Seit Jahren ist in Politik und Gesellschaft klar,
dass exklusive Verträge für die Impfstoffversorgung ein hohes Risiko
für Lieferengpässe bergen. Dennoch will die AOK Nordost an ihrer
Praxis festhalten, Verträge für die Impfstoffversorgung mit nur einem
Hersteller auszuhandeln - und das entgegen dem klaren
gesetzgeberischen Willen. "Die Borniertheit, mit der die AOK Nordost
das Urteil des Landessozialgerichts Frankfurt auslegt, lässt
vermuten, dass es der Kasse in Wahrheit um etwas anderes geht, als um
die Versorgungssicherheit", kommentiert Dr. Martin Zentgraf die
jüngsten Äußerungen der Geschäftsleitung der Kasse.
"Die Risiken in dieser Impfstoffvereinbarung sehen nicht nur wir",
so Zentgraf. So hatte die Vergabekammer des Bundes zuletzt die
Verträge zwischen der AOK Nordost und den drei Apothekerverbänden
ihrer Region für unzulässig befunden, da die Vereinbarungen die Ärzte
in ihrer Verschreibungspraxis lenken. Politiker unterschiedlicher
Fraktionen forderten die Kasse auf, von ihrer riskanten Praxis
exklusiver Impfstoffverträge Abstand zu nehmen. Die
Gesundheitsministerkonferenz hat den Preisdruck und die
Rabattverträge der Kassen als klare Mitursachen für Lieferengpässe
bei versorgungsrelevanten Stoffen ausgemacht und das BMG gebeten, die
Notwendigkeit gesetzlicher Änderungen oder anderer Maßnahmen zu
prüfen. Der Gesetzgeber formulierte mit dem
Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) das klare Ziel, die
Möglichkeit der Impfstoffausschreibungen zu beenden - nachzulesen auf
der Homepage des Deutschen Bundestages (http://ots.de/jh9Sb7). Nun
fügt das LSG Hessen mit seiner aktuellen Entscheidung der Debatte
eine weitere Facette hinzu. Zentgraf: "Die divergente rechtliche
Betrachtung zeigt eines: Hier ist der Gesetzgeber gefordert,
schnellstmöglich für klare gesetzliche Regelungen zu sorgen, die die
Impfstoffversorgung auf sichere Füße stellen."
Der BPI hatte die Impfstoffvereinbarung der AOK Nordost
kritisiert: Die Vertragskonstruktion der AOK Nordost stellt eine
Versorgungssituation her, die in ihrer Wirkung der eines exklusiven
Rabattvertrages gleichkommt und mithin auch dieselben Risiken bei
Lieferausfällen birgt. Allein die letzte Grippesaison hat gezeigt,
wie lebenswichtig eine zuverlässige Impfstoffversorgung ist. Durch
die im Rahmen einer komplexen Vertragskonstruktion für
Grippeimpfstoffe mit mehreren Beteiligten geschaffene Situation
können Apotheker in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern im
Ergebnis Grippeimpfstoffe zu einem Pauschalpreis abrechnen, den
derzeit nur ein Hersteller anbietet. Hersteller, die zu diesem Preis
nicht anbieten können, werden dementsprechend ihre
Impfstoffvorhaltung reduzieren.
Ihre Ansprechpartnerin:
Julia Richter, Tel. 030/27909-131, jrichter@bpi.de
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