Mittlerweile wissen es alle: Auf dem Weg zum Wunschgewicht bringen Wunderdiäten nichts außer Frust. Langfristig helfen nur eine konsequente Ernährungsumstellung und ein gesundes Maß an Sport und Bewegung. Doch was tun, wenn man bereits unter Adipositas leidet und nicht in eine Diätspirale kommen möchte? Zum einen gibt es die Möglichkeit der Magenverkleinerung, doch viele schrecken vor einer Operation zurück. Zum anderen gibt es eine Reihe von Medikamenten, die versprechen, die Pfunde purzeln zu lassen. Es hat sich herausgestellt, dass die meisten der in Apotheken erhältlichen Schlankheitsmittel ihr Geld nicht wert sind. Zu klein ist der Effekt, zu groß die Nebenwirkungen. Momentan erlebt ein Medikament eine Renaissance, das vor wenigen Jahren vom Markt genommen wurde. Die Rede ist von Sibutramin, besser bekannt unter seinem Markennamen Reductil. Auf zahlreichen Online-Plattformen kann man nun wieder Reductil kaufen. Was ist der Grund für die erneute Popularität dieses Schlankheitsmittels und warum wurde es eigentlich verboten?
Reductil enthält den Wirkstoff Sibutramin, ein Amphetaminderivat mit unbestrittenen Effekten auf das Körpergewicht. Entwickelt wurde es in den späten 1980er-Jahren eigentlich als Antidepressivum, doch für diese Indikation konnte es sich nicht durchsetzen. Schnell entdeckte man jedoch, dass Personen, die mit Sibutramin behandelt wurden, in kurzer Zeit viel Gewicht verloren. In der Folge wurde in diese Richtung weitergeforscht. 1999 kam Reductil auf den Markt, das erste Medikament mit dem Wirkstoff Sibutramin, das für die Behandlung von Adipositas zugelassen war. In dem darauf folgenden Jahrzehnt gehörte es bei dieser Indikation zu den wirkungsvollsten Standardtherapien, die der Medizin jemals zur Verfügung standen. Heute ist es jedoch hierzulande vom Markt verschwunden und nur noch auf Plattformen des Grauen Marktes erhältlich. Was ist passiert?
Mitte des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts berichteten die Medien von adipösen Patienten mit Herz-Kreislauferkrankungen, deren Zustand sich durch Reductil rapide verschlechtert haben soll. Es gab sogar einzelne Todesfälle. 2010 ordnete die europäische Arzneimittelbehörde deshalb das Aussetzen des Verkaufs von Sibutramin an, und das Medikament wurde in den meisten Ländern vom Markt genommen. Nur in wenigen Staaten (außerhalb Europas) ist es heute noch erhältlich. Kritiker bemängeln, dass der Zusammenhang zwischen den genannten Herz-Kreislauferkrankungen und dem Einsatz von Sibutramin nie eindeutig nachgewiesen werden konnte. Bei den Todesfällen handelte es sich durchwegs um Patienten, die eine weit höhere als die therapeutisch empfohlene Dosis eingenommen haben. Es wurden Vermutungen geäußert, dass das Sibutraminverbot in Wirklichkeit aufgrund einer gezielten Negativkampagne der Pharmaindustrie durchgesetzt wurde, die den Absatz ihrer anderen Schlankheitsprodukte durch Sibutramin bedroht sah.
Viele Übergewichtige Patienten und deren Ärzte haben in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass es keines der momentan erhältlichen Abnehmmedikamente mit Sibutramin/Reductil aufnehmen kann. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich schon nach kurzer Zeit neue Wege und Möglichkeiten abseits der niedergelassenen Apotheken entwickelten, wo man als Privatperson Reductil kaufen kann, und das mitunter sogar ohne Rezept. Eine abschließende Bewertung über das Risiko-/Nutzenverhältnis kann an dieser Stelle nicht erfolgen. Die Entscheidung für oder gegen Reductil ist jedem Patienten selbst überlassen, wobei aber idealerweise ein Arzt in die Entscheidungsfindung einbezogen werden sollte. Zu bedenken ist auch, dass die Online-Angebote für Reductil durchwegs teurer sind als die früheren Apothekenpreise. Auch ist eine Erstattung durch die Krankenversicherung ausgeschlossen, wenn man Medikamente auf dem grauen Markt erwirbt.