Der Deutsche Ärztetag in Erfurt hat den Weg für
Fernbehandlungen zwar freigemacht. Einen Freifahrtschein für jedwede
Anbieter und Art der Fernbehandlung haben die Ärzte jedoch nicht
ausgestellt: Fernbehandlung soll in den Händen der Ärzte bleiben und
im Rahmen der bisherigen Versorgungsstrukturen angeboten werden
können. Die Freie Ärzteschaft begrüßt diese Klarstellung:
"Fernbehandlung soll nicht die Kommerzialisierung des
Gesundheitswesens durch kapitalorientierte Gesellschaften verstärken
und beispielsweise in Callcentern stattfinden", sagte Wieland
Dietrich, Vorsitzender der Freien Ärzteschaft (FÄ) am Freitag in
Erfurt. "Im Sinne der medizinischen Qualität ist das eine wichtige
Einschränkung der Fernbehandlung, die der Patientensicherheit dient.
Die Fernbehandlung wird in anderen Ländern als Sparmaßnahme
eingesetzt - das wollen die Ärzte in Deutschland nicht."
Auf Antrag der Freien Ärzteschaft wurde auch Krankschreibungen im
Rahmen ausschließlicher Fernbehandlung eine Absage erteilt. Dietrich
erläutert das: "Eine Krankschreibung per Telefon oder Videokonferenz
ist bei unbekannten Patienten nicht erlaubt. Im Gegensatz zum
persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt bietet die Fernbehandlung keine
ausreichende Basis, um als Arzt dazu eine sachgerechte Entscheidung
treffen zu können." Sehr skeptisch zeigte sich die Ärzteschaft auch
gegenüber ärztlichen Verordnungen, beispielsweise von Medikamenten,
Physiotherapien oder Soziotherapien, sowie Überweisungen durch
ausschließliche Fernbehandlung. Ob dies künftig möglich sein soll,
muss die Bundesärztekammer nun prüfen.
Diese Beschlüsse wenden sich verstärkt gegen renditeorientierte
Medizin und haben klargestellt, dass die persönliche Behandlung der
Patienten durch regelmäßig praktisch tätige Ärzte die Qualität der
Medizin sichert. "Fernbehandlung ist", so Dietrich, "mit
Einschränkungen verbunden: Körperliche Untersuchungen, wie Lunge
abhören oder Bauch abtasten, sind nicht möglich, ebenso wenig
Blutabnahmen und technische Untersuchungen. Auch die Kommunikation
ist eingeschränkt - der überwiegende Teil der Kommunikation läuft
nonverbal ab." Kritisch sieht der FÄ-Chef außerdem, wenn Ärzte
künftig eventuell nur noch Fernbehandlung durchführen, da ihnen die
praktische Routine abhandenkommt und sie neue Untersuchungen und
Behandlungen praktisch nicht kennenlernen.
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den
Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und
zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene
Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des
Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der
FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im
Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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