In Bayreuth werfen zwei hochqualifizierte
Neurologen ihrem Krankenhaus vor, Patienten zu gefährden. Sie wurden
gefeuert, das Klinikum bestreitet alle Vorwürfe. Seit einem halben
Jahr beschäftigt der "Neurologenstreit" die beschauliche Wagnerstadt.
In monatelanger Recherchearbeit gelang es einem stern-Reporter, die
Hintergründe der Affäre auszuleuchten. Die Ergebnisse der Recherche
sind in der aktuellen Ausgabe des Magazins zu lesen, die an diesem
Donnerstag erscheint.
Eine Schlüsselrolle in der Argumentation der geschassten Ärzte
Silvia Vieker und Jörg Schmitt spielt der plötzliche Tod der
19-jährigen Victoria H., die seit vielen Jahren am Klinikum wegen
Epilepsie in Behandlung war. Sie rekonstruierten den Fall anhand der
Krankenakte und warfen der Klinik ein Mitverschulden vor. Ihr
Problem: Die engsten Angehörigen wollten mit der Sache abschließen
und verweigerten den beiden Ärzten das Gespräch, so konnten diese
letzte offene Fragen nicht abschließend klären.
Jetzt aber bricht die Mutter von Victoria H. erstmals ihr
Schweigen. "Wir fühlten uns oft vom Klinikum alleingelassen", sagt
sie. Im Jahr vor ihrem Tod habe Victoria H. immer wieder
anfallsartige Zustände mit Schwindel, Kopfschmerzen und Übelkeit
gehabt. "Ich saß auf dem Boden, habe ihr den Kopf gehalten und in der
Klinik angerufen, der Arzt sagte immer nur, eine stationäre Aufnahme
sei nicht nötig." Sie sei bei der Polizei gewesen, habe das Klinikum
anzeigen wollen, ein Polizist aber habe gesagt: "Überlegen Sie sich
das gut. Ihre Tochter müsste für die nötigen Untersuchungen exhumiert
werden." Das Klinikum nimmt zu den Vorwürfen der Mutter mit Hinweis
auf die ärztliche Schweigepflicht keine Stellung, beruft sich aber
auf ein Gutachten. Der Fall sei geprüft worden, das Klinikum treffe
keine Schuld. Es wird streng unter Verschluss gehalten. Weder der
Ärztliche Direktor noch der Betriebsrat kennen es. Aufsichtsrats- und
Zweckverbandsmitglieder durften es in einem Konferenzraum einsehen,
Handyfotos waren verboten. "Das ist kein Gutachten", sagt ein
Insider, der namentlich nicht genannt werden möchte, weil alle zum
Stillschweigen verpflichtet sind. "Die Vorwürfe wurden nur
stichprobenartig geprüft, es wurden keine Patientenakten eingesehen
oder Einzelgespräche mit Mitarbeitern geführt. Einige Mängel wurden
in vorsichtigen Worten bestätigt. Am Ende gab es
Verbesserungsvorschläge."
Auch die Mutter von Victoria H. weiß nichts von einem Gutachten.
"Ich und Victorias Verlobter jedenfalls wurden nie befragt." Wegen
der fehlenden Angehörigenanhörung im Rahmen eines so wichtigen
Gutachtens könnte das Klinikum Bayreuth jetzt unter Druck geraten.
Kritiker bekommen Aufwind, die es als eine
"Gefälligkeits-Stellungnahme" bezeichnen. Das Klinikum widerspricht
energisch, Fakt jedoch ist: Es stammt von der Partner-Uniklinik
Erlangen, die schon bald in Kooperation mit dem Klinikum Bayreuth
einen "Medizincampus" in der Wagnerstadt gründen will. Jährliche
Fördergelder in Höhe von 36 Millionen Euro stehen auf dem Spiel,
weitere 44 Millionen sollen in neue Lehr- und Forschungsgebäude
fließen.
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