McKinsey-Studie: Einsatz digitaler Technologien
senkt Gesundheits- und Versorgungskosten um 12% - Größter Nutzen
durch elektronische Patientenakte und Online-Beratung
Durch den Einsatz digitaler Technologien könnten im deutschen
Gesundheitswesen bis zu 34 Mrd. Euro jährlich eingespart werden. Dies
entspricht rund 12% der gesamten jährlichen Gesundheits- und
Versorgungskosten von zuletzt 290 Mrd. Euro. Das größte
Nutzenpotenzial bieten dabei die elektronische Patientenakte und
elektronische Rezepte sowie webbasierte Interaktionen zwischen Arzt
und Patient. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer neuen Studie
von McKinsey & Company mit dem Titel "Digitalisierung im
Gesundheitswesen: die Chancen für Deutschland". McKinsey hat für die
Studie auf Basis von mehr als 500 internationalen
Forschungsdokumenten das Verbesserungspotenzial von 26 digitalen
Gesundheitstechnologien analysiert und in Experteninterviews
überprüft. Kooperationspartner für die Studie ist der Bundesverband
Managed Care e.V. (BMC).
Digitalisierung der Patientendaten bringt den größten Nutzen
Die 26 digitalen Gesundheitstechnologien fasst die Studie in sechs
Lösungskategorien mit unterschiedlichem Einsparpotenzial zusammen:
(1) Umstellung auf papierlose Datenverarbeitung (9,0 Mrd. Euro)
(2) Online-Interaktionen, z.B. durch Teleberatung (8,9 Mrd. Euro)
(3) Arbeitsabläufe/Automatisierung, z.B. durch die mobile Vernetzung
vom Pflegepersonal oder die auf Barcodes basierte Verabreichung von
Medikamenten (6,1 Mrd. Euro)
(4) Entscheidungsunterstützung durch Datentransparenz, z.B. durch den
Einsatz von Software, um Doppeluntersuchungen von Patienten zur
vermeiden (5,6 Mrd. Euro)
(5) Patientenselbstbehandlung, z.B. durch Gesundheits-Apps oder
digitale Diagnosetools (3,8 Mrd. Euro)
(6) Patienten-Self-Service , etwa Onlineportale zur
Terminvereinbarung (0,5 Mrd. Euro).
"Das Potenzial von 34 Mrd. Euro setzt sich einerseits aus
Effizienzsteigerungen, andererseits aus Reduzierung unnötiger
Nachfrage zusammen", erläutert McKinsey-Partner Stefan Biesdorf die
Studienergebnisse. Die geringere Nachfrage ergebe sich, wenn
beispielsweise Doppeluntersuchungen vermieden, unnötige
Krankenhauseinweisungen verhindert und durch bessere Qualität der
Folgebehandlungen minimiert würden. Die größte Einsparung verspricht
die Umstellung auf eine einheitliche elektronische Gesundheitsakte
(EHR, Electronic Health Record), die allein 6,4 Mrd. Euro brächte.
Diese Lösung kann schnellere, reibungslosere Abläufe ermöglichen,
indem sie beispielsweise den Verwaltungsaufwand und die Anzahl von
Tests reduziert. Biesdorf: "Patienten werden die elektronische
Gesundheitsakte aber nur akzeptieren, wenn sie die Kontrolle über
ihre Daten behalten, also selber entscheiden, welcher Arzt oder
welches Krankenhaus darauf Zugriff bekommen."
Ärzte und Krankenhäuser profitieren von der Digitalisierung am
meisten
Die Studie zeigt auch, wer von der Digitalisierung im
Gesundheitswesen am meisten profitiert: 70% des erreichbaren Nutzens
kommen bei den Leistungserbringern zugute, also vor allem Ärzten und
Krankenhäusern. 30 Prozent landen bei den Krankenversicherungen. "Das
räumt das alte Argument vieler Leistungserbringer gegen die
Digitalisierung aus, dass sie ihnen außer Arbeit nichts einbrächte",
stellt Stefan Biesdorf fest.
Digitale Lösungen senken aber nicht nur Kosten, sie können auch
Probleme entschärfen. Teleberatungen beispielsweise werden der Studie
zufolge den Personalmangel insbesondere in ländlichen Regionen
abmildern. Außerdem haben sie ein Nutzenpotenzial von bis zu 4,4 Mrd.
Euro. Die Möglichkeit für Patienten und Ärzte, eine virtuelle
Beratung durch Spezialisten in Anspruch zu nehmen, könne den
Zeitaufwand für Arzt- und Facharztbesuche erheblich reduzieren und
den Bedarf an niedergelassenen Spezialisten, insbesondere in
ländlichen Gebieten, reduzieren. Dort könne die mobile Anbindung von
Pflegepersonal die Versorgung weiter verbessern. Mit einer digitalen
Lösung hätten die Pflegekräfte ortsunabhängig vollen Zugriff auf
Patienteninformationen und könnten Befunde unterwegs über Tablets
dokumentieren. Somit wäre eine effiziente, kontinuierliche Versorgung
und Überwachung der Patienten in der ambulanten Pflege gewährleistet.
"Im europäischen Vergleich ist Deutschland bei der Digitalisierung
im Gesundheitswesen abgehängt", stellt Volker Amelung fest,
Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Managed Care (BMC). An
finanziellen Mitteln und technologischen Voraussetzungen fehle es
nicht. Es sei allein eine Frage der Haltung. "Im deutschen
Gesundheitswesen gibt es viele Akteure, für die der Status-quo besser
ist als die Veränderung durch die Digitalisierung." Der BMC mit
seinen rund 200 Mitgliedern aus nahezu allen Bereichen des
Gesundheitswesens versteht sich als Innovationsforum an der
Schnittstelle zwischen Politik, Wissenschaft und
Gesundheitswirtschaft und bringt sich durch Publikationen,
Veranstaltungen und Vernetzung der Akteure in den
gesundheitspolitischen Diskurs ein.
Die Studienergebnisse zum Download finden Sie unter
http://mck.de/bz9sq
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