Im April 2018 feierte das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz
(HHVG) sein erstes Jubiläum. Es sollte spürbare Verbesserungen für
Patienten anstoßen. Und: Krankenkassen sollten bei der Versorgung mit
Hilfsmitteln künftig nicht nur auf den Preis schauen, sondern
verstärkt auch die Qualität berücksichtigen. "Leider herrscht in
Punkto Qualität immer noch keine Transparenz für die Versicherten.
Dabei gibt es gerade im Hilfsmittelbereich große Unterschiede
zwischen den Kassen", sagt Dr. Gertrud Demmler, Vorständin der
Siemens-Betriebskrankenkasse SBK. "Die zeitnahe Versorgung mit
hochwertigen Inkontinenz- oder Stoma-Artikeln kann für Betroffene
einen massiven Beitrag zur Lebensqualität bedeuten. Trotzdem ist die
Leistungsbereitschaft von Kassen eine Black Box. Das sollten wir
ändern." Die SBK legt erstmals Zahlen vor und fordert diesbezüglich
mehr Vergleichbarkeit für die Versicherten.
Bereits im letzten Jahr forderte die damalige Patientenbeauftragte
der Bundesregierung Ingrid Fischbach eine erweiterte Berichtspflicht
für Krankenkassen, unter anderem auch im Bereich Hilfsmittel. Der
Fokus solle auf der Ablehnungsquote bzw. Zahl und Ausgang der
Widerspruchsverfahren liegen. "Will man die Qualität in der
Hilfsmittelversorgung vergleichbar machen, braucht es einheitliche
Kriterien", weiß auch SBK-Vorständin Dr. Gertrud Demmler. Sie fordert
eine GKV-weite Diskussion darüber, welche Parameter das
Genehmigungsverhalten von Krankenkassen aus Versichertensicht am
besten abbilden. "Beschwerden und Widersprüche sind zentrale
Indikatoren für die Leistungsbereitschaft von Krankenkassen - gerade
im Bereich Hilfsmittel. Aus unserer Sicht spielt zudem die
durchschnittliche Bearbeitungsdauer eine entscheidende Rolle für den
Patienten."
Beschwerden
Im Jahr 2017 genehmigten die Kundenberater der SBK über 191.000
Hilfsmittel. In 146 Fällen kam es während der Bearbeitung zu einer
Beschwerde durch den Versicherten. Das ergibt eine Beschwerdequote
von rund 0,08 Prozent. "In 65 Prozent der Fälle ging es dabei um den
Leistungserbringer, also den Dienstleister, der unsere Patienten mit
Hilfsmitteln versorgt. In jedem einzelnen Fall konnten wir durch ein
persönliches Gespräch die Situation für den Versicherten zügig
klären, indem wir den Dienstleister an die vertraglich geregelten
Servicestandards erinnert oder den Patienten eine alternative
Versorgung angeboten haben."
Widersprüche
In 118 Fällen in 2017 reichten betroffene Versicherte gegen eine
Ablehnung im Bereich Hilfsmittel Widerspruch bei der zentralen
Widerspruchsstelle der SBK ein. Bei seiner Prüfung ist der
Widerspruchsausschuss, paritätisch besetzt mit Versicherten und
Arbeitgebern, an das geltende Recht gebunden; in berechtigten Fällen
revidiert er die Entscheidung der SBK. In knapp 80 Prozent der Fälle
hielt die Entscheidung der SBK der unabhängigen Prüfung durch den
Widerspruchsausschuss stand. 17 Versicherte haben nach Bestätigung
der Ablehnung auch durch den Widerspruchsausschuss in 2017 Klage vor
dem Sozialgericht erhoben. Demmler: "Widersprüche gab es unter
anderem bei der Versorgung mit Hörgeräten, bei tragbaren
Defibrillatoren oder der umstrittenen Helmtherapie für Babys. Unsere
Kundenberater konnten die Betroffenen in der Regel schnell und vor
allem rechtssicher unterstützen."
Bearbeitungsdauer 2017
Gerade bei der Versorgung mit Hilfsmitteln spielt die Dauer der
Bearbeitung für Betroffene eine entscheidende Rolle. Eine zügige
Entscheidung über einen Rollstuhl (3,2 Tage), einen Badewannenlifter
(2 Tage) oder ein Krankenbett (5,1 Tage) bedeutet für die Betroffenen
Sicherheit und Mobilität im Alltag. Die schnelle Bearbeitung von
Inkontinenz- und Stoma-Artikeln (2,6 bzw. 3,4 Tage), Tens-Geräten
(2,4 Tage) oder Insulinpumpen (6,5 Tage) leistet einen wesentlichen
Beitrag zu Lebensqualität und Therapieerfolg. "Die Bearbeitungsdauer
ist deshalb seit langem ein relevantes Kriterium im SBK-internen
Benchmark. Sicher - bei zahlreichen Hilfsmitteln braucht es das
medizinische Fachurteil des MDK. Trotzdem darf das keine Ausrede
sein, Patienten länger als drei Wochen zu vertrösten", betont die
SBK-Vorständin .
Weitere Kriterien erarbeiten
Neben Beschwerden, Widersprüchen und der Bearbeitungsdauer fordert
Dr. Gertrud Demmler die GKV auf, weitere Kriterien zu erarbeiten, um
das tatsächliche Agieren von Krankenkassen im Bereich Hilfsmittel für
Versicherte vergleichbar zu machen. "Aus Versichertensicht hoch
relevant ist das Thema wirtschaftliche Aufzahlung, d.h. wieviel
Patienten aus eigener Tasche aufzahlen, um das Wunschprodukt zu
erhalten. Hier hat das HHVG die notwendigen Grundlagen für
Transparenz geschaffen. Die Politik muss diese Entwicklungen nun
nachhalten und Ableitungen treffen. Unsere Erfahrung zeigt zudem,
dass es im Inkontinenzbereich für Patienten zentral ist, zwischen
mehreren aufzahlungsfreien Alternativen wählen zu können. Die Anzahl
der angebotenen Alternativen eignet sich damit ebenfalls als
Qualitätskriterium für Krankenkassen. Insgesamt betrachtet war und
ist die Diskussion um die Qualität in der Hilfsmittelversorgung
wichtig, um Veränderungen für die Patienten anzustoßen. Sie sollte
nicht auf das Thema Ausschreibungen verkürzt werden, sondern sich an
der Versorgungsrealität der Patienten orientieren."
Über die SBK:
Die SBK (Siemens-Betriebskrankenkasse) ist eine der größten
Betriebskrankenkassen Deutschlands und gehört zu den 20 größten
gesetzlichen Krankenkassen. Als geöffnete, bundesweit tätige
Krankenkasse versichert sie mehr als 1 Million Menschen und betreut
über 100.000 Firmenkunden in Deutschland - mit mehr als 1.500
Mitarbeitern in 94 Geschäftsstellen.
Seit über 100 Jahren setzt sich die SBK persönlich und engagiert
für die Interessen der Versicherten ein. Sie positioniert sich als
Vorreiter für einen echten Qualitätswettbewerb in der Gesetzlichen
Krankenversicherung. Voraussetzung dafür ist aus Sicht der SBK mehr
Transparenz für die Versicherten - über relevante Finanzkennzahlen,
aber auch über Leistungsbereitschaft, Beratung und
Dienstleistungsqualität von Krankenkassen. Im Sinne des Kunden
vereint die SBK darüber hinaus das Beste aus persönlicher und
digitaler Welt und treibt die Digitalisierung im Gesundheitswesen
aktiv voran.
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Katrin Edelmann
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