"In Politik und Medizin gilt gleichermaßen: Nur
wenn die Diagnose stimmt, kann die Therapie anschlagen. Leider ist
beim geplanten Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) schon die
Grundannahme falsch, dass vermeintliche Versorgungsengpässe von
unzureichenden Sprechstundenzeiten herrühren. Richtig ist: Ärztinnen
und Ärzte arbeiten schon jetzt am Limit und oftmals auch darüber
hinaus. Wer spürbare Verbesserungen für die Patienten will, muss
genau hier ansetzen und für Entlastung sorgen." Das sagte
Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery zur
heutigen ersten Lesung des TSVG im Deutschen Bundestag. Notwendig
seien mehr Medizinstudienplätze, attraktive Arbeitsbedingungen und
nicht zuletzt wirksame Maßnahmen gegen Kommerzialisierung und
Konzernbildung im deutschen Gesundheitswesen. Darauf sollte der
Gesetzgeber abzielen, statt die Arbeit von Ärzten und
Selbstverwaltung mit Reglementierung und Kontrollbürokratie weiter zu
belasten.
Mit Blick auf die geplanten offenen Sprechstunden und die
Ausweitung der Mindestsprechstundenzeiten warnte Montgomery: "Viele
gute Ansätze in dem Gesetzentwurf werden teilweise durch massive
Eingriffe in die Praxisabläufe und in die Arbeit der Selbstverwaltung
konterkariert. Statt junge Ärztinnen und Ärzte mit starren
staatlichen Vorgaben für ihre Berufsausübung zu vergraulen, brauchen
wir flexible Lösungen, die sich sowohl an den Bedürfnissen der
Patienten, als auch an denen der jungen Ärztegeneration orientieren."
Solche praxisnahen Regelungen könnten nur von der Selbstverwaltung
kommen. Dafür müsse ihr die Politik aber auch die notwendige
Gestaltungsfreiheit geben.
Positiv hob Montgomery hervor, dass mit dem TSVG zusätzliche
Leistungen auch zusätzlich vergütet werden sollen. "Damit nähern wir
uns der Entbudgetierung zumindest etwas an." Richtig sei auch, dass
der Gesetzgeber erste Weichenstellungen für ein
sektorenübergreifendes Konzept der Notfall- und Akutversorgung
vornimmt. Darauf könne und müsse man aufbauen.
Zumindest punktuell gehe die Koalition auch das Problem der
zunehmenden Konzernbildung im Gesundheitswesen an. Hintergrund ist,
dass Medizinische Versorgungszentren (MVZ) neben Pflegeeinrichtungen
mehr und mehr zu beliebten Spekulationsobjekten für teilweise völlig
fachfremde Finanzinvestoren werden. Die Bundesärztekammer unterstützt
Forderungen der Bundesländer, die Vorgaben im TSVG zu verschärfen
und hat dies in einem gemeinsamen Schreiben mit weiteren ärztlichen
und zahnärztlichen Spitzenorganisationen an das
Bundesgesundheitsministerium bekräftigt. Die Ärzteschaft spricht sich
dafür aus, die Gründungsberechtigung von Krankenhäusern für MVZ auf
medizinisch-fachliche und räumliche Bezüge einzugrenzen. Es gehe
darum, Monopole zu verhindern und die Versorgungssicherheit zu
gewährleisten, sagte Montgomery.
Pressekontakt:
Bundesärztekammer
Stabsbereich Politik und Kommunikation
Herbert-Lewin-Platz 1
10623 Berlin
Tel. 030-400456700
Fax. 030-400456707
presse@baek.de
www.baek.de
Original-Content von: Bundesärztekammer, übermittelt durch news aktuell