„Auch in Düsseldorf mangelt es den Apothekern in der Regel nicht an Fachkompetenz“, erläutert Egon F. Siebein, Geschäftsführer der Pesquisa GmbH. „Wenn sich die Apotheker aber wenig oder keine Zeit für eine sorgfältige Erfassung der Beschwerden nehmen, was sich in unseren bisherigen Tests schon abzeichnete, dann empfehlen sie häufig auch ungeeignete Arzneimittel oder geben unzureichende Verhaltensempfehlungen ab.“
Mangelnde Anamnese und Produktberatung
Für eine korrekte Beratung und Medikamentenabgabe ist die gründliche Erfassung der Beschwerden und Begleitumstände des Kunden wichtig. Selbst nach Hilfestellung bei der Erfassung patientenspezifischer Umstände, erfolgte nur bei jedem vierten Testkauf (25%) eine umfassende Anamnese durch den Apotheker. Bei 221 Beratungen (40%) wurde die Anamnese zumindest ordentlich, in 196 Fällen (35%) jedoch nur lückenhaft oder praktisch überhaupt nicht durchgeführt. Keine einzige Apotheke im Testfeld konnte sich durch eine umfassende Aufnahme in allen drei Testszenarien auszeichnen. Ähnlich knapp fiel auch die Produktberatung aus, nur in 21% der Apothekenbesuche mit Arzneimittelabgabe wurde diese ausführlich durchgeführt. Das Ergebnis der Apothekentests fällt damit im Vergleich zu einer ähnlichen Studie in Stuttgart noch ein wenig schlechter aus und unterscheidet sich deutlich von Studien in Ulm (und Alb-Donau-Kreis) sowie in Heilbronn (Stadt und Land), in denen zumindest bei jeder zweiten Beratung eine umfassende Anamnese durchgeführt wurde. „Eine nochmalige Verschlechterung der Beratungsleistungen, im Vergleich zum schon sehr dürftigen Ergebnis in Stuttgart, hatten wir so nicht erwartet“, so Siebein, „Hier besteht unbedingt Handlungsbedarf.“
Geeignete Präparate meist erst nach Hilfestellung abgegeben
In nur 4% der Testfälle wurde ein geeignetes Präparat ohne Hilfestellung durch den Tester abgegeben. Erst nach Hilfestellungen in 3 von 4 Beratungsgesprächen (81%) wurden die Tester letztlich zu 85 Prozent richtig beraten. Dennoch wurden bei jedem 10. Besuch (11%) ungeeignete Arzneimittel abgegeben. Lücken in der Anamnese führten sogar in jedem siebten Fall (15%) zu Fehlentscheidungen bei der Medikamentenabgabe und den ausgesprochenen Empfehlungen. Das sind doppelt so viele fehlerhafte Abgaben als nach einer ausführlichen Beratung (6%). „All das verdeutlicht: Je knapper die Anamnese, desto mehr initiative Informationen müssen die Kunden dem Apotheker geben, um wenigstens bedingt geeignete Empfehlungen oder Medikamente zu bekommen“, schätzt Siebein ein.
Perspektiven im Apothekenmarkt
Durch den Wettbewerbsdruck, aber auch durch den selbstauferlegten Anspruch der Apotheken, sind Kompetenz und Servicequalität von herausragender Bedeutung. Die Qualifikation und grundsätzliche Kundenfreundlichkeit in Stuttgart gibt, von zu wenigen Möglichkeiten für eine diskrete Beratung abgesehen, kaum Anlass zur Kritik. Dagegen hatten die Tester häufig den Eindruck, die Apotheker verhielten sich passiv bei der Anamnese und in der Produktberatung, statt ihr Fachwissen initiativ zum Wohle des Kunden einsetzen. Auch die Häufigkeit von Fehlentscheidungen bei der Medikamentenabgabe zeigt, dass hier noch deutliches Verbesserungspotenzial besteht. „Zeitdruck und Stress, zum Teil aber auch Desinteresse und Lustlosigkeit sind dafür zumeist verantwortlich.“, fasst Egon F. Siebein zusammen. „Man stellt sich die Frage, wie die freien Apotheker in Zukunft zum Beispiel gegenüber den Versandapotheken ihre Position behaupten wollen?“
Über die Studie
Alle 186 geöffneten Apotheken in Düsseldorf wurden über einen Zeitraum von vier Wochen dreimal mit unterschiedlichen alltäglichen Fällen konfrontiert, bei denen eine sorgfältige Anamnese von elementarer Bedeutung war:
Fall A: Hustenlösung für einen „trockenen Alkoholiker“:
Hier durfte nur ein Produkt ohne Alkohol abgegeben werden.
Fall B: Ibuprofen für eine hochschwangere Patientin:
kontraindiziert in den letzten Schwangerschaftsmonaten.
Fall C: Aspirin in Verbindung mit Blutverdünner Marcumar:
Die gleichzeitige Einnahme verstärkt die Gefahr innerer Blutungen.
Die Testkäufer waren angehalten, im Beratungsgespräch bis zu drei Hilfestellungen zu geben, wenn die Gefahr bestand, dass der Apotheker ein ungeeignetes Arzneimittel abgeben würde.