"Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland
steigt, aber wer nur Köpfe zählt, macht es sich zu einfach. Die
Realität ist komplexer. Uns fehlen Arztstunden. Und wenn wir nicht
endlich entschieden gegensteuern und mehr Ärzte ausbilden, dann wird
sich dieser Mangel verschärfen." So kommentierte Prof. Dr. Frank
Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), die
Ärztestatistik für das Jahr 2017.
Wie aus den Daten der Bundesärztekammer hervorgeht, waren im Jahr
2017 im Bundesgebiet 385.149 Ärztinnen und Ärzte ärztlich tätig. Dies
waren zwar etwas mehr als im Vorjahr (+ 6.542), gleichzeitig steigt
aber in einer Gesellschaft des langen Lebens der Behandlungsbedarf.
Derzeit prognostiziert das Statistische Bundesamt bis zum Jahr 2040
eine Steigerung des Bevölkerungsanteils der über 67-jährigen um 42
Prozent. Für das Statistikjahr 2016 meldet das Amt 19,5 Millionen
Behandlungsfälle in den Krankenhäusern. Hinzu kommen rund eine
Milliarde Arztkontakte jährlich in den Praxen.
Nach der Statistik der Bundesärztekammer stieg die Zahl der
Krankenhausärzte nur leicht um 2,1 Prozent auf 198.500. Bei der Zahl
der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ist sogar ein Rückgang um
1.285 auf 118.356 zu verzeichnen; dies entspricht einem Minus von 1,1
Prozent. Montgomery begrüßte in diesem Zusammenhang die im
Koalitionsvertrag angelegten Maßnahmen zur Bekämpfung des
Ärztemangels. Dirigistische Eingriffe wie die geplanten
Mindestsprechstundenzeiten trügen jedoch nicht dazu bei, die
Niederlassung in eigener Praxis attraktiver zu machen. Statt einer
Erhöhung der Mindestsprechstundenzeiten sei eine stärkere
Flexibilisierung notwendig.
Tatsächlich arbeiten niedergelassene Vertragsärzte schon jetzt
durchschnittlich mehr als 50 Stunden. In den Krankenhäusern ist es
ähnlich: Nach Erhebungen des Marburger Bundes sind viele Ärzte im
Krankenhaus (40 Prozent) 49 bis 59 Stunden pro Woche im Einsatz,
jeder fünfte hat sogar eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von
60 bis 80 Stunden, inklusive aller Dienste und Überstunden. Zum
Vergleich: Das Statistische Bundesamt beziffert die durchschnittliche
Wochenarbeitszeit aller Erwerbstätigen in Deutschland auf 35,6
Stunden.
"Ein großer Teil unserer Ärzte arbeitet am Limit. Gleichzeitig
sind gerade in der jungen Generation viele nicht mehr bereit, sich
auf Kosten der eigenen Gesundheit aufzureiben", sagte Montgomery mit
Blick darauf, dass sich immer mehr Ärzte für eine Festanstellung im
ambulanten Bereich entscheiden.
Nach der Ärztestatistik ist der Anteil der Ärztinnen an der
Gesamtzahl der berufstätigen Ärzteschaft im vergangenen Jahr weiter
angestiegen und hat jetzt 46,8 Prozent (2016: 46,5 Prozent) erreicht.
Aus der aktuellen Statistik wird auch deutlich, dass der
demografische Wandel längst die Ärzteschaft selbst betrifft. So hat
sich die Verteilung der berufstätigen Ärzte auf die Altersgruppen
weiter zu den höheren Altersjahren verschoben. Der Anteil der unter
35-jährigen Ärzte ist zwar um 0,1 Prozentpunkte auf 18,9 Prozent
gestiegen, aber gleichzeitig ist der Anteil der über 59-Jährigen auf
18,4 Prozent angewachsen (Vorjahr: 17,9 Prozent). Weiterhin ist der
Anteil der 40- bis 49-Jährigen von 23,3 Prozent auf 22,7 Prozent
zurückgegangen und der Anteil der 50-bis 59-Jährigen von 28,4 Prozent
auf 28,2 Prozent gesunken. Dennoch gibt es viel mehr 50- bis
59-Jährige (108.559) als 40- bis 49-Jährige (87.280).
Das Durchschnittsalter der Krankenhausärztinnen und -ärzte stieg
um 0,1 Jahre auf 41,7 Jahre. Während der Anteil der
Krankenhausärztinnen und -ärzte, die jünger als 35 Jahre sind, bei
33,4 Prozent stagniert, erhöhte sich der Anteil der über 59-Jährigen
auf 7,3 Prozent (Vorjahr: 7 Prozent). Bei den niedergelassenen
Ärztinnen und Ärzten stagnierte der Anteil der unter 40-Jährigen bei
2,7 Prozent. Zugleich ist der Anteil der mindestens 60-Jährigen von
32,6 Prozent auf 33,9 Prozent gestiegen.
Diese Entwicklungen tragen dazu bei, dass in Zukunft trotz
steigender Arztzahlen in Deutschland Ärzte fehlen werden. Für den
BÄK-Präsidenten liegen die Ursachen klar auf der Hand: "Es handelt
sich hier in erster Linie nicht um ein Verteilungs-, sondern um ein
Kapazitätsproblem. Wir bilden zu wenig Ärzte aus." Daher dürfe die
Politik bei der Umsetzung des "Masterplans Medizinstudium 2020" nicht
weiter trödeln. "Bund und Länder stehen gemeinsam in der Pflicht, die
Zahl der Medizinstudienplätze um mindestens zehn Prozent zu
erhöhen", fordert Montgomery.
Nach der Ärztestatistik haben im vergangenen Jahr 1.965 Ärztinnen
und Ärzte Deutschland verlassen. Die beliebtesten Auswanderungsländer
sind - wie in den vergangenen Jahren - die Schweiz (641), Österreich
(268) und die USA (84). Für etwas Entlastung sorgt die weiterhin
recht hohe Zuwanderung aus dem Ausland. Der Ärztestatistik zufolge
ist die Zahl der in Deutschland gemeldeten Ärztinnen und Ärzte aus
EU-Ländern und aus sogenannten Drittländern im Jahre 2017 um 4.088
auf 50.809 gestiegen.
"Gerade in ländlichen Regionen leisten Ärztinnen und Ärzte aus dem
Ausland einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der
medizinischen Versorgung. Wir können und sollten aber nicht
versuchen, unser Fachkräfteproblem im ärztlichen Dienst durch
Zuwanderung aus dem Ausland zu lösen", sagte Montgomery. Die
zugewanderten Kollegen fehlten in ihren Herkunftsländern. Auch seien
enorme Anstrengungen nötig, die für eine gute Patientenversorgung
notwendigen Fachsprachen-Kenntnisse zu prüfen. Die Ärztekammern
engagierten sich auf diesem Gebiet in besonderer Weise.
Montgomery erneuerte in diesem Zusammenhang seine Forderung, dass
ausländische Ärzte aus Staaten, die nicht der Europäischen Union
angehören, einen Nachweis über ihre Kenntnisse und Fähigkeiten durch
Teilnahme am medizinischen Staatsexamen, d. h. durch Ablegen einer
Prüfung analog dem 2. Abschnitt der "Ärztlichen Prüfung" und durch
Teilnahme am 3. Abschnitt der "Ärztlichen Prüfung" erbringen sollten,
um in Deutschland eine Zulassung zu erhalten. "Patienten haben einen
Anspruch auf eine qualitativ hochwertige Behandlung. Deshalb muss
auch bei zugewanderten Medizinern aus dem Ausland zweifelsfrei
geklärt werden, dass sie über die gleichen Fähigkeiten und Kenntnisse
verfügen, wie ihre in Deutschland ausgebildeten Kollegen", sagte
Montgomery.
Die Ärztestatistik im Internet unter
http://www.bundesaerztekammer.de/aerztestatistik2017/
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