Digitale Adresssysteme können Leben retten. Das bewies jetzt in
einem Praxistest der Verein Notfallsammelpunkte DACH e.V. gemeinsam
mit den Feuerwehren einer niedersächsischen Gemeinde.
Wie eine Notfallrettung in Wandergebieten, von Alarmierung bis
Eintreffen mit Hilfe der Digitalisierung optimiert werden kann, wurde
nun von den Feuerwehren der Samtgemeinde Jesteburg und dem Verein
Notfallsammelpunkte DACH in einem Pilotprojekt auf Herz und Nieren
geprüft.
Andreas Wutzke, Sprecher des Vereins verdeutlichte vorab: "Es
herrscht in der Bevölkerung noch weitestgehend der Irrglaube, dass
Rettungskräfte im Notfall das Handy und somit die Position des
Anrufers bestimmen können. Aber das ist nicht der Fall. Falls die
Ortung rechtlich überhaupt gegeben ist, dauert es etwa 45 Minuten,
die Geokoordinaten vom jeweiligen Provider zu bekommen.
Diese sind aufgrund ihrer Länge schwierig in der weiteren
Anwendung. Zudem ist die Peilung gerade in ländlichen Räumen ebenso
ungenau wie die Beschreibung des Hilfesuchenden selbst."
Der Verein, dessen Mitglieder mehrheitlich Rettungs- und
Einsatzkräfte sind, setzt sich für die Verwendung von sogenannten
Notfallsammelpunkten ein, welche in einem digitalen Adresssystem
schnell und einfach erfasst werden können und Rettungskräfte
zuverlässig und punktgenau auch in die entlegensten Winkel navigiert.
Hierzu wurden jetzt bei einer realistischen Rettungsübung zwei
Szenarien - einmal mit und einmal ohne digitalem Adresssystem - im
Naturpark Lüneburger Heide zusammen mit den Freiwilligen Feuerwehren
der Samtgemeinde Jesteburg gegenübergestellt.
Der erste Notruf, vermeintlich von einer von einem Herzinfarkt
betroffenen Person, erreichte um 10.48 Uhr über die Notrufnummer 112
die Leitstelle. Um 10:56 konnten die Rettungskräfte ausrücken,
nachdem die Leitstelle den ungefähren Aufenthaltsort aufgrund der
Beschreibungen des Verunglückten versuchte zu ermitteln. Nach zehn
Minuten waren die Rettungskräfte vor Ort, doch nicht in der Lage, die
betroffene Person tatsächlich aufzufinden. Nach einer Stunde wurde
die Suche erfolglos abgebrochen.
Bei einem echten Notfall wären ab diesem Punkt Hubschrauber mit
Wärmebildkamera und Suchmannschaften zum Einsatz gekommen.
Im zweiten Szenario mit der digitalen Notfalladresse erreichte der
Notruf um 12:33 Uhr die zuständige Leitstelle, vier Minuten später
rückte das Rettungsfahrzeug aus. Nach weiteren zehn Minuten
erreichten die Rettungskräfte den Verunglückten, der sich etwa 150
Meter vom Notfallsammelpunkt "JE103" befand und konnten diesen
erfolgreich retten.
Martin Ohl, Chef der Feuerwehren der Samtgemeinde Jesteburg, der
sich im Vorfeld noch skeptisch gezeigt hatte, war vollauf zufrieden:
"Wie soll das mit den Notfallsammelpunkten funktionieren, hatte er
sich gefragt, doch durch die Implementierung des digitalen
Adresssystems im Navi konnten wir punktgenau den Verunglückten
finden". Die Zeitersparnis bringe vor allem in ländlichen Räumen, wo
die gesetzlich angestrebte Hilfsfrist von 17 Minuten nicht selten
überschritten werde wesentliche Fortschritte. Für die sogenannte
"Golden Hour of Rescue", also dem wichtigen Zeitfenster nach einem
Unfall, seien die Notfallsammelpunkte ein bedeutender Fortschritt.
Herzspezialisten wissen um den Nutzwert der Notfallsammelpunkte.
Bei Herzinfarkten und Schlaganfällen ist jede eingesparte Minute
lebensrettend. Im ersten Fall, bei der Ausgangslage der verunglückten
Person mit einem akuten Herzininfarkt, hätte der Patient nicht
überlebt. Im zweiten Teil der Übung hätte der Patient aufgrund der
beschleunigten Rettungswege gute Chancen, relativ unbeschadet den
Herzinfarkt zu überstehen, das bestätigen Kardiologen.
Das System hinter den Notfallsammelpunkten
Das System, das sich hinter den digitalen Notfallsammelpunkten
verbirgt, nennt sich CitoCode (Lateinisch für Schnell-Code) und
verwandelt die Geokoordinaten der Position in eine kurze logische
Buchstaben-Zahlen-Kombination. Nach Eingabe dieser Kombination werden
im Navigationssystem neben einer optimalen Anfahrtsbeschreibung die
exakte Position und sogar ein 360-Grad-Bild der Einsatzstelle
angezeigt. Letzteres ermöglicht den Einsatzkräften einzuschätzen,
welche Fahrzeuge die Einsatzstelle überhaupt erreichen können.
Ziel des Vereins Notfallsammelpunkte DACH ist es, die maximale
Distanz zu diesen Rettungsstellen auf 500 Meter zu verkürzen. In den
kommenden Jahren sollen mehr als 5.000 solcher Notfallsammelpunkte in
Deutschland, Österreich und der Schweiz eingerichtet und diese Daten
den Kommunen und Rettungskräften kostenfrei zu Verfügung gestellt
werden.
Weitere Informationen:
Verein Notfallsammelpunkte DACH
c/o Frank Tetzel Regensburger Str. 25 10777 Berlin
Tel.: 030 629 89 384 mobil: 015777019406
www.notfallsammelpunkte.org
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