Im Rechtsstreit vor dem Bundespatentgericht um den
Rechtsbestand des ergänzenden Schutzzertifikats für das
Kombinationsarzneimittel und Blockbuster Aids-Präparat TRUVADA®,
welches zur HIV-Behandlung und zur HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe
zugelassen ist, konnten die vier klagenden Generikahersteller gegen
die Rechteinhaberin und Herstellerin des hochpreisigen Arzneimittels,
dem Pharmazie- und Biotechnologieunternehmen Gilead Sciences, Inc.
aus den USA, in erster Instanz obsiegen. Gegen dieses Urteil kann
noch Berufung zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingelegt werden.
Der 4. Nichtigkeits-Senat des Bundespatentgerichts hat durch
Urteil vom 15.05.2018 (Aktenzeichen 4 Ni 12/17, verbunden mit 4 Ni
14/17, 4 Ni 19/17 und 4 Ni 21/17) das für die
Wirkstoffzusammensetzung zweier antiretroviraler Wirkstoffe
(Tenofovir Disoproxil und Emtricitabin) erteilte und angegriffene
Arzneimittel-Schutzzertifikat für nichtig erklärt und damit die
Rechtsauffassung der Klägerinnen bestätigt, dass dieses nicht hätte
erteilt werden dürfen, wodurch die Beklagte kein ausschließliches
Vermarktungsrecht für Arzneimittel mit diesen Wirkstoffen mehr hat.
Das unter der Marke TRUVADA® vertriebene Arzneimittel hat nicht
nur große Bedeutung als HIV-Medikament, sondern beschäftigt im
Hinblick auf den Schutz durch Arzneimittel-Schutzzertifikate auch
europaweit angerufene Gerichte (so z.B. Tribunal De Grande Instance
De Paris, Barcelona Commercial Court) einschließlich den Gerichtshof
der Europäischen Union (EuGH). Dieser wurde im Rahmen eines
Vorabersuchens zur Auslegung der Verordnung (EG) 469/2009 über das
ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (AM-VO) durch den
Londoner High Court of Justice angerufen. Ergänzende
Schutzzertifikate für Arzneimittel werden von den nationalen Ämtern
erteilt, so in der Bundesrepublik Deutschland durch das Deutsche
Patent- und Markenamt (DPMA).
Dem jetzigen Urteil vorangegangen war bereits im Juli 2017 eine
vorläufige negative Bewertung des Rechtsbestands des nunmehr nichtig
erklärten Arzneimittel-Schutzzertifikats durch den 4. Senat im Rahmen
eines sogenannten qualifizierten Hinweises mit der Folge, dass im
parallelen Verletzungsrechtstreit vor dem LG München (Urteil vom
17.08.2017 - 7 O 11152/17) in insgesamt sieben einstweiligen
Verfügungsverfahren entsprechende Unterlassungsbegehren der Firma
Gilead im Hinblick auf die Auffassung des Bundespatentgerichts als
unbegründet zurückgewiesen wurden. In der Folge sind seit August 2017
Generika gelistet, die deutlich unter dem Listenpreis des Originals
liegen.
Az.: 4 Ni 12/17
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