Die Organspende in Deutschland muss
dringend durch strukturelle Maßnahmen und einen breiten Kulturwandel
gefördert werden. Darin sind sich Medizinische Fachgesellschaften und
Politik einig. Der anhaltende Rückgang der Organspenden auf einen
historischen Tiefpunkt in 2017 hat seit Anfang dieses Jahres
grundlegende Diskussionen angestoßen. Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn kündigte jüngst, im Anschluss an ein Expertentreffen, ein
breites Maßnahmenpaket sowie mögliche Gesetzesänderungen an, um die
Rahmenbedingungen für die Organspende zu verbessern. In enger
Zusammenarbeit von Bundesgesundheitsministerium und Deutscher
Stiftung Organtransplantation (DSO) soll jetzt unter Einbeziehung
weiterer Partner ein Initiativplan mit konkreten Handlungsschritten
erarbeitet werden.
Die bundesweite Entwicklung der Organspende im ersten Halbjahr
2018* zeigt, dass der dringende Appell, an Organspende zu denken,
erste Wirkung zeigt: Die Zahl der organspendebezogenen Kontakte durch
die Kliniken mit der DSO ist im Vergleich zum ersten Halbjahr 2017 um
20 Prozent gestiegen. Das bedeutet, dass die Entnahmekrankenhäuser in
1.373 Fällen Kontakt zur DSO als Koordinierungsstelle aufgenommen
haben. In den ersten sechs Monaten konnten insgesamt 484 Spendern
Organe für eine Transplantation entnommen werden. Das sind 72 Spender
mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Damit stieg die Zahl
der Organe, die aus Deutschland über Eurotransplant vermittelt werden
konnten um 245 auf 1.576 Organe. Die Anzahl der Transplantationen
stieg ebenfalls von 1.410 auf 1.623.
"Die aktuellen Zahlen sind eine Momentaufnahme, die nicht darüber
hinwegtäuschen darf, dass den Diskussionen jetzt strukturelle
Veränderungen folgen müssen", betont Dr. med. Axel Rahmel,
Medizinischer Vorstand der DSO.
Die gemeinsamen Analysen der DSO mit den Kliniken brachten neue
Erkenntnisse über die möglichen Ursachen, die Organspenden oftmals im
arbeitsintensiven Klinikalltag verhindern. Nicht mehr die angeblich
mangelnde Spendenbereitschaft der Bevölkerung steht damit im
Mittelpunkt der Diskussion, sondern die Forderung nach besseren
Strukturen und Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser. Dazu gehören
klar definierte Rechte und Pflichten für Transplantationsbeauftragte
ebenso wie eine dem Aufwand entsprechende Vergütung der
Entnahmekrankenhäuser. Beide Punkte haben die Regierungsparteien
bereits in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen. Sie sollen im
angekündigten Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden.
Die Analyseergebnisse der DSO zu den Gründen zum Rückgang der
Organspenden wurden jetzt in einer Studie** des Wissenschaftlerteams
um Prof. Dr. med. Thorsten Feldkamp und Dr. med. Kevin Schulte des
Universitätsklinikums Schleswig-Holsteins noch weiter bestätigt. Die
deutschlandweite Untersuchung von mehr als 100 Mio. Behandlungsfällen
der Jahre 2010 bis 2015 von Patienten mit schwerer Hirnschädigung
zeigt, dass die Entnahmekrankenhäuser mögliche Organspender immer
seltener erkennen und melden. Gelänge es, diesen Prozess in den
Krankenhäusern organisatorisch und politisch zu stärken, könnte die
Anzahl der gespendeten Organe erheblich gesteigert werden, so das
Fazit der Studie aus Kiel.
"Weder durch Arbeitsdruck noch durch finanzielle Nachteile darf
die Organspende im Klinikalltag an den Rand gedrängt werden", betont
DSO-Vorstand Rahmel. Auch über weitere strukturelle Unterstützungen
der Entnahmekrankenhäuser im Organspendeprozess müsse nachgedacht
werden. Ziel sei es, eine Kultur der Organspende zu fördern, die das
Denken an Organspende am Lebensende sowohl in der Gesellschaft als
auch in den Kliniken zur Selbstverständlichkeit werden lässt, erklärt
der Mediziner. Aus Sicht der DSO hält Rahmel in Deutschland eine
Spenderquote von mehr als 15 Spendern pro Million Einwohner - auch
mit Blick auf andere europäische Länder - durchaus für realistisch.
* vorläufige Zahlen 1. Halbjahr 2018, Stand 09. Juli 2018
** Studie "Rückgang der Organspenden in Deutschland":
http://ots.de/E5rC0D
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