sup.- Als Mittel gegen Übergewicht wird die Reduktion von Zucker in Lebensmitteln diskutiert. Der Glaube, weniger Zucker in Pudding oder Müsli würde schlanker machen, könnte sich als Irrglaube mit negativen Folgen herausstellen.
Die Behauptung, Zucker sei der wesentliche Verursacher von Übergewicht, geht in zwei wichtigen Punkte an der Realität vorbei. Eine grundlegende ernährungswissenschaftliche Erkenntnis wird damit geleugnet. Das Missverhältnis zwischen aufgenommenen und verbrauchten Kalorien schafft Pfunde auf den Hüften. Viele Kalorien bei einem geringen Verbrauch durch eine inaktive Lebensweise sind das eigentliche Problem. Woher das Zuviel an Kalorien kommt, ist dem Körper eigentlich egal. Deshalb fordert der Ernährungs-Publizist Detlef Brendel in seinem Buch "Schluss mit Essverboten", dass nicht über einzelne Bausteine der Ernährung spekuliert, sondern über den Lebensstil diskutiert wird. Die Balance zwischen Aufnahme und Verbrauch von Kalorien, so Brendel, ist verantwortlich für die schlanke Linie oder ein Gewichtsproblem.
Ähnlich sieht das Prof. Dr. Peter Nawroth von der Uniklinik Heidelberg. Die Menge der Nahrung ist aus seiner Sicht entscheidend für eventuelle Risiken. Was die Menschen essen, sei eigentlich egal. Es soll nur nicht zu viel sein. Wer sich abwechslungsreich ernähre und nicht mehr esse als sein Körper verbrenne, so Nawroth, mache alles richtig.
Das Risiko, mit der Zuckerreduktion die Entstehung von Übergewicht zu verstärken, liegt zudem in einer Fehleinschätzung der Verbraucher. Nach einer aktuellen Forsa-Studie gehen je nach Produkt 84 bis 90 Prozent der deutschen Verbraucher davon aus, dass Nahrungsmittel ohne oder mit reduziertem Zuckergehalt auch weniger Kalorien haben. Mit dieser Vorstellung neigen Verbraucher dazu, das belegen internationale Studien, dann auch einmal eine größere Portion essen zu dürfen. Dies ist ein fataler Irrtum, weil weniger Zucker nicht gleich weniger Kalorien bedeutet. Die Reduktion von Zucker in einem Lebensmittel erfordert den Ersatz durch eine andere Zutat, die ihrerseits auch Kalorien enthält. Weniger Kohlenhydrate können beispielsweise durch mehr Fett ausgeglichen werden. Auch hier bietet die Forsa-Studie eine ernüchternde Erkenntnis. Rund 69 Prozent der Verbraucher wissen nicht, dass Fett mit neun kcal also pro Gramm mehr Kalorien enthält als Zucker mit nur vier kcal pro Gramm. Das Risiko für einen Bumerang-Effekt steigt.