Der aktuelle Entwurf eines Terminservice- und
Versorgungsgesetzes von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
geht in die falsche Richtung. Zu dieser Einschätzung kommt die Freie
Ärzteschaft (FÄ). "Diese Pläne dürften viele Ärzte davon abschrecken,
weiter als Vertragsarzt zu arbeiten oder sich als Vertragsarzt in
eigener Praxis neu niederzulassen", sagte FÄ-Vorsitzender Wieland
Dietrich am Donnerstag in Essen. Spahn versuche mit seinem Gesetz,
eine Quadratur des Kreises zu vollziehen.
"Statt die überholte Kostendämpfungspolitik mit Budgets und
Billigpauschalen in der ambulanten Medizin endlich abzuschaffen,
versucht man jetzt, den Ärzten auch noch höhere Arbeitszeiten
staatlich zu verordnen. Die meisten Praxisärzte arbeiten mit 52
Wochenstunden längst am Anschlag", betont Dietrich. In einer
freiheitlichen Gesellschaft könne es durch staatlichen Zwang keine
"Planüberfüllung" geben. Und da die Kassen erklärt hätten, die
geplante Erhöhung der Sprechstundenzeit um 25 Prozent nicht bezahlen
zu wollen, laufe das Ganze nicht auf mehr Zeit für bessere Medizin
hinaus, sondern auf Massenabfertigung und unzufriedene Patienten und
Ärzte.
Die von den Ärzten finanzierten Kassenärztlichen Vereinigungen
(KVen) werden immer mehr zu halbstaatlichen Unterbehörden von Kassen
und Politik gemacht. Der FÄ-Chef erläutert das: "Die KVen sollen
kontrollieren, wie lange Ärzte in ihren Praxen arbeiten, und diese
sanktionieren. Sie sollen von den Vertragsärzten finanzierte
Medizinische Versorgungszentren aufbauen und damit in Konkurrenz zu
ihren Vertragsärzten treten. Die Terminservicestellen sollen einen
24-Stunden-Notdienst organisieren - weder ist eine zusätzliche
Finanzierung gesichert, noch ist die Effizienz in diesen
Einrichtungen nur ansatzweise so hoch wie in den freien Arztpraxen.
All das wird nicht mehr und bessere medizinische Behandlung schaffen,
ganz im Gegenteil."
Auch die von Spahn angekündigte Pflicht der Krankenkassen, den
Versicherten eine elektronische Patientenakte zur Verfügung zu
stellen, auf die sich auch per Smartphone und Tablet zugreifen lässt,
löst kein Problem im deutschen Gesundheitswesen. Das sagte FÄ-Vize
Dr. Silke Lüder in Hamburg. "Spahn weist gern darauf hin, dass andere
Länder hier schon viel weiter seien. Seiner Meinung nach kann
Datenschutz eher etwas für Gesunde sein. Die großen Datenverluste in
anderen Ländern ignoriert er offenbar: Beispielsweise wurden kürzlich
in Singapur Krankheitsdaten von 1,5 Millionen Menschen gehackt, auch
die des Staatspräsidenten. Führende Datenschutzexperten in
Deutschland haben klar gemacht, dass man sensible Daten auf
Smartphones und Tablets nicht schützen kann. Auch dieser Teil des
Gesetzes geht in eine gefährliche Richtung." Hier entstehe ein
inakzeptables Sicherheitsrisiko in unserer Gesellschaft und die
Kommunikation in der Medizin werde nicht verbessert.
"Wir empfehlen dem Minister, die echten Probleme im
Gesundheitswesen in den Blick zu nehmen. Andernfalls trägt er die
Verantwortung dafür, dass ein immer noch international anerkanntes
System gegen die Wand fährt", betont FÄ-Chef Dietrich.
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den
Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und
zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene
Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des
Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der
FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im
Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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