Abrechnungsvereinbarungen zwischen Kliniken und
Kassen sind unlauter / Morbi-RSA-Reform ist dringend notwendig, eine
Übergangslösung angezeigt / Reduktion der Manipulationsmöglichkeiten
im Morbi-RSA kann nur durch gezielte Maßnahmen gelingen
Die Innungskrankenkassen machen sich für eine schnelle Reform des
morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) stark.
Die Delegierten der Mitgliederversammlung verabschiedeten heute
Vorschläge, um Manipulationsmöglichkeiten im Morbi-RSA zu beseitigen.
Sie sehen in Kodierrichtlinien verbunden mit Auffälligkeitsprüfungen,
ergänzt um eine Selbstverpflichtung der Kassen, eine fundierte Basis
für ein nachhaltiges, manipulationsresistentes und transparentes
Finanzsystem in der GKV.
"Die jüngste Vergangenheit hat noch einmal gezeigt, wie anfällig
der aktuelle Finanzausgleich für Manipulationen ist: Nach dem Skandal
um die Betreuungsstrukturverträge verweist der aktuelle Bericht des
Bundesrechnungshofes (BRH) nun auf unlautere Verträge zwischen Kassen
und Kliniken. Rechnungsprüfungen werden zugunsten von pauschalen
Rabatten ausgesetzt", erläutert Hans-Jürgen Müller,
Vorstandsvorsitzender des IKK e.V. "Wir lehnen solche Praktiken
strikt ab." Müller verweist auf Berechnungen, wonach rund zehn
Prozent der Abrechnungen fehlerhaft sein dürften. Somit hätten bei
durchgeführten Prüfungen bis zu sieben Milliarden Euro von den
Kliniken an die gesetzlichen Kassen rückfließen müssen, die nun
fehlten.
"Abgesehen von den finanziellen Einbußen führen diese Praktiken
aber noch auf eine ganz andere Weise zur Schieflage im GKV-System",
ergänzt Hans Peter Wollseifer, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V.
Hintergrund sei, dass bei einer festgestellten Falschabrechnung die
Diagnosen nicht in den Morbi-RSA einflössen, sehr wohl aber, wenn
pauschal gar nicht geprüft werde. Dies führe zu
Wettbewerbsverzerrungen, so Wollseifer. "Es ist an der Zeit, diesem
Geschäftsgebaren auch über eine zügige Reform des Morbi-RSA Einhalt
zu gebieten. Außerdem erwarten die Innungskrankenkassen ein
entschiedenes Vorgehen des Bundesversicherungsamtes."
Die im GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) verankerte
Reform des Morbi-RSA bis Ende 2019 begrüßen die Innungskrankenkassen
als längst überfällig. Um dieses System endlich
manipulationsresistent und wettbewerbsneutral zu gestalten, fordern
sie für den ambulanten Bereich die Einführung von Kodierrichtlinien.
"Hierdurch werden die Diagnose- und die Versorgungsqualität erhöht
und offenkundige Manipulationsmöglichkeiten reduziert", führt der
Vorstandsvorsitzende Müller aus. "Im stationären Bereich sind
Kodiervorschriften bereits seit Langem etabliert und akzeptiert. Eine
intersektorale Differenzierung ist daher nicht nachvollziehbar."
Nach Ansicht der Innungskrankenkassen reichen Kodierrichtlinien
alleine aber nicht aus - deren Einhaltung muss auch kontrolliert
werden. Darüber hinaus sehen die Innungskrankenkassen auch die GKV
selbst in der Pflicht: Sie sollte sich zugunsten einer solidarischen
Wettbewerbsordnung ebenso wie zum Schutz ihrer Versicherten eine
Selbstverpflichtung auferlegen, Kodierungen nicht zu beeinflussen.
"Eine transparente Compliance, die auch auf freiwilliger Basis
erfolgen kann, trägt unserer Ansicht nach maßgeblich dazu bei, eine
Einflussnahme der Kassen auf das Kodierverhalten, auch in
Graubereichen, zu unterbinden", erklären die Vorstandsvorsitzenden
Müller und Wollseifer.
Bis zum Inkrafttreten des reformierten Morbi-RSA fordern die
Innungskrankenkassen eine Übergangsregelung, um bereits im nächsten
Jahr Wettbewerbsverzerrungen zu minimieren. "Ziel muss es sein,
bestehenden Marktkonzentrationen, etwa wie in Sachsen und Thüringen,
entgegenzuwirken" sagt Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des IKK e.V.
Dies gelänge beispielsweise durch eine Halbierung der Über- und
Unterdeckungen für berücksichtigungsfähige Leistungsausgaben im
Morbi-RSA nach dem Vorbild der Zuweisungen für Krankengeldausgaben.
Über den IKK e.V.:
Der IKK e.V. ist die Interessenvertretung von Innungskrankenkassen
auf Bundesebene. Der Verein wurde 2008 gegründet mit dem Ziel, die
Interessen seiner Mitglieder und deren mehr als fünf Millionen
Versicherten gegenüber allen wesentlichen Beteiligten des
Gesundheitswesens zu vertreten. Dem IKK e.V. gehören die die BIG
direkt gesund, die IKK Brandenburg und Berlin, die IKK classic, die
IKK gesund plus, die IKK Nord sowie die IKK Südwest an.
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