Übergewichtige Patienten stellen den
Anästhesisten während einer Narkose und bei Behandlungen auf der
Intensivstation vor besondere Herausforderungen. Über dieses Phänomen
diskutieren Narkoseärzte, Intensivmediziner, Notfallmediziner und
andere Interessierte neben einer Vielzahl anderer Themen auf dem
"Deutschen Anästhesie Congress" (DAC), der heute in Nürnberg zu Ende
geht.
"Wir müssen damit rechnen, dass wir in den nächsten Jahren
deutlich mehr übergewichtige Patienten in den Krankenhäusern zu
Operationen und auf den Intensivstationen haben werden", beschreibt
Professor Dr. med. Martin Welte, Kongresspräsident des DAC in diesem
Jahr, die Entwicklung. Welcher zusätzliche Aufwand und welche
Schwierigkeiten sich durch das Übergewicht bei der Behandlung eines
Patienten ergeben, hänge dabei von der Ausprägung des Übergewichtes,
der Adipositas, ab. Professor Welte erklärt: Bei einem
Body-Mass-Index von 30 bis 35 bestehe kein erhöhtes Risiko für eine
Narkose. Ab einem Index von 40 müsse aber schon vermehrt mit
Komplikationen gerechnet werden. Welte nennt hier vor allem
Herausforderungen bei der Beatmung in der Narkose und beim Aufwachen
nach der Operation, wenn die Patienten noch nicht wach genug und die
Narkosemedikamente noch nicht abgebaut sind und eine verstärkte
Überwachung der Atmung notwendig wird. Außerdem erfordern
übergewichtige Patienten auch stabilere Operationstische und mehr
Personal, um die Operierten und Erkrankten anheben zu können: "Dies
ist auch ein logistisches Problem".
Bedeutende Schnittstelle zwischen Forschung und Klinik
"Wissen leben": Mit diesem Motto ist der DAC 2018 überschrieben:
"Wir müssen etwas wissen, und dies dann sinnvoll in der Praxis leben,
das heißt umsetzen", erklärt Professor Dr. med. Bernhard Zwissler,
Präsident der "Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und
Intensivmedizin" (DGAI) den Leitsatz. Der Kongress in Nürnberg sei
sehr bedeutsam als Schnittstelle zwischen Forschung und Klinik, um
neues, theoretisches Wissen in die Praxis zu übertragen und den
Patienten zugutekommen zu lassen. Hier geht es um alle vier
Teilbereiche der Anästhesie gleichermaßen: Um Narkosen,
Intensivmedizin, Notfallmedizin und die Schmerztherapie mit der
Palliativmedizin als benachbartes Fach. Dabei präsentiert sich der
Anästhesiekongress 2018 in einem neuen Gewand: Ärzte, Pflegekräfte
und andere Besucher sollen sich auf der Tagung noch besser
zurechtfinden und die Vorträge noch stärker für ihre praktische
Arbeit verwenden können.
Verwirrtheit nach Narkose als Herausforderung und Gefahr
Im Bereich der Intensivmedizin ist für die Anästhesisten die
Vermeidung von Durchgangssyndromen, von Delir, inzwischen eine große
Aufgabe. Auch darüber wird auf dem DAC in Nürnberg beraten. Es
handelt sich dabei um einen vorübergehenden Verwirrtheitszustand zum
Beispiel nach einer Hüft- oder einer Herzoperation: Die Patienten
sind sehr unruhig, können von Schwestern und Ärzten auf der
Intensivstation kaum geführt werden, erkennen ihre Umgebung und ihre
Angehörigen tagelang nicht mehr und laufen auch Gefahr, sich selbst
zu gefährden. Professor Welte sagt, dass auch diese Fälle im Zuge des
demographischen Wandels in Zukunft zahlreicher werden: Es gelte,
gefährdete Patienten schon frühzeitig zu erkennen und, dass
Pflegepersonal und Ärzte bei der Versorgung der Menschen nach
abgestimmten Konzepten Hand in Hand arbeiten.
"Cannabinoide als neue Schmerzwunderdroge?"
Auf dem Kongress ebenfalls auf großes Interesse stößt ein Bericht
über Erfahrungen bei der medizinischen Anwendung von Cannabis:
"Können Cannabinoide als neue ,Schmerzwunderdroge'' bezeichnet
werden?", lautet die Frage. Seit mehr als einem Jahr können
Schwerkranke in Deutschland Cannabis auf Rezept bekommen. Unter den
Schmerztherapeuten wird außerdem diskutiert, ob der aus den USA
bekannte Missbrauch starker Schmerzmittel, der Opioide, auch
hierzulande zu einem größeren Problem werden könnte?
Telemedizin bringt Notarzt-Wissen überall hin
Einen weiteren Schwerpunkt auf dem DAC stellt die Notfallmedizin
dar. Die Notärzte, die mit dem Notarztwagen oder dem
Rettungshubschrauber zu Notfällen und Unfällen gerufen werden, sind
in Deutschland in den meisten Fällen Anästhesisten. Ihre Arbeit wird
in den kommenden Jahren zunehmend durch Telemedizin unterstützt:
"Darauf können wir nicht verzichten", macht Kongresspräsident Welte
deutlich. Angesichts von Fachkräftemangel - auch im Rettungsdienst -
und dem Auftrag, eine wohnortnahe Notfallversorgung zu gewährleisten,
sei die Telemedizin zunehmend bedeutsam: Rettungsdienstkräfte können
sich im Einsatz per Mobiltelefon und Datenübertragung an einen
Notarzt in einer Zentrale wenden, der sie dann unterstützt, bis der
mobile Notarzt helfen kann. Solche Systeme stehen inzwischen unter
anderem in der Region Aachen und im Landkreis Vorpommern-Greifswald
zur Verfügung.
Und so bildet der "Deutsche Anästhesie Congress" wieder das
gesamte breite Spektrum der Anästhesie mit ihren Teilbereichen ab.
Weit über 200 Veranstaltungen standen an den drei Tagen auf dem
Programm: Vorträge, Präsentationen und Workshops. Auf einem
Pflegekongress wurden Vorträge speziell für Schwestern und Pfleger
aus Anästhesie und Intensivmedizin angeboten. Erstmals hatten die
Besucher durch die neuen Programminstrumente "Themennavigator" und
"Themenpfad" die Möglichkeit, eine Auswahl an Veranstaltungen nach
persönlichen Interessen zusammenzustellen und nichts zu verpassen.
Mehr als 3000 Teilnehmer waren in Nürnberg mit dabei.
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