Fraunhofer ITEM - Überarbeitung der "Medical Device Regulation"
gefordert
Die Sicherheit von Patienten ist das oberste Ziel der Medizin und
Medizintechnik. Um diese zu erhöhen, wurde 2017 auf europäischer
Ebene die "europäische Medizinprodukteverordnung" (MDR) eingeführt.
Im Rahmen einer Veranstaltung des Fraunhofer-Leistungszentrums
Translationale Medizintechnik unter Federführung des
Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM
wurden die Herausforderungen und Folgen der MDR von Experten,
Vertretern kleiner und mittlerer Unternehmen, den
Vorstandsvorsitzenden des akademischen Dachverbandes DGBMT, des
Industrieverbandes BVMed sowie von Vertretern der acatech und der GMM
im VDE diskutiert. Die Branchenvertreter erwarten bedeutende negative
Konsequenzen durch die Verordnung und schlagen konkrete Maßnahmen zur
Überarbeitung der MDR vor.
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Ausgangspunkt der Veranstaltung war die Vorstellung erster
Ergebnisse einer Marktbefragung von deloitte, mdr-competence und
Fraunhofer, die ein aktuelles Bild zur Stimmung und Einschätzung
absehbarer Konsequenzen der MDR zeichnet. "Eingeführt mit dem Ziel,
die Patientensicherheit zu erhöhen, zeigt die MDR in ihrer jetzigen
Form gravierende negative Effekte", sagt Prof. Dr. Theodor Doll,
Leiter des Fraunhofer-Leistungszentrums. "Die Folgen sind einerseits
aufkommende Unsicherheit der Patientenversorgung mit bestehenden
Produkten, da diese teilweise aufgrund erneuter klinischer
Bewertungen wieder vom Markt genommen werden, und andererseits die
bereits eingetretene Innovationshemmung aufgrund zu hoher
Eintrittshürden in der EU."
Mit den aktuellen Daten differenziert die Studie die bisherigen
Einschätzungen der Industrieverbände Spectaris und BVMed bei
gleichbleibendem Tenor:
- Nur 15 % der Hersteller fühlen sich ausreichend über die Umsetzung
der MDR informiert.
- 40 % der Firmen kündigen bereits auf dem Markt befindliche
Medizinprodukte auf.
- 50 % sind der Meinung, dass Produkte oder Produktlinien aufgrund
der erhöhten Anforderungen eingestellt werden müssen.
- Über 40 % erwarten eine signifikante Preissteigerung der Produkte.
- 65 % der Firmen sind gezwungen, Entwicklungsressourcen in die
Regulatorik zu verlagern - auf Kosten der Innovationstätigkeit.
- 70% der Firmen sind verunsichert, ob die sie bislang betreuenden
"Notified Bodies" sie auch fristenwahrend weiter betreuen werden.
Die Folgen für die deutsche und europäische Medizintechnik sind
massiv: "Die Zahlen machen deutlich, dass die Verordnung
mittelfristig zu einer Abwanderung in den FDA-geregelten
amerikanischen Markt führen und den Innovationsstandort Deutschland
zum Erliegen bringen wird", erläutert Prof. Doll.
Zentraler Wirtschafts- und Arbeitsmarktfaktor
Als innovativer Motor der Branche gelten die kleinen und mittleren
Unternehmen, die 93 Prozent der MedTech-Unternehmen (KMU) ausmachen.
Doch gerade sie spüren die negativen Wirkungen der MDR und stehen vor
kaum überwindbaren Herausforderungen. "Die Kosten für die Entwicklung
und die Entwicklungsdauer erhöhen sich stark, sodass die Perspektiven
von Start-ups und KMU in der Branche sich deutlich verschlechtern",
weiß Prof. Prof. Dr. Thomas Lenarz, Vorstandsvorsitzender der DGBMT.
"Auch für Investoren wird es deutlich unattraktiver, in innovative
MedTech-Entwicklungen zu investieren."
Gemeinsame Vorschläge zur Optimierung der MDR
Auf Grundlage der Marktbefragung erarbeiteten Wirtschaft, Verbände
und Wissenschaft konkrete Maßnahmen, die sowohl die aktuelle
Situation entspannen als auch das Vertrauen in den Fortbestand des
Innovationsstandorts Deutschland wiederherstellen können. Diese
beinhalten unter anderem die Beschleunigung der Akkreditierung von
Notified Bodies, die Korrektur der Fristen für Hersteller, die
Erarbeitung von Umsetzungshilfen, die Weiterführung von Förderungen,
die Sonderregelung für die Konformitätsbewertung, das Augenmerk auf
"Sondergruppen", die Vermeidung nicht nachvollziehbarer Folgen für
bereits etablierte Produkte sowie die Vermeidung kartellähnlicher
Strukturen.
Zur ausführlichen Version der Maßnahmen (https://www.item.fraunhof
er.de/de/presse-medien/presseinformationen/pm-medical-device-regulati
on.html)
http://www.item.fraunhofer.de
Die genannten Maßnahmen wurden von den oben genannten
Branchenvertretern an das Gesundheitsministerium herangetragen.
Wissenschaftlicher Kontakt:
Fraunhofer ITEM
Prof. Dr. Theodor Doll
Telefon 0511 5350 248
theodor.doll@item.fraunhofer.de
Pressekontakt:
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Dr. Cathrin Nastevska
Telefon 0511 5350-225
cathrin.nastevska@item.fraunhofer.de
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