Rund drei Millionen Deutsche begleitet bei sommerlichen
Aktivitäten stets ein mulmiges Gefühl: Ob im Freibad, bei der
Gartenarbeit oder auf dem Fußballplatz - immer ist da die Angst vor
einem Insektenstich, weil ihr Körper darauf mit einem allergischen
Schock reagieren könnte. Während die Symptome bei Menschen ohne
Insektengiftallergie in der Regel nur lokal auftreten und nach 24
Stunden abgeklungen sind, haben Allergiker damit länger und heftiger
zu kämpfen. Für sie ist zum Beispiel die Attacke einer Wespe
lebensbedrohlich, da die Allergie auf das Insektengift zu einem
Herz-Kreislauf-Versagen führen kann. "Jeden Sommer sterben etwa 20
Personen an diesem sogenannten anaphylaktischen Schock", sagt Prof.
Dr. Tilo Biedermann, Dermatologe und Allergologe an der TU München.
"Wir gehen von einer weit höheren Dunkelziffer aus, weil die Ursache
Insektenstich nicht immer erkannt wird." Die Anzeichen eines
allergischen Schocks früh zu erkennen und dann umgehend zu handeln,
kann also Leben retten.
Anzeichen eines anaphylaktischen Schocks
Ein allergischer Schock ist die schlimmste Folge eines
Insektenstichs, die Allergikern passieren kann. Das sind typische
Anzeichen:
- Schwindel
- tränende Augen
- Schwellungen der Nasenschleimhäute
- Schnupfen
- Schluck- und Sprechbeschwerden
- Atemnot
- Herzrasen
- Übelkeit
- Darmbeschwerden
- Juckreiz und Rötungen am ganzen Körper
Es treten nicht zwingend alle Symptome gleichzeitig auf. Prof.
Biedermann rät: "Sobald die Allergie-Anzeichen über eine örtliche
Hautreaktion hinausgehen, sollte der Notarzt verständigt werden."
Erste Hilfe nach Insektenstichen
Schnell zu handeln, ist bei Insektenstichen generell wichtig, um
Schmerzen und Schwellungen gering zu halten. Schwellen allerdings
Atemwege an oder kommt es sogar zu Reaktionen des
Herz-Kreislauf-Systems, rettet Erste Hilfe das Leben von betroffenen
Personen. Dies sind die wichtigsten Schritte:
1. Stachel wegkratzen - nicht ziehen
Vor allem nach Bienenstichen bleibt der Stachel häufig in der Haut
stecken. Wichtig: Den Stachel wegkratzen, nicht ziehen. Denn am
Stachel befindet sich meistens noch ein Giftsack, der durch Ziehen
und Drücken zusätzliches Gift freisetzt.
2. Notfallset verwenden
Allergiker haben, wenn ihre Allergie bereits bekannt ist, ein
Notfallset bei sich. In einer kleinen Tasche - häufig auffällig
gekennzeichnet - befinden sich flüssiges Antihistaminikum und
Kortison, die geschluckt werden müssen sowie eine
Adrenalin-Fertigspritze (Autoinjektor), die am Oberschenkel injiziert
werden muss. Damit können Kreislauf und Blutdruck stabilisiert
werden.
3. Notarzt verständigen
Treten innerhalb der ersten 15 Minuten körperliche Symptome auf,
die über eine örtliche Hautreaktion hinausgehen, muss der Notarzt
verständigt werden. Die betroffene Person sollte kein Auto mehr
fahren, um sich selbst oder andere nicht in Gefahr zu bringen.
4. Wenn Atemwege zuschwellen
Fällt dem Betroffenen das Atmen schwerer, lockern
Erste-Hilfe-Leistende dessen Kleidung, nehmen zum Beispiel die
Krawatte ab und öffnen die obersten Blusenknöpfe. Sie sollten den
Allergiker in eine aufrechte Position setzen und für frische Luft
sorgen.
5. Wenn ein Schockzustand eintritt
Kalter Schweiß, Blässe und ein rasender Puls sind Anzeichen für
einen Schock. Helfende Personen sollten den Betroffenen auf den
Rücken legen und die Beine hoch lagern, indem sie zum Beispiel Kissen
oder Taschen unterlegen. Außerdem kann es für den Patienten angenehm
sein, zugedeckt zu werden.
6. Bei Bewusstlosigkeit
Ist die Reaktion auf das Insektengift so heftig, dass der
Allergiker bewusstlos wird, machen Erste-Hilfe-Leistende zunächst die
Atemwege frei und bringen den Patienten daraufhin in die stabile
Seitenlage. Nicht vergessen: Den Kopf nach hinten überstrecken, damit
der Rachenraum frei bleibt. Außerdem sollten ständig die
Lebenszeichen des Betroffenen kontrolliert werden. Bei fehlenden
Lebenszeichen sollten direkt Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet
werden.
Jeder, der eine allergische Reaktion auf Insektenstiche gezeigt
hat - unabhängig wie heftig - sollte im Nachgang einen allergologisch
tätigen Arzt aufsuchen. Dort wird bestimmt, ob tatsächlich eine
Allergie vorliegt. Die Allergie kann mithilfe einer Allergie-Impfung
mit Insektengift, einer sogenannten Hyposensibilisierung, bei etwa 90
Prozent der Patienten erfolgreich behandelt werden.
"Vor allem der letzte Schritt sollte nach Abklingen der akuten
Symptome nicht vernachlässigt werden", sagt Allergologe Prof.
Biedermann. "Denn rund 97 Prozent der Insektengift-Allergiker in
Deutschland sind zurzeit nicht ausreichend medizinisch versorgt.
Dabei kann eine Hyposensibilisierung die Allergie wirkungsvoll
bekämpfen."
Weitere Informationen zur Feststellung und Behandlung von
Insektengiftallergien unter www.initiative-insektengift.de. Die
Initiative Insektengiftallergie bietet Patienten, Angehörigen und
Interessierten Informationen rund um Allergien auf Stiche von Wespen,
Bienen, Hornissen und Hummeln. Ziel der Initiative ist die Aufklärung
der Bevölkerung über die Gefahren von Insektenstichen, die Auslöser
sowie die Behandlung der daraus resultierenden Allergie.
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