Sperrfrist: 11.09.2018 14:30
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Wenn sie erfolgreich ist, könnte sie Hunderttausenden an
Hepatitis-C Erkrankten in Europa den Weg zu einer deutlich
preiswerteren Behandlung ebnen: Eine Patentanfechtung, die am 13. und
14. September am Europäischen Patentamt (EPA) verhandelt wird.
Organisationen aus 17 Ländern hatten sie eingereicht.
Bei der Anhörung geht es um den Wirkstoff Sofosbuvir, für den der
Pharmariese Gilead wegen seines Monopols auf das derzeit wirksamste
Medikament zur Behandlung von Hepatitis C exorbitante Preise
verlangen kann. Ärzte der Welt, Ärzte ohne Grenzen und Just Treatment
gehören zu den Organisationen, die mit der Anfechtung den Weg für die
Herstellung und den Import erschwinglicher Generika frei machen
wollen, um die europäischen Gesundheitssysteme von der
unrechtmäßigen, massiven finanziellen Belastung zu befreien. Ihre
Begründung: Die Anforderungen an eine patentierbare Erfindung sind
aus juristischer und wissenschaftlicher Sicht nicht erfüllt.
Die Behandlung auf der Grundlage von Sofosbuvir hat eine
Heilungsrate von über 90 Prozent, im Vergleich zu den rund 50 Prozent
der älteren Methoden. Wegen der enormen Preise von bis zu 43.000 Euro
für die zwölfwöchige Behandlung sind Regierungen und Anbieter in
vielen Ländern gezwungen, den Zugang zu dem Medikament zu beschränken
und nur für Menschen mit fortgeschrittenen Formen von Hepatitis C zu
gewähren. Dabei ist die gleiche Behandlung dort, wo der Wirkstoff
nicht patentiert ist, bereits für unter 100 Dollar zu haben.
"Ich habe drei quälende Jahre warten müssen, bis ich endlich das
Hepatitis-C-Medikament Sofosbuvir erhalten habe", sagt Clare Groves,
die im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems Großbritanniens
(NHS) behandelt und geheilt wurde. "Mein Arzt hat mir mehrmals
gesagt, dass ich zwar krank bin, aber nicht krank genug, um die
Voraussetzungen für die Behandlung im Rahmen der NHS zu erfüllen. Ich
möchte nicht, dass anderen Menschen Sofosbuvir verweigert wird, weil
der Preis so exorbitant hoch ist, deshalb werde ich weiter dafür
kämpfen, dass sie Zugang zu diesem Medikament bekommen."
"Finanzielle Barrieren beim Zugang zu Medikamenten und generell zu
Gesundheitsversorgung sind zu einer Herausforderung für
einkommensstarke Länder in Europa geworden. Weil unverdient erteilte
Patente der Hauptgrund für die überhöhten Preise sind, ist es an der
Zeit, solche Patente in Europa anzufechten", sagt Olivier Maguet von
der Ärzte der Welt-Medikamentenkampagne.
Patente auf Sofosbuvir wurden bereits in Ägypten, China und der
Ukraine zurückgewiesen. In anderen Ländern wie Argentinien,
Brasilien, Indien, Russland und Thailand stehen Entscheidungen an.
"Dass zivilgesellschaftliche Organisationen mit solchen Aktionen
auch bei uns etwas verändern können, zeigt der Erfolg, den Ärzte der
Welt im Oktober 2016 erzielt hat. Damals hat die EPA-Kommission
unserer Anfechtung eines anderen Gilead-Patents teilweise
stattgegeben und damit den Patenschutz von Sofosbuvir geschwächt",
sagt François De Keersmaeker, Direktor der deutschen Sektion von
Ärzte der Welt.
"In Ländern wie Kambodscha und Indien konnten Ärzte ohne Grenzen
erst dann mehr Hepatitis-C-Patienten behandeln, als mehr
erschwingliche, qualitätssichere Generika verfügbar waren", sagt
Gaelle Krikorian von der Hilfsorganisation. "Es ist höchste Zeit,
dass das Europäische Patentamt ebenso wie Patentämter auf der ganzen
Welt Monopole für Arzneimittel genauer prüfen und deren negative
Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen bei der Vergabe von
Patenten berücksichtigen. Die Aufhebung des Patents von Gilead in
Europa würde ein starkes Signal an andere Länder senden,
ungerechtfertigte Patente anzufechten, wenn die Gesundheit und das
Überleben von Menschen auf dem Spiel stehen."
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass 15 Millionen
Menschen im europäischen Raum - etwa einer von 50 - chronisch mit
Hepatitis C infiziert sind. Dies hat rund 112.500 Todesfälle pro Jahr
durch Leberkrebs und -zirrhose zur Folge.
Am 13. September um 8.30 Uhr wird parallel zum Auftakt der
Anhörung eine Protestaktion vor dem Europäischen Patentamt in München
stattfinden.
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