Mit Kritik in der Sache, aber auch mit einem klaren
Bekenntnis zur konstruktiven Zusammenarbeit mit der Politik, hat
heute Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery
den 121. Deutschen Ärztetag in Erfurt eröffnet. Montgomery betonte
die Bereitschaft der Ärzteschaft, bei den anstehenden Reformen
Verantwortung zu übernehmen und reklamierte eine Beteiligung der
Ärzteschaft an den vorgesehenen Expertenkommissionen zur
Sektorenübergreifenden Versorgung sowie zu Gebührenordnungsfragen.
"Wir brauchen hier die Expertise derjenigen, die im Gesundheitswesen
tätig sind. Gemeinsam mit der Politik können wir viel bewegen", sagte
Montgomery in seiner Eröffnungsrede vor rund 1.000 Delegierten und
Gästen des Ärztetages.
Der Bundesärztekammer-Präsident begrüßte die von der
Bundesregierung geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der
Personalsituation in der Pflege, insbesondere die vorgesehene
Refinanzierung von Tarifsteigerungen. Dieser Schritt sei jedoch nicht
nur für die Pflege dringend erforderlich, sondern für alle
Beschäftigten in den Kliniken, auch für die "jungen Ärztinnen und
Ärzte, die unter die arztspezifischen Tarifverträge fallen", stellte
Montgomery klar. Angesichts des Fachkräftemangels müsse ein so
reiches Land wie Deutschland mehr unternehmen, damit die Berufe im
Gesundheitswesen wieder attraktiver werden.
Deutliche Kritik äußerte Montgomery an den geplanten
Reformmaßnahmen im ambulanten Bereich. Mit Blick auf die vorgesehene
Erhöhung der Pflichtsprechstundenzahl erinnerte er an die ohnehin
schon enorme Arbeitsbelastung der Vertragsärzte in einem budgetierten
System. Wenn die Politik steuernd eingreifen wolle, sollte sie sich
fragen, ob sie ausschließlich beim Arzt ansetzen sollte.
Mit Blick auf die nach wie vor ungelösten Probleme in den häufig
völlig überlasteten Notfallambulanzen forderte der BÄK-Präsident:
"Man muss die Patienten steuern, damit das knapp gewordene Gut
''Arztstunden'' denen zugutekommt, die es wirklich benötigen." Das
jüngst verabschiedete Notfallkonzept des Gemeinsamen
Bundesausschusses bringe jedoch weder mehr Ärzte, noch mehr
Kapazitäten für notleidende Patienten.
Montgomery erneuerte seine Forderung an die Bundesländer,
zusätzliche Studienplätze in der Humanmedizin zu finanzieren.
"Arztstunden, ja Ärzte insgesamt sind knapp geworden." Es sei auch
kein Ausweg, Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland nach Deutschland zu
holen, um Versorgungslücken zu schließen. "Diese Kollegen sind uns
sehr willkommen", stellte er klar. Sie fehlten aber in ihren
Herkunftsländern, außerdem müsse für eine Tätigkeit in Deutschland
neben der Sprachprüfung auch eine intensive Prüfung der medizinischen
Kenntnisse erfolgen. Der Deutsche Ärztetag werde die Forderung
diskutieren, dass alle Ärztinnen und Ärzte aus Drittstaaten für eine
Tätigkeit in Deutschland ein deutsches Staatsexamen ablegen müssen,
kündigte er an. Der Patientenschutz gebiete Qualitätsnachweise zum
Kenntnisstand.
Ein weiteres Thema, das in den vergangenen Wochen und Monaten
intensiv diskutiert wurde, ist der Umgang mit dem Paragraphen 219a
(Verbot von Werbung für Abtreibungen). Montgomery warnte vor einer
erneuten Grundsatzdebatte über Abtreibung und sprach sich stattdessen
für pragmatische Lösungen aus. Denkbar sei ein leicht zugängliches
Internetportal, betrieben von einer unabhängigen Institution im
gesetzlichem Auftrag, über das sich Frauen über den Eingriff als
solchen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Beratungsinstanzen
und auch über die Ärztinnen und Ärzte informieren können, die den
Eingriff vornehmen. "Hilfe für Menschen in Not: Das muss unser Ziel
sein", sagte der BÄK-Präsident.
Mit besonderer Spannung erwartet werden die Ärztetagsberatungen
zur ausschließlichen Fernbehandlung. Der letztjährige Deutsche
Ärztetag hatte der Bundesärztekammer einen Prüfauftrag für eine
mögliche Änderung der (Muster-)Berufsordnung erteilt. "Wenn nicht wir
diese Behandlungsform gestalten, wird sie wohl dennoch zu uns
kommen", sagte Montgomery mit Blick auf entsprechende Angebote zur
Fernbehandlung aus dem Ausland. Er forderte in diesem
Regelungsbereich ein Vorgehen mit "Augenmaß", bei dem
Patientensicherheit, Datenschutz, aber auch die rechtliche Sicherheit
des Arztes gewährleistet sind.
Die 250 Abgeordneten des Deutschen Ärztetages befassen sich bis
Freitag mit gesundheits-, berufs- und sozialpolitischen Themen. Dabei
wird neben der Novelle der (Muster-)Weiterbildungsordnung und der
Gebührenordnung für Ärzte die Versorgung psychisch kranker Menschen
beraten. "Die Abgeordneten werden sich gemeinsam mit namhaften
Referenten den Möglichkeiten ärztlicher Psychotherapie im Hinblick
auf Diagnostik, Therapie und Prävention widmen und
Versorgungskonzepte diskutieren", kündigte der BÄK-Präsident an.
Die Rede von Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich
Montgomery zur Eröffnung finden Sie unter: http://www.bundesaerztekam
mer.de/aerztetag/121-deutscher-aerztetag-2018/eroeffnungsrede-prof-mo
ntgomery/
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