein länger geworden ist, obwohl es nur dem physiologischen Zustand vor der Erkrankung angepasst wurde. Mit der Zeit, wenn sie sich an die neue Situation gewöhnt haben, besteht dieses Gefühl nicht mehr.
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